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Legt Draghi nochmal nach?

3. Dezember 2015

Im Kampf gegen Mini-Inflation und flaue Konjunktur könnte Europas oberster Währungshüter Mario Draghi noch mehr Geld in den Markt pumpen. Auch in den USA steht eine finanzpolitische Entscheidung bevor.

Mario Draghi
Bild: Reuters/Kai Pfaffenbach

Mit Spannung warten Finanzakteure weltweit auf den Auftritt von Mario Draghi, den Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), am Donnerstagmittag in Frankfurt am Main. Beobachter gehen davon aus, dass Draghi im Anschluss an die Ratssitzung der Zentralbank die nächste Phase der monetären Lockerung einläutet.

Als Grund dafür sehen Experten die nach wie vor niedrige Inflationsrate der Eurozone. Die EZB verfolgt ein Inflations-Ziel von zwei Prozent. Damit will sie dafür sorgen, dass Firmen und Unternehmen Investitionen nicht weiter aufschieben, weil sie auf sinkende Preise hoffen. Eine niedrige Inflation bremst in der EZB-Logik das Wachstum. Um die Inflation anzukurbeln kauft die EZB bereits seit März dieses Jahres Staatsanleihen und Wertpapiere im Wert von rund 60 Milliarden Euro im Monat.

Genutzt hat dieses sogenannte "Quantitative Easing" bislang wenig. Auch im November liegt die Teuerungsrate der Verbraucherpreise in den 19 Euro Ländern weiterhin bei 0,1 Prozent, wie das EU-Statistikamt Eurostat am Mittwoch in Luxemburg nach einer ersten Schätzung mitteilte.

Verpuffte Wirkung

Ein Grund für die weiterhin niedrige Inflation ist der Ölpreis. Seit Mitte 2014 hat er um etwa 60 Prozent nachgegeben. Für Verbraucher und Industrie in der Eurozone ist dies auf den ersten Blick eine gute Entwicklung - die Preise für Sprit hängen davon genauso ab wie wesentliche Kosten für die Industrie. Doch auf der anderen Seite ist der niedrige Ölpreis auch Zeichen einer gefährlichen Entwicklung: der sinkenden Nachfrage nach Öl, besonders in den großen Schwellenländern, bedingt durch eine Konjunkturschwäche. Die Wirtschaft in Ländern wie Brasilien oder China kriselt seit Monaten, was wiederum Auswirkungen auf die weltweite Konjunktur hat - und damit auch auf das Wachstum in der Eurozone.

Nach aktuellem Kenntnisstand könnte die EZB also ankündigen, über September 2016 hinaus in großem Stil am Markt aktiv zu sein, oder sogar monatlich noch mehr als 60 Milliarden Euro zu investieren. Im Raum stehen zudem höhere Strafzinsen für Banken, die Geld bei der EZB parken. Das soll die Institute dazu bewegen, mehr Kredite zu vergeben.

Gerade in Deutschland ist die ultra-lockere Geldpolitik umstritten, es gibt massive Zweifel an der Wirksamkeit weiterer Maßnahmen. Die Bundesbank warnt davor, dass sich Investoren und Staaten an das billige Geld gewöhnen und zunehmend höhere Risiken eingehen beziehungsweise Reformen verschleppen.

Yellen deutet Zinseerhöhung an

Auch die USA hatten die Wirtschaft bis zum Ende des vergangenen Jahres mit massiven Anleiheprogrammen gestützt. Seit der Finanzkrise hält die US-Notenbank (FED) auch den Leitzins, zu dem sich die Banken Geld besorgen können, auf null bis 0,25 Prozent.

Die Chefin der FED, Janet Yellen, hat in den vergangenen Monaten bereits mehrfach angekündigt, dass die USA bis Jahresende die Leitzinsen wieder erhöhen. Dies stieß in der Vergangenheit auf Kritik der Schwellenländer, die einen massiven Kapitalabzug befürchten, sollten Investoren wieder mehr Zinsen für ihr Geld in den USA bekommen.

Fed-Chefin Janet YellenBild: Reuters/J. Ernst

In einer Rede in Washington sagte sie nun am Mittwoch, dass sie eine weitere Verzögerung der erwarteten Zinserhöhung kritisch sehe. Sollte die Fed zu lange warten, müsste die Geldpolitik zu einem späteren Zeitpunkt "relativ abrupt" gestrafft werden. Dies würde die Finanzmärkte destabilisieren und das Wirtschaftswachstum in den USA beschädigen. Wie Mario Draghi wird auch Yellen am Donnerstag über die Geldpolitik sprechen. Auch dort werden die Finanzakteure genau zuhören.

nm/ul (dpa, rtr)

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