Seit Jahren sorgt er für Streit zwischen den Nil-Anrainern Ägypten, Äthiopien und Sudan. In Kinshasa soll es endlich zu einer Einigung über das Großprojekt kommen.
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Die Grand-Ethiopian-Renaissance-Talsperre soll mit 6000 Megawatt Jahresleistung einmal das größte Wasserkraftwerk Afrikas werden. Der Bau der 1,8 Kilometer langen und 145 Meter hohen Staumauer begann 2011. Inzwischen hat Äthiopien mit der Flutung des riesigen Staubeckens begonnen, 2023 soll die Talsperre vollständig in Betrieb gehen.
Die Außenminister Ägyptens, Äthiopiens und des Sudan sind nun zu Gesprächen über den Riesen-Staudamm am Nil zusammengekommen. Die Beratungen in Kinshasa seien die "letzte Chance" für die drei Länder, zu einer Einigung zu kommen, sagte der ägyptische Außenminister Sameh Schukri vor Beginn der Gespräche in der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo. Diese Chance müsse ergriffen werden, sagte er ägyptischen Medien.
Heillos zerstritten über das Projekt
Bislang sind allerdings alle Verhandlungen gescheitert: Ägypten und der Sudan, die beide flussabwärts liegen, fürchten um ihre Wasserversorgung. Ägypten ist mit seinen mehr als hundert Millionen Einwohnern fast vollständig auf das Wasser aus dem Nil angewiesen.
Ägypten und der Sudan verlangen daher von Äthiopien, bindende Verpflichtungen zum Betrieb und zum Stauvolumen der Talsperre einzugehen. Äthiopien argumentiert, der Wasserzufluss nach Ägypten und in den Sudan werde durch die Talsperre gar nicht beeinträchtigt.
Mehr Vermittler sollen helfen
"Ich bitte Sie alle, einen Neuanfang zu machen, ein oder mehrere Fenster der Hoffnung zu öffnen, jede Gelegenheit zu ergreifen", sagte der kongolesische Präsident Félix Tshisekedi, der derzeit den Vorsitz der Afrikanischen Union (AU) inne hat, bei der Eröffnung des Treffens in Kinshasa.
Der Sudan hatte die Vermittler-Initiative der Afrikanischen Union im März begrüßt, forderte aber kürzlich auch, die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die Vereinigten Staaten mit einzubeziehen.
Die Arbeiten an der Grand-Ethiopian-Renaissance-Talsperre laufen auf Hochtouren - ebenso wie die Versuche, die Konflikte zwischen Äthiopien und den vom Staudamm betroffenen Nachbarstaaten am Nil zu schlichten.
Bild: DW/M. Gerth-Niculescu
Gigantische Aussichten
Hier entsteht er: Der riesige Staudamm, der Äthiopien und seine Nachbarn mit Strom versorgen soll. Vier Milliarden US-Dollar soll das Projekt kosten, das ab 2022 Elektrizität liefern soll - mithilfe der Wassermassen aus dem Blauen Nil. Ein gigantisches Projekt, das aber auch zu Streit und diplomatischen Konflikten mit Ägypten und dem Sudan geführt hat. Denn auch sie sind auf das Wasser angewiesen.
Bild: DW/M. Gerth-Niculescu
Ein Koloss aus Beton
145 Meter hoch wird der Staudamm, fast zwei Kilometer lang. Die Baustelle misst elf Quadratkilometer. Äthiopien kann die Fertigstellung kaum erwarten. Fast die Hälfte der äthiopischen Haushalte muss derzeit ohne Strom auskommen. Für sie könnte das Bauwerk eine große Verbesserung bedeuten. Einen beträchtlichen Teil des Stroms will das Land an Nachbarländer verkaufen.
Bild: DW/M. Gerth-Niculescu
Weite Landschaft wird zum See
Damit das Wasser genug Kraft entwickeln kann, muss es gestaut werden. "In ein paar Jahren wird dieses ganze Gebiet voller Wasser sein", sagt Maschinenbauingenieur Abdu Yibrea und zeigt über die Ebene. 74 Milliarden Kubikmeter Wasser soll das Reservoir fassen. Äthiopien möchte den künstlichen See so schnell wie möglich füllen, doch die Nachbarstaaten sträuben sich dagegen.
Bild: DW/M. Gerth-Niculescu
Streit zwischen den Nil-Staaten
Äthiopien will das Reservoir innerhalb der kommenden sieben Jahre füllen. Ägypten fordert 21 Jahre. Das Land befürchtet, dass der Wasserpegel im Fluss stark sinkt, sobald Äthiopien den Staudamm in Betrieb nimmt. Sollte es tatsächlich zu Wasserknappheit oder Dürre kommen, soll Äthiopien Ägypten deshalb Wasser-Reserven garantieren. Alle Gespräche und Vermittlungsversuche scheiterten bisher.
Wo geht's hier zur Lösung?
Bei seinem Besuch in Südafrika bat Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed den dortigen Präsidenten um Hilfe. Cyril Ramaphosa soll in der langanhaltenden Krise zwischen Äthiopien und Ägypten vermitteln. Ramaphosa wird diesen Monat turnusmäßig den Vorsitz in der Afrikanischen Union übernehmen. Den aktuellen AU-Vorsitzenden konnte Abiy schlecht fragen: Es ist Ägyptens Präsident.
Bild: AFP/P. Magakoe
Arbeiten bei bis zu 50 Grad Celsius
Während die Verhandlungen laufen, gehen die Arbeiten an der Mega-Baustelle weiter. 6000 Menschen arbeiten rund um die Uhr, oft in sengender Hitze. In den heißesten Monaten steigt das Thermometer hier auf bis zu 50 Grad Celsius.
Bild: DW/M. Gerth-Niculescu
Im zukünftigen Kraftwerk
Die Schweißgeräte sind in vollem Einsatz: In einem der beiden Kraftwerke sollen als nächstes die beiden Teile der Turbine zusammengesetzt werden. Die Vorbereitungen dafür laufen auf Hochtouren. Mitte 2021 sollen die ersten Turbinen einsatzbereit sein.
Bild: DW/M. Gerth-Niculescu
Antrieb für das Mega-Projekt
Hier soll die Turbine eingebaut werden. Insgesamt sind 13 Stück geplant, verteilt auf zwei Kraftwerke an beiden Uferseiten. 15.000 Gigawattstunden Strom im Jahr sollen die Kraftwerke der Grand-Ethiopian-Renaissance-Talsperre erzeugen. Das Werk wäre dann so stark wie die drei bisher größten Wasserkraftwerke Afrikas zusammen.
Bild: DW/M. Gerth-Niculescu
Verzögerungen und Vorwürfe
Ursprünglich sollte der Staudamm schon fertig sein. Doch Missmanagement und Korruptionsvorwürfe verlängerten die Bauphase. Im November vergangenen Jahres wurde der erste Teil fertig: Die Mauer des Reservoirs liegt in einem anderen Landesteil Äthiopiens und schließt das Rückhaltebecken ab.
Bild: DW/M. Gerth-Niculescu
Ausblick
Diesen Weg nimmt das Wasser nach dem Staudamm. Der Blaue Nil fließt von hier weiter Richtung Sudan und Ägypten. Wie stark die Strömung die Menschen dort in Zukunft erreicht - das hängt von den kommenden Verhandlungen und der Vermittlung zwischen Äthiopien und Ägypten ab. Ägypten hat jedenfalls schon erklärt, dass es äthiopischen Strom kaufen will.