Mit einer bewegenden Trauerfeier haben sich Hamburg und Fußball-Deutschland von der Stürmer-Legende verabschiedet. Auch Kanzler Olaf Scholz erwies Uwe Seeler die letzte Ehre, gemeinsam mit 5000 Fans im Volksparkstadion.
Anzeige
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher hat bei der offiziellen Trauerfeier für Uwe Seeler die verstorbene Fußballikone als "außerordentliche hanseatische Persönlichkeit" gewürdigt. Hamburg verliere mit seinem Tod "ein Stück von sich selbst", sagte Tschentscher im Volksparkstadion. Mit seiner einzigartigen Karriere sei er zu einer Legende des Fußballsports geworden. Seiner Heimatstadt sei er dabei immer treu geblieben.
"Sein Andenken geht aber weit über den Fußball hinaus. Mit seiner Bodenständigkeit, mit seiner Nahbarkeit und Ehrlichkeit war er auch menschlich ein großes Vorbild", so der Bürgermeister weiter. "Er verkörpert die besten und wichtigsten Werte, als Sportler und als Mensch." Als Identifikationsfigur habe er den Sport in Hamburg geprägt und Generationen junger Leute inspiriert. Zudem habe er sich in karitativen Projekten und zahlreichen Ehrenämtern engagiert.
Anzeige
"Seeler brauchte keinen Titel, um zu einem Idol zu werden"
Laut dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Bernd Neuendorf, ist die heutige Bedeutung und das internationale Ansehen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ohne den berühmten Spieler des Hamburger SV kaum vorstellbar gewesen. "Uwe Seeler, Ehrenspielführer des Nationalteams, schlug die Brücke zwischen den weltmeisterlichen Generationen von 1954 und 1974, zwischen Fritz Walter und Franz Beckenbauer", so der DFB-Chef. Der Torjäger habe keinen großen Titel im Trikot der Nationalmannschaft geholt, aber: "Uwe Seeler brauchte keinen Titel, um zu einem Idol zu werden", sagte Neuendorf. "Uwe Seeler ist dennoch einer der Größten, er hätte jede Trophäe verdient gehabt."
Der Komiker und Freund der Familie Seeler, Olli Dittrich, bekannte in seiner Rede: "Uwe Seeler war mein großer Held, mein Idol der Jugend, ich wollte so werden wir er. Es ist beeindruckend, welche Strahlkraft Uwe Seeler hatte. Wer ihn gut kannte, schwärmte von ihm - und ich gehöre dazu." Auf Wunsch der Familie wurden die Reden vom Pianisten Joja Wendt und dem Hamburger Seemannschor musikalisch umrahmt. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz nahm an der Trauerfeier teil.
Zu ihr war fast die versammelte deutsche Fußball-Prominenz erschienen: Unter anderem waren Bundestrainer Hansi Flick, DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff, die ehemaligen HSV-Stars Horst Hrubesch, Felix Magath und Manfred Kaltz sowie Bayern-Vorstand Oliver Kahn anwesend.
"Dir, meinem wunderbaren Freund"
Seelers ehemaliger Nationalmannschaftskollege und Freund Franz Beckenbauer konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Hamburg reisen, verabschiedete sich aber mit einem Brief im Hamburger Abendblatt. "Dir, meinem wunderbaren Freund, möchte ich Servus und Tschüs sagen. Denn Du gehst für immer ... Lieber Uwe, dieser letzte Gruß kommt aus tiefstem Herzen: Du bleibst für immer unvergessen."
Seeler war am 21. Juli im Alter von 85 Jahren gestorben. Der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft und Hamburger Ehrenbürger war bereits am vergangenen Donnerstag auf dem Ohlsdorfer Friedhof im engsten Familienkreis beigesetzt worden. Seeler gilt als größter Spieler des Hamburger SV. Er war zu seiner Zeit einer der weltbesten Stürmer.
Erinnerungen an Uwe Seeler
"Uns Uwe": Nur wenige Fußballer haben sich über Jahrzehnte einen Ruf erworben wie der Hamburger Uwe Seeler. Er war Ehrenspielführer der Nationalelf und Ehrenbürger der Hansestadt. Der HSV machte ihm nicht nur Freude.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Warm
Mit Mütze, mutiger Blick
Uwe Seeler (mit Mütze, vorne) wird am 5. November 1936 als drittes Kind von Anni und Erwin Seeler in Hamburg geboren. Auch sein Vater ist in der Hansestadt vor dem Zweiten Weltkrieg ein populärer Fußballer, 1946 meldet er seine Söhne Uwe und Dieter beim HSV an. Nach dem Krieg und dem Volksschulabschluss macht der junge Uwe bei Schier, Otten & Co. eine Lehre als Speditionskaufmann.
Bild: Sven Simon/imago
Der Ball sucht ihn
1953 macht Uwe Seeler für den Hamburger SV sein erstes Punktspiel - im Alter von 16 Jahren. Danach wird die Mannschaft neunmal in Folge Norddeutscher Meister. 1963 dann der erste Karriere-Höhepunkt: Mit einem 3:0 gegen Borussia Dortmund (Bild oben) holt sich der HSV den DFB-Pokal. 1963/1964 startet die Bundesliga: Seeler wird mit 30 Treffern Torschützenkönig.
Bild: picture-alliance/dpa
Debüt im Nationaltrikot
Bundestrainer Sepp Herberger legt dem jungen Uwe Seeler tröstend den Arm um die Schulter. Es ist der 16. Oktober 1954, Halbzeit im Freundschaftsspiel gegen Frankreich, und Seeler feiert sein Debüt im Nationaltrikot. Der Trost ist an dem Tag auch nötig: Die Partie geht 1:3 verloren. Doch für "Uns Uwe" soll es der Beginn einer langen Karriere in der Nationalelf sein.
