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Leichtathletik: Laufen

Lutz Kulling

„Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft“. So begründete einst Leichtathletik-Legende Emil Zatopek die wohl ursprünglichste aller Bewegungsformen. Über Sprint-Ikonen und den langen Marsch zum Ruhm.

Piktogramm für Leichtathletik bei den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking, China. Foto: +++(c) Picture-Alliance / ASA+++
Bild: picture-alliance/ dpa

Die Leichtathletik gilt seit dem Beginn im Jahre 1896 als die Kernsportart bei den Olympischen Spielen der Neuzeit. In Peking stehen mittlerweile 47 Entscheidungen auf dem Programm, davon entfallen 29 auf die Läufer und Geher. Letztere bescheren den Männern über 50 km insgesamt einen Wettbewerb mehr, erstmals starten nun auch die Damen über 3000 Meter Hindernis.

Tobias UngerBild: AP

„Königsdisziplin“ bleibt aber der Sprint über die 100 Meter. Tobias Unger, 200-Meter-Finalist von Athen und derzeit einziger deutscher Hoffnungsträger auf den Kurzstrecken, zur Faszination des Kampfes um Hundertstelsekunden: „Man spürt schon, ob man schnell unterwegs ist - und dann ist man so voll mit Adrenalin, man merkt die Müdigkeit nicht. Das hat schon einen speziellen Kick!“

Erster Sprint-Superstar war der US-Amerikaner Jesse Owens, der 1936 in Berlin neben den 100 und 200 Metern zwei weitere Goldmedaillen gewann. 1948 sammelte die Niederländerin Fanny Blankers-Koen ebenfalls ein goldenes Quartett. Und auch US-Athlet Carl Lewis heimste 1984 gleich vier seiner insgesamt neun olympischen Goldmedaillen ein.


Lauf-Ästheten und Kraftpakete

Eine Laudatio kommt von Norbert Stein, Dozent und Trainer an der Deutschen Sporthochschule in Köln: „Carl Lewis ist für mich immer noch das Musterbeispiel eines ästhetischen Laufstils – Sprinten in Vollkommenheit bedeutet ja höchstmögliche Kraftentfaltung bei gleichzeitiger Lockerheit.“ Allerdings gelang Lewis sein zweiter 100-Meter-Sieg nur, weil der Kanadier Ben Johnson 1988 in Seoul nachträglich wegen Dopings disqualifiziert wurde – ein spektakulärer Skandal, dem weitere folgen sollten.

Carl Lewis 1996 in AtlantaBild: AP

Auf den Strecken bis 400 Meter dominieren die meist farbigen Athleten aus den USA und der Karibik, aber auch Deutsche schrieben Sprint-Geschichte: Renate Stecher siegte 1972 für die DDR und Annegret Richter 1976 für die Bundesrepublik über 100 Meter - und Armin Hary lief bereits 1960 Weltrekord mit handgestoppten 10,0 Sekunden und wurde in Rom auch Olympiasieger. „Riesenrespekt, wie man damals solche Zeiten mit weniger Training und ohne professionelle Bedingungen auf einer Aschenbahn zustande gebracht hat“, schwärmt Tobias Unger. „Armin Hary mit seinen 10,0 - das war schon Wahnsinn!“

Armin Hary 1960 in RomBild: AP


Langer Atem und Überraschungssieger

Auf den Mitteldistanzen verblüffte zuletzt Nils Schumann, der 2000 in Sydney einen Überraschungscoup über 800 Meter landen konnte. Thomas Wessinghage, Mediziner und früherer 5000 Meter-Europameister, umreißt das Anforderungsprofil: „Kann man die 800 Meter fast noch zum dosierten Sprint rechnen, wird bei längeren Läufen die sogenannte aerobe Ausdauer immer wichtiger - also die Sauerstoffversorgung des Organismus in einem einigermaßen stabilen Belastungszustand.“

Ein Athlet mit langem Atem avancierte sogar zum erfolgreichsten Läufer bei Olympia überhaupt: Zwischen 1920 und 1928 errang der Finne Paavo Nurmi mit stoischer Miene neun Gold- und drei Silbermedaillen. „Aus heutiger Betrachtung fällt allerdings auf, dass Nurmi noch in den Kinderschuhen der trainingsmethodischen Entwicklung steckte“, so Lauf-Intimus Wessinghage. „Ein typisches Training, das er in seinem Plan aufgeführt hat, war etwa zwei Stunden spazieren gehen!“ Dank knallhartem Intervall-Training schaffte dagegen der Tscheche Emil Zatopek 1952 das Kunststück, neben 5000 und 10000 Metern auch den Marathonlauf zu gewinnen. Dem Finnen Lasse Viren gelang dafür 1972 und 1976 zweimal das Double über fünf und zehn Kilometer.

Paavo NurmiBild: AP


Dauerläufer auf Erfolgs- und Abwegen

Seit Jahrzehnten erobern aber zunehmend Athleten die Szene, die auf den sauerstoffarmen Hochebenen Afrikas zu Hause sind: Heute geben vor allem Äthiopien und Kenia auf den Langstrecken den Ton an – ob die Protagonisten nun Gebrselassie, Bekele oder Tergat heißen. „Dieter Baumann war eigentlich der letzte der Weißen, der sich mit Erfolg gegen diese Dominanz stemmte“, erklärt Thomas Wessinghage. „Insofern wird sein Name – Affäre hin oder her - unvergessen bleiben.“

Dieter BaumannBild: AP

Nach Silber in Seoul hatte der „Schwabenpfeil“ 1992 in Barcelona sogar Gold über 5000 Meter geholt. Doch die späteren Doping-Vorwürfe gegen Baumann und die sogenannte Zahnpasta-Affäre werfen lange Schatten auf eine große Karriere.