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Politik

Les Patriotes: Eine Partei sucht ihr Programm

18. Februar 2018

Der ehemalige Vize des Front National, Florian Philippot, hat eine neue Partei gegründet: Les Patriotes. Die stellte sich am Sonntag der Öffentlichkeit vor. Was sie will: Diese Frage muss die Partei noch beantworten.


Frankreich Kongress der Patrioten Florian Philippot
"Patrioten", wohin? Florian Philippot (Mitte) beim Parteitag in ArrasBild: imago/Panoramic/F. Pestellini

Die erste Aufgabe des Parteivorsitzenden ist die wohl wichtigste überhaupt: die Existenz der neuen Partei bekannt zu machen. Das sollte der Parteitag am Sonntag leisten, ausgetragen in dem Städtchen Arras im Département Pas-de-Calais, ganz oben im zugigen Nordwesten des Landes. Hier stellten sich "Les Patriotes" ("Die Patrioten") der Öffentlichkeit vor. Die weiß bislang noch gar nicht so recht, was von dem neuen Geschöpf auf der politischen Bühne des Landes zu halten ist, genauer: was dieses eigentlich will.

Und so sind es vergleichsweise wenige, die bislang ihr Herz für die "Patrioten" entdeckt haben: Rund 3000, eine sehr überschaubare Zahl. Zu wenig zudem, um der Partei eine solide ökonomische Basis zu verschaffen. Und so kamen die Teilnehmer des ersten Kongresses nicht umhin, am Einlass zur Kasse gebeten zu werden: Die Teilnahme kostete, denn anders war die Saalmiete von rund 15.000 Euro nicht aufzubringen. Auch die im Internet verkauften Handyhüllen mit dem Logo der Partei, 24 Euro das Stück, haben die Parteikasse nicht wirklich gefüllt. Unter anderem mit der Folge, dass die Parteizentrale Flugblätter zwar entwerfen, aber nicht hatte drucken lassen. Das müssen, auf eigene Kosten, die Parteimitglieder selbst erledigen.

Der Charme der günstigen Saalmiete

Aller Anfang ist schwer. Aber gut gehe es auch der etablierten politischen Konkurrenz nicht, erklärt Florian Philippot, der Vorsitzende der "Patrioten". Denn wenn in einigen Wochen der Front National seinen Parteikongress im nahen Lille abhält, tue er das aus einem ganz praktischen Grund: Oben im Norden seien die Saalmieten günstiger als in Paris.

Philippot, Jahrgang 1981, dürfte wissen, wovon er redet: Noch vor wenigen Monaten war er stellvertretender Parteichef des Front National, kam in der Partei-Hierarchie gleich hinter der Vorsitzenden Marine Le Pen. Über Monate hatte sich der Bruch zwischen ihr und Philippot hingezogen. Im September des vergangenen Jahres dann erklärte Philippot, sein zuvor geschaffenes Bündnis der "Patrioten" habe sich nun in eine Partei verwandelt. Spätestens da waren er und Le Pen geschiedene Leute.

Verflossene Freundschaft: Florian Philippot und Marine le Pen, Dezember 2016Bild: Getty Images/AFP/M. Bureau

Vorgeschichte einer Parteigründung

Der Grund des Zerwürfnisses, so diagnostizieren es die französischen Zeitungen, geht vor allem wohl auf eines zurück: Philippots großen, allzu großen Ehrgeiz. Lange Zeit hatte er die ideologische und personelle Ausrichtung des FN ganz wesentlich mitgestaltet. So war er federführend am Ausschluss ihres Gründers Jean-Marie Le Pen beteiligt. Die Partei müsse sich den bürgerlichen Schichten öffnen, erklärte Philippot wieder und wieder. Das aber sei mit deren rechtsextremen Gründer nicht möglich. Das Argument zog, auch bei Le Pens Tochter Marine, seit 2011 die Vorsitzende des FN. Sie übernahm es auch, ihren Vater 2015 aus der Partei zu stoßen.