Bild: Schirner Sportfoto/dpa/picture-alliance
Von Hamburg in die Welt
Auch mit seinem HSV feiert Seeler weitere Erfolge. 1968 zieht der Verein in das Endspiel um den Europapokal der Pokalsieger ein - verliert jedoch gegen den AC Mailand mit 0:2. Die Trophäe holt im Mailänder Trikot auch der Deutsche Karl Heinz Schnellinger (l.), der nach dem Abpfiff tröstende Worte für den längst prominenten Stürmer aus Hamburg übrig hat.
Bild: Sven Simon/imago
Schwer verletzt - die Achillessehne
1965 steht die Karriere von Uwe Seeler auf der Kippe. Im Bundesligaspiel gegen Eintracht Frankfurt zieht sich der Stürmer einen Achillessehnenriss zu. Seeler muss operiert werden. Einen Monat nach der Verletzung verlässt er auf Krücken gemeinsam mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter eine Privatklinik in Hamburg. Ob er wieder der Alte wird? Das fragen sich damals viele Fans.
Bild: Lothar Heidtmann/picture alliance
Er kommt zurück - und wie
Der Kapitän der Nationalmannschaft wird rechtzeitig wieder fit, um die deutsche Elf mit dem entscheidenden Treffer zum 2:1 gegen Schweden das Ticket zur WM-Endrunde 1966 in England zu sichern. Ein fulminantes Comeback, mit dem nach der schweren Verletzung nicht unbedingt zu rechnen war.
Bild: picture-alliance/Sven Simon
Verloren - und doch ein Sieger
Das legendäre Endspiel der Weltmeisterschaft im Londoner Wembley-Stadion verlässt Uwe Seeler nicht als Sieger. 4:2 nach Verlängerung gewinnen die Engländer, dabei fällt auch das Tor, das keines war. Und Seeler wird von einem einheimischen Ordnungshüter vom Platz begleitet. Die Enttäuschung ist groß, aber nie wieder wird ein Vize-Weltmeister derart Fußball-Geschichte schreiben.
Bild: Karl Schnoerrer/dpa/picture alliance
Mit dem Hinterkopf
Zwischenzeitlich hat Seeler seinen Rücktritt als Nationalspieler erklärt, aber auf Drängen von Bundestrainer Helmut Schön kehrt er ins Team zurück. Bei der WM-Endrunde 1970 trifft der nun 33-Jährige gegen Marokko und Bulgarien - und im Viertelfinale gegen England: Das Tor zum 2:2, erzielt mit dem Hinterkopf, ist wohl sein kuriosestes im Nationaltrikot. Am Ende gewinnen die Deutschen 3:2.
Bild: picture-alliance/S. Simon
Auf den Schultern der Hamburger
Am 1. Mai 1972 gibt Uwe Seeler seinen Abschied im Volksparkstadion: Nach seinem letzten Spiel im Trikot des HSV wird er von den Hamburgern auf Schultern getragen. Eine Europa-Auswahl gewinnt gegen den HSV mit 7:3. Seeler trifft zweimal.
Bild: picture-alliance/dpa
Erfolgreicher Geschäftsmann
Auch nach seiner sportlichen Laufbahn macht Uwe Seeler eine ansehnliche Figur: als Geschäftsmann und Werbeträger. Der Inhaber einer Tankstelle arbeitet zudem als Repräsentant für den Sportartikelhersteller Adidas. Sein alter Bundestrainer Sepp Herberger hat ihm den Job vermittelt. Später kommen zahlreiche Ehrenämter hinzu.
Bild: Sven Simon/imago
Drei Große, in Hamburg vereint
Fritz Walter, Franz Beckenbauer und Uwe Seele - drei Ehrenspielführer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Dass der "Kaiser" Beckenbauer ausgerechnet im Trikot des HSV am 1. Juni 1982 im Volksparkstadion seinen Abschied von der Fußball-Bundesliga feiert, freut den Hamburger Seeler besonders.
Bild: picture-alliance/dpa/Werek
Der Präsident - kann auch nicht helfen
Von 1995 bis 1998 ist Uwe Seeler Präsident des HSV. Für den längst krisengeschüttelten Verein erscheint der prominente Ex-Spieler auf den ersten Blick als eine Idealbesetzung. Doch vermag es Seeler nicht, das Ruder seines Vereins in den schweren Jahren herumzureißen. Und was Seeler oft von der Tribüne des Stadions aus auf dem Rasen sieht, kann ihm nicht gefallen.
Bild: Pressefoto Baumann/imago
Punkte nicht als Weihnachtsgeschenk
Am 5. November 2016 wird Uwe Seeler in seinem Volksparkstadion noch einmal gebührend empfangen. Das Idol feiert seinen 80. Geburtstag. Ein wenig getrübt wird das Fest da bereits von Abstiegssorgen. Seeler kommentiert die Not in der ihm eigenen Weise: "Wir müssen da jetzt durch. Punkte gibt es nicht als Weihnachtsgeschenk." 2018 nutzt auch Seelers mentaler Beistand nichts mehr: Der HSV steigt ab.
Bild: Christian Charisius/dpa/picture alliance
Der Familienmensch
1959 haben Uwe und Ilka Seeler geheiratet. Die beiden hatten sich auf einem Silvesterball kennengelernt. Drei Töchter und sieben Enkel bereiten dem Ehepaar Seeler - hier bei einer Festveranstaltung, in der Uwe seine Funktion als "Ehren-Alster-Schleusenwärter" wahrnimmt - viel Freude. Sein Enkel Levin Öztunali spielt als Bundesliga-Profi bei Union Berlin.