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Letzte Chance Mittelmeer

Helena Baers10. Mai 2016

Wird das Mittelmeer wieder zur Hauptroute für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa? In Libyen warten viele Menschen auf gutes Wetter für eine Überfahrt. Hilfsorganisationen blicken mit mit Sorge auf die Entwicklung.

Von der italienischen Küstenwache geretete Flüchtlinge in einem Schlauchboot (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Marina Militare

"Die Mittelmeerroute von Nordafrika nach Italien ist derzeit der einzige Weg für Flüchtlinge auf den europäischen Kontinent", kritisiert Ulrike von Pilar, Nothelferin von "Ärzte ohne Grenzen". Die Organisation hat zwei eigene Schiffe auf dem Mittelmeer im Einsatz und betreibt ein weiteres zusammen mit der Organisation SOS Méditerranée. "Die drei Schiffe kreuzen dort, wo man ahnt, dass viele Boote durchkommen", sagt von Pilar.

Auch wenn das erste Schiff erst vor gut zwei Wochen das Winterquartier verlassen hat, gab es bereits mehrere Einsätze: Die "Dignity 1" war Ende April an der Rettung von mehr als 300 Menschen beteiligt, am vergangenen Freitag griff die "Bourbon Argos" 121 Flüchtlinge auf, die in einem Schlauchboot auf dem Mittelmeer trieben. Die italienische Küstenwache berichtete von 1800 Menschen, die binnen 24 Stunden gerettet wurden.

Experten erwarten, dass die Zahl der Flüchtlinge auf der sogenannten Mittelmeerroute in den kommenden Monaten noch deutlich ansteigen wird. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) entwickelt sich der Weg zur bevorzugten Option für Flüchtlinge.

Rettungsaktion für Flüchtlinge im Mittelmeer

01:29

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"Wir sind sehr aufmerksam, was in den nächsten Monaten kommen könnte", sagte IOM-Sprecher Joel Millman. Derzeit werde diese Route vor allem von Migranten aus Westafrika und vom Horn von Afrika genutzt, nicht aber von Syrern, Irakern und Afghanen.

Möglich ist, dass auch diese bald versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu fliehen. Denn bis vor Kurzem waren die meisten Flüchtlinge von der Türkei nach Griechenland übergesetzt und dann über den Balkan nach Zentraleuropa gereist. Seit die Balkanroute faktisch dicht und auch eine Überfahrt über die Ägais unmöglich ist, kommen die Flüchtlinge nicht weiter.

Blockade am Balkan

Ein Grund dafür ist das Flüchtlingsabkommen der EU mit Ankara. Es sieht vor, dass die Türkei alle Flüchtlinge aufnimmt, die von ihrem Gebiet aus illegal nach Griechenland eingereist sind. Deshalb könnte die Passage über das Mittelmeer nach Italien für Viele zur Ausweichroute werden.

Bislang bestätigen die Zahlen die Prognosen nicht. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR gelangten seit Jahresbeginn etwa 31.000 Migranten über das Mittelmeer nach Italien. 2015 waren es in den ersten vier Monaten rund 26.000 Menschen. Insgesamt kamen in diesem Jahr laut IOM 192.500 Flüchtlinge nach Europa.

Die lebensgefährliche Überfahrt hat in den ersten vier Monaten dieses Jahres laut IOM mehr als 1300 Todesopfer gefordert. Die meisten davon waren auf der Mittelmeerroute unterwegs. 2015 starben allein im Mittelmeer fast 3.000 Menschen - wobei Experten wie Ulrike von Pilar von einer hohen Dunkelziffer ausgehen.

Auf den Flüchtlingsbooten finden Helfer viele Frauen und KinderBild: Reuters/Marina Militare

Zurück nach Nordafrika

Die EU-Staaten beteiligen sich über die Mission "Sophia" an der Seenotrettung von Flüchtlingen.Gleichzeitig treibt die EU ihre Maßnahmen zur Sicherung der Außengrenzen und Abschottung voran. So einigten sich im April dieses Jahres die Außenminister der EU-Mitgliedsstaaten darauf, der libyschen Regierung Finanzhilfen in Höhe von 100 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Küstenwache in Aussicht zu stellen. Zudem wird angedacht, ein Auffanglager für Flüchtlinge in Libyen zu errichten, um diese von einer Weiterreise nach Europa abzuhalten.

Deutschland hat mit mehreren Transit- und Herkunftsländern für Flüchtlinge bilaterale Abkommen abgeschlossen. Marokko, Algerien und Tunesien wurden als sogenannte sichere Herkunftsstaaten eingestuft, mit den Regierungen wurden Rücknahmeabkommen für ihre Staatsbürger geschlossen. Die Zahl der Migranten aus den Ländern ist danach auch deutlich zurückgegangen.

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