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Lebensmittelverschwendung als Klimakiller

Stuart Braun
17. November 2022

Weniger Abfall und besseres Kühlen hilft dem Klima und bekämpft Hunger. Aber jedes dritte Lebensmittel landet im Müll - das verursacht zehn Prozent aller CO2-Emissionen. Vor allem Industriestaaten verschwenden viel.

Als nicht mehr genießbar aussortierte Lebensmittel auf einem Haufen
Verrottende Lebensmittel auf Mülldeponien tragen einen großen Teil zu CO2-Emissionen bei Bild: picture-alliance/dpa/F. May

Es passiert noch viel zu wenig, um die enormen Mengen an Lebensmitteln zu reduzieren, die derzeit verschwendet werden, warnen die Vereinten Nationen. 1,3 Milliarden Tonnen Nahrungsmittel werden pro Jahr weggeworfen oder verrotten auf den Feldern. Das ist rund ein Drittel der gesamten Menge, die weltweit produziert wird. Zehn Prozent der Treibhausgasemissionen sind auf diese Lebensmittelverschwendung zurückführen.   

Bislang hätten sich jedoch lediglich 36 Staaten in ihren nationalen Klimazielen (NDCs) dazu bereiterklärt, das Problem der Lebensmittelverschwendung anzugehen, sagt Haseeb Bakhtary. Er ist Experte für Nahrungssysteme bei der klimapolitischen Beratungsfirma Climate Focus.

Halbierung der Lebensmittelverschwendung bis 2030?

"Es wird jetzt definitiv mehr erkannt, welche entscheidende Rolle Nahrungsmittelverlust und ihre Verschwendung für den Klimawandel spielen," sagt Bakhtary der DW. "Aber bestimmte Länder ignorieren diese Klimalösung - vor allem die Industriestaaten im Norden, wo die Lebensmittelverschwendung eine der Hauptquellen der Treibhausgasemissionen ist."

Umweltgruppen, UN-Behörden und Klimaaktivisten kündigten auf der UN-Klimakonferenz an, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 halbieren zu wollen. Damit soll Unterpunkt 12.3 der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) wiederbelebt werden. Koordiniert vom UN-Umweltprogramm UNEP und der Welternährungsorganisation FAO sollen Staaten und die Privatwirtschaft neue, ambitioniertere Verpflichtungen eingehen, um den Anteil an Nahrungsmitteln, der es nicht auf unsere Teller schafft, zu reduzieren, und unvermeidbare Abfälle bestmöglich zu nutzen. 

Vereinte Nationen: "Zeit, global zu handeln"

"Jetzt ist die Zeit, global zu handeln," sagt Sheila Aggarwal-Khan, Direktorin der Wirtschaftsabteilung der UNEP. Staaten, die bereits viel Erfahrung damit haben, Nahrungsmittelverschwendung zu reduzieren, sollten anderen Staaten helfen. "Firmen sollten ihre bewährten Methoden auf ihre globalen Tätigkeiten ausdehnen. Jeder einzelne von uns kann jetzt handeln, zuhause und bei der Arbeit."

Essen für die Tonne?

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Der internationale Großkonzern Unilever hat bereits angekündigt, seine Nahrungsmittelverschwendung bis 2025 zu halbieren. Die Niederlande haben sich dazu verpflichtet, das 2030-Ziel mithilfe ihrer "Vom Bauernhof zur Gabel"-Strategie zu erreichen – ein zentraler Baustein des European Green Deal, der vorsieht, Verschwendung auf der Konsum- und Verkaufsebene zu reduzieren. 

Mehr Kühlsysteme für Nahrung in Entwicklungsländern gefragt 

Mangelnder Zugang zu Kühlsystemen und ineffiziente Kühlketten sind ein Hauptgrund von Lebensmittelverlusten in Entwicklungsländern. Sie führten 2017 zu 526 Millionen Tonnen Abfall - das waren 12 Prozent aller weltweit produzierten Nahrungsmittel, wie eine auf der Klimakonferenz vorgestellte gemeinsame Studie von UNEP und FAO zeigt. Gleichzeitig litten rund 811 Millionen Menschen an Hunger, obwohl genug Nahrung da wäre, so die Autoren.

Der Verlust durch mangelnde Kühlung führt zusätzlich zu rund zwei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Denn verrottende Nahrung stößt Methan aus, das verglichen mit Kohlenstoffdioxid (CO2) zwar deutlich kürzer in der Atmosphäre bleibt, aber die Atmosphäre um bis zu 80-mal stärker erwärmt als CO2. 

Die Einrichtung besserer Kühlketten zeigten bereits erste Erfolge, wie etwa in Indien, wo die Verluste bei Kiwis um 76 Prozent reduziert werden konnten, seit vermehrt mit gekühlten Transporten gearbeitet wird, schreiben die UN-Autoren. In Nigeria half die Installation von 54 solarbetriebenen Kühlräumen rund 42.000 Tonnen Nahrung zu sichern. Dadurch verdoppelten sich laut Studie die Einkommen von Bauern, Verkäufern und Großhändlern.

Verschwendung auch in Haushalten stoppen

"In einer Zeit, in der die internationale Gemeinschaft handeln muss, um die Klimakrise und Nahrungsmittelkrisen zu lösen, können nachhaltige Kühlketten einen großen Effekt haben," so UNEP-Direktorin Inger Andersen in einem Statement. "Sie erlauben uns, Nahrungsmittelverluste zu reduzieren, die Ernährungssicherheit zu verbessern, Treibhausgasemissionen abzuschwächen, neue Arbeitsplätze zu schaffen, Armut zu bekämpfen und Widerstandsfähigkeit aufzubauen - alles auf einen Schlag."

Obwohl solche Erfolge Hoffnung machen, drängen die Delegierten die Regierungen dazu, stärkere Verpflichtungen einzugehen, um Verschwendung und Verluste nicht nur auf der Angebotsseite sondern auch auf Seiten der Nachfrage - also der Haushalte - zu stoppen. Vor allem in Industriestaaten wie den USA, wo bis zur Hälfte der Nahrungsmittel weggeworfen wird. 

"Politischer Wille fehlt gegen Nahrungsmittelverschwendung"

Die Chancen für eine erfolgreiche Wiederbelebung des UN-Ziels, die Verschwendung bis 2030 zu halbieren, stehen jedoch laut der Nachrichtenagentur Reuters schlecht. Seit 2015 sei die Nahrungsmittelverschwendung in den Ländern, die am meisten verschwenden, wie den USA, Australien und Neuseeland, weiter gestiegen. 

Dass sich so wenige Länder bisher dazu bereiterklärt hätten, die Verschwendung von Nahrungsmitteln in ihre nationalen Klimaziele aufzunehmen, zeige einen mangelnden "politischen Willen", so Danielle Nierenberg, Mitbegründerin der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation Food Tank. Dabei senke jede Maßnahme, die Nahrungsmittel vor dem Wegwerfen zu bewahre, sehr schnell und sehr deutlich bei der Reduzierung der Treibhausgase. Wenn Firmen, Konsumenten "und natürlich, wenn politische Entscheidungsträger und Regierungen sich dazu verpflichten," dann könnte der Wandel sehr schnell spürbar sein, sagte sie der DW. 

Redaktionelle Mitarbeit: Tim Schauenberg
Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.

Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.
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