Schon vorher prägte Philippot die Partei. Als die Regierung Hollande im November 2012 den Gesetzesentwurf zur gleichgeschlechtlichen Ehe verabschiedete, verzichtete Le Pen darauf, ihre mehrheitlich gegen das Gesetz opponierenden Parteimitglieder im Namen des FN demonstrieren zu lassen. Auch dies war eine Konzession an die bürgerlichen Schichten, die die Partei zu gewinnen versuchte. Zugleich war es auch eine persönliche Konzession, vielleicht sogar eine Freundschaftsgeste an Philippot selbst. Im Dezember 2014 verriet ein Boulevard-Magazin seinen Lesern, Philippot sei homosexuell. Dieser beklagte sich zwei Tage später über die Indiskretion des Magazins, bestätigte aber zugleich deren Richtigkeit. Die konservative bis rechtsextreme Wählerschaft des FN nahm es hin.

Referenz an das "ewige Frankreich": Marine Le Pen verlässt die Kathedrale von Reims durch einen NebenausgangBild: Getty Images/AFP/F. Nascimbeni

Der Weg in die Mitte

Weg von Rechtsaußen, hin zur Mitte: Diesem Kurs folgte Philippot auch, als er während des französischen Präsidentschaftswahlkampf im Frühjahr 2017 Marine Le Pen dazu bringen wollte, dem ehemaligen Staatspräsidenten Charles de Gaulle an dessen Grab Referenz zu erweisen. Zu diesem Schritt konnte sich die FN-Vorsitzende dann aber doch nicht entschließen: Anstatt den überzeugten Europäer zu ehren, zog sie es vor, zur Kathedrale von Reims zu pilgern, als Grabstätte der französischen Könige für konservative Franzosen ein Symbol des "ewigen Frankreich".

Reims oder de Gaulle: die Wahl zwischen beiden Orten steht für das Dilemma des Front National: Der muss sich, wie alle Rechtsaußen-Parteien in Europa, zwischen den hartleibigen Stammwählern am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums und jenen entscheiden, die sich mehr in dessen rechter Mitte sehen. Diesen Spagat vermochte auch Philippot, 2017 der bedeutendste Wahlkampfstratege des FN, nicht zu lösen: Le Pen verlor am Ende gegen Emmanuel Macron, den charismatischen Vorsitzenden der Bewegung "En marche".

Eine Niederlage und ihre Folgen

Was eine Niederlage bedeuten könnte, hatte Philippot bereits vor Jahren angedeutet. Eine Partei sei ein Machtmittel, erklärt er Anfang 2015. "Wenn die Partei nicht zur Macht führt, dann …" Aus heutiger Sicht zeigt sich, was Philippot mit seinem nicht fortgeführten Satz meinte: Im Mai 2017, noch vor Bekanntgabe des Wahlergebnisses, gründete er das Bündnis "Les Patriotes", der Anfang vom Ende der Beziehung zu Le Pen und dem FN. 

Macrons einsame Vision von Europa

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Im Januar 2018 dann sah man Philippot, Mitglied des Europa-Parlaments, in den Straßen des Städtchens Belfort im Nordosten Frankreichs um Wähler werben. Sichtlich unwohl sei dem an die große politische Bühne in Paris gewohnten Politiker bei dem Straßenwahlkampf gewesen, berichtet die Zeitung Le Monde.

Das wohl auch darum, weil er nach wie vor erklären muss, für was die "Patrioten" eigentlich stehen. Philippot ist seit jeher ein entschiedener Gegner des Euro und wirbt für den Austritt seines Landes aus der gemeinsamen europäischen Währung. In allem anderen unterscheidet er sich wenig von dem zuletzt deutlich weniger Euro-feindlichen FN, der zudem unter Phillipots Regie ein Stück in Richtung politischer Mitte rückte. So sind die "Patrioten" bis auf weiteres eine Partei nicht nur auf der Suche nach Wählern, sondern auch und vor allem einem Programm.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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