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Leopard-Lieferung: Ist Deutschland jetzt Kriegspartei?

28. Januar 2023

Deutschland will Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine liefern. Tritt das Land damit in den Ukraine-Krieg ein? Völkerrechtler sagen Nein.

Leopard-2-Panzer der Bundeswehr bei einer Übung in Litauen
Leopard-2-Panzer der Bundeswehr bei einer Übung in LitauenBild: Sean Gallup/Getty Images

Nachdem Deutschland entschieden hat, nach langem Zögern Leopard-2-Panzer an die Ukraine zu liefern, reagierte die Regierung in Russland prompt: "Alles, was die Allianz und die von mir erwähnten Hauptstädte in Europa und in den USA tun, wird in Moskau als direkte Beteiligung am Konflikt aufgefasst", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag (26.1.2023) in Moskau laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Scholz: "Kein Krieg zwischen Russland und der NATO"

Genau das, den Vorwurf aus Moskau, dass auch Deutschland nun Kriegsparteiin der Ukraine sei, wollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eigentlich stets vermeiden. Und so sagte er am Mittwochabend (25.1.) im "Zweiten Deutschen Fernsehen" (ZDF), dass sich sein Land eben nicht am Krieg direkt beteilige: "Nein, auf keinen Fall", so Scholz. Und weiter: "Es darf keinen Krieg zwischen Russland und der NATO geben."

Betont, dass Deutschland keine Kriegspartei sei: ​​​​Bundeskanzler Olaf ScholzBild: Marcus Brandt/dpa/picture alliance

Völkerrechtler geben Scholz Recht

Völkerrechtler geben Scholz im Großen und Ganzen recht. So heißt es in der Charta der Vereinten Nationen: "Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt." Gegen dieses Gebot hat Russland mit seinem Angriff auf die Ukraine im Februar vergangenen Jahres verstoßen. Und die Charta sieht eindeutig vor, dass in diesem Fall alle Länder das Recht haben, sich zu verteidigen, individuell oder kollektiv, wie es ausdrücklich heißt.

Auch schwere Waffen sind legitim

Ausdrücklich hat das auch zum Inhalt, dass andere Länder Waffen liefern oder auch Ausbildungsmissionen starten können. Zwischen schweren Waffen wie jetzt dem Leopard-2-Panzer aus Deutschland oder leichteren Waffensystemen wird dabei nicht differenziert.  Sogar der Einsatz von Streitkräften anderer Länder in der Ukraine wäre legitim, so der Völkerrechtler Markus Krajewski von der Universität Erlangen-Nürnberg in der ARD: "Denn jeder Schuss, den Russland aktuell in der Ukraine abgibt, ist eine Fortsetzung des Völkerrechtsbruchs. Russland verhält sich erst dann wieder völkerrechtskonform, wenn es seine Truppen hinter die eigenen Grenzen zurückzieht." Danach sieht es aber im Moment nicht aus.

Kiesewetter: "Russland hat den Winter für den Nachschub genutzt"

Im Gegenteil: Experten erwarten eine Frühjahrsoffensive der Russen. So sagte der Verteidigungsexperte der CDU im Bundestag, Roderich Kiesewetter, der DW: "Russland hat den Winter genutzt, um die Mobilisierung und Ausbildung russischer Soldaten voranzubringen und sich um Munitions- und Materialnachschub zu kümmern. Die Ukraine konnte ihre Materialverluste bislang kaum ausgleichen." Die Schützen- und Kampfpanzer, die Artillerie und die Munitionslieferungen würden diesen eklatanten Nachteil deshalb zunächst nur ausgleichen. Neben hohen Materialverlusten insbesondere bei Panzern, gebe es kaum mehr Munition und Ersatzteile für die sowjetischen Modelle. so Kiesewetter. "Der Umstieg auf westliche Modelle und Logistikketten ist deshalb unumgänglich."

Baerbock: "Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander" Bild: Kira Hofmann/photothek/IMAGO

Aufregung nach Baerbock-Äußerung

Aber entscheidender als eine rechtliche, gar völkerrechtliche Definition ist für die westlichen Staaten, die nun Kampfpanzer an die Ukraine liefern sicher, wie genau Russlands Präsident Wladimir Putin auf die Panzerlieferungen reagiert. Wie sensibel und aufgeputscht die Lage gerade ist, zeigt die Diskussion um eine Äußerung der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) über einen "Krieg gegen Russland". Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, forderte am Freitag (27.1.) eine Erklärung des deutschen Botschafters in Moskau zu "widersprüchlichen" Aussagen aus Berlin. Deutschland erkläre einerseits, in der Ukraine keine Konfliktpartei zu sein. Andererseits sage Baerbock, dass sich die Länder Europas im Krieg gegen Russland befänden. "Verstehen sie selbst, wovon sie da reden?", schrieb Sacharowa im Nachrichtenkanal Telegram.

Fordert eine Erklärung des deutschen Botschafters: Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen AußenministeriumsBild: Russian Foreign Ministry/REUTERS

Völkerrecht? Für Putin nicht entscheidend

Baerbock hatte am Dienstag (24.1.) beim Europarat in Straßburg mit folgenden Worten zum Zusammenhalt der westlichen Verbündeten aufgerufen: "Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander." Die russischen Staatsmedien griffen diese Aussage für Kriegspropaganda auf - als Beleg dafür, dass Deutschland und die anderen EU-Länder direkte Konfliktpartei in der Ukraine seien und gegen Russland kämpften.

Das Auswärtige Amt hat Baerbocks Äußerung in der Zwischenzeit in ein anderes Licht gerückt. Auf Anfrage verschiedener Medien sowie in Sozialen Netzwerken schrieb das Amt: "Russland führt einen brutalen Krieg gegen die Ukraine." Dies sei auch ein Krieg gegen die europäische Friedensordnung und das Völkerrecht. "Das Völkerrecht ist eindeutig: Die Ukraine dabei zu unterstützen, ihr in der UNO-Charta verbrieftes individuelles Selbstverteidigungsrecht gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auszuüben, macht Deutschland nicht zu einer Konfliktpartei."

Auch wenn Deutschland und die anderen westlichen Verbündeten offenbar auf der sicheren Seite sind, was das Völkerrecht angeht, geraten sie durch die Lieferungen schwerer Waffen nun immer mehr in den Fokus der russischen Propaganda. Denn der russische Präsident Wladimir Putin hat sich bislang wenig um das Völkerrecht geschert und wird es wohl auch in Zukunft kaum tun.

Welche Waffen für die Ukraine?

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