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Literatur

Diese Nominierten gingen leer aus

Sabine Peschel17. März 2016

Über 400 Werke gingen ins Rennen um den begehrten Preis. In der Sparte Belletristik heißt der Gewinner Guntram Vesper, doch auch Bücher der anderen Kandidaten sind einen Blick wert.

Nominierte Bücher in einem Regal
Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt.

Die Lyrikerin: Marion Poschmann

Marion Poschmann fand es "großartig", dass 2015 zur Überraschung der Literaturszene mit Jan Wagner ein Lyriker den Preis für Belletristik erhalten hatte. "Ich freute mich sehr, dass sich im letzten Jahr herausgestellt hat, dass auch die Lyrik zur Belletristik gehört." Mit der 1969 in Essen geborenen Lyrikerin hatte es die Dichtkunst auch in diesem Jahr auf die Shortlist für den Leipziger Buchpreis geschafft. Marion Poschmann war mit ihrem Gedichtband "Geliehene Landschaften - Lehrgedichte und Elegien", der bei Suhrkamp erschienen ist, die einzige Frau auf der Liste.

"Das Sprechen über Lyrik ist schwierig", sagte sie bei der Vorstellung der Kandidaten. "Aber man kann es lernen, auch das Lesen von Gedichten, wie das Betrachten eines Gemäldes." "Geliehene Landschaften", ein Ausdruck aus der asiatischen Gartenkunst, reiht Beobachtungen und Assoziationen aneinander. In den schwer erschließbaren Gedichten schwingt trotz vieler Wortneuschöpfungen jahrhundertelange Tradition mit. Wind und Bäume sind häufig auftauchende Motive in den 80 Gedichten des Bandes. Ein Wort wie "Plattenbaulaub" erinnert an die nach naturalistischen Vorbildern stilisierten Formelemente, die in der DDR vielfach die Außenwände öffentlicher Gebäude zierten - aber auch an den in der Dichtkunst überlieferten "Trost der Bäume", erläutert die Lyrikerin. Leser, denen solche semantischen Tiefenbohrungen zu akademisch sind, können sich einfach auf eine Traumreise begeben: Die Gedichte entführen nach Japan, Shanghai, Helsinki, Ostberlin und viele andere Orte.

Marion Poschmanns Gedichte laden zu einer Traumreise einBild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Der Dramatiker: Roland Schimmelpfennig

Bild: picture-alliance/dpa/S.Fischer-Verlag

Roland Schimmelpfennig ist einer von drei Bühnen-Autoren, die sich in diesem Jahr auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse fanden. Seine mehr als dreißig Theaterstücke und Hörspiele wurden schon in über 40 Ländern aufgeführt. In Deutschland wird niemand mehr gespielt als er. "An einem klaren, eiskalten Januarmorgen zu Beginn des 21. Jahrhunderts" (erschienen bei S. Fischer), mit dem er es auf die Liste schaffte, ist sein Roman-Debüt. Prosa zu schreiben, habe er schon viel zu lange aufgeschoben", erzählte der Autor auf der Buchmesse. "Mein Roman geriet auf der Wartebank immer weiter nach hinten." Das Schöne am Theater sei, fuhr er fort, dass "das Team einen Text rockt, ihn beatmet - er kann aber auch der Eitelkeit eines Regisseurs oder der eigenwilligen Interpretation von Schauspielern anheimfallen." Bei einem Prosatext könne sich dagegen jeder Leser seine eigenen Vorstellungen machen.

Die Szenen seines langen Romans werden von einem Tier zusammengehalten, einem Wolf. "Der Wolf ist ein potentes Tier, ein europäisches - denken Sie nur an Tolstoi -, eines das viel transportiert, auch den Widerspruch zwischen dem Mythos und der elenden Realität des Tiers." Schimmelpfennigs Sprache wirkt knapp, unterkühlt. "Mein Roman badet nicht in Adjektiven", bestätigt der Autor. "Der Leser wird nicht zugetextet. Das ist eine Form von Freiheit."

Der Bühnenautor: Nis-Momme Stockmann

Auch Nis-Momme Stockmann kommt von der Bühne, und sein Roman "Der Fuchs" (Rowohlt) ist ebenfalls ein Erstling. Der 34-jährige Dramatiker hat eine skurrile Coming-of-Age-Geschichte geschrieben. Das überbordende Buch, das mit einer Sturmflut, in der eine Nordseeinsel dramatisch versinkt, beginnt, hat über 700 Seiten. "Wir leben in einer Gesellschaft, die sehr komplex geworden ist", erklärte Stockmann seine Herangehensweise. "Und der kommen wir nicht mehr mit jahrhundertealten Kulturtechniken bei. Der listige Fuchs meines Titels ist für mich das Bild des sich Durchschlängelns, der schnellen Anpassung." Schreiben, die Entfaltung des Stoffes sei für ihn mit einem Gefühl der Freiheit einhergegangen. "Ich bin Autist, ich bastle und puzzle, aber dann brauche ich auch einen Leser, der sich darauf einlässt, einen schlauen Leser", analysierte der Autor - und entschuldigte sich umgehend für seine Eitelkeit.

Nis-Momme Stockmann legte ein Romandbüt vor - und wurde gleich nominiertBild: picture-alliance/dpa/Privat

Der Humorist: Heinz Strunk

Der Humorist Heinz Strunk wurde als Mitglied eines komischen Trios und als Verfasser des autobiographischen Romans "Fleisch ist mein Gemüse" bekannt, der auch verfilmt und in Hamburg auf die Bühne gebracht wurde. Jetzt hat er einen Roman über den Frauenmörder Fritz Honka geschrieben. "Der goldene Handschuh", erschienen bei Rowohlt, schildert das deprimierende Leben des Serienfrauenmörders, dem 1976 unter spektakulären Umständen der Prozess gemacht wurde. Der 53-jährige Hamburger, der in Wirklichkeit Mathias Halfpape heißt, stieß in der Alkoholikerkneipe "Goldener Handschuh" auf den Stoff. "Ich bekam mein Thema sozusagen auf dem Silbertablett serviert - Honka war Stammgast in dieser Kneipe." Ein zweiter Erzählstrang führt in die bürgerliche Welt Hamburgs. "Ich wollte auch dem widerstandsfähigsten Leser nicht 250 Seiten Honka-Tristess zumuten - und auch sprachlich eine zweite Ebene einziehen", berichtete der Schriftsteller auf der Messe. Nebenbei bricht er eine Lanze für das Lektorat: "In einer früheren Fassung bin ich in die Falle getappt, die beiden Ebenen zusammenzuführen. Das wäre geplottet gewesen, etwas, was man vielleicht im Fernsehen macht - was hier aber grundsätzlich falsch wäre." Das Lektorat habe das verhindert. "Top-Typen versuchen, ein Buch, eventuell auch ein gutes, noch besser zu machen. Es ist arrogant und dumm, auf diesen kostenlosen Service der Verlage zu verzichten."

Bild: picture-alliance/dpa/Rowohlt Verlag
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