Leverkusen setzt Aufholjagd fort
17. Februar 2019Alle rechnen mit einem Querpass. Nur einer nicht: Kai Havertz sprintet durch bis zum Fünfmeterraum. Und tatsächlich zirkelt Mitspieler Kevin Volland auf der linken Seite mit seinem linken Fuß den Ball um die beiden Düsseldorfer Profis Markus Suttner und Niko Gießelmann herum und der Ball landet passgenau auf dem Fuß von Havertz, der den Ball nur noch ins Tor drücken muss.
Leverkusen führt gegen Aufsteiger Düsseldorf nach 18 Minuten – es ist bereits das neunte Saisontor für den 19-Jährigen. Seit seinem Bundesliga-Debüt im Oktober 2016 kommt kein Spieler des Jahrgangs 1999 oder jünger in Europas Top fünf Ligen auf so viele Torbeteiligungen wie Havertz: 31 sind es bis dato.
Der Zehner mit der Nummer 29
Fast noch bemerkenswerter als die Zahlen ist die Ruhe, mit der der offensive Mittelfeldspieler auf dem Platz agiert. Obwohl er ständig in Bewegung ist - entweder weil er selbst am Ball ist, sich anbietet oder die Räume eng macht -, hat er immer den Blick für das ganzen Feld, antizipiert das Spiel. Eine ganz wichtige Eigenschaft für die Nummer 29 der Werkself, die am liebsten auf der Zehnerposition spielt. Diese Trikot-Nummer hat derzeit jedoch noch sein bester Kumpel im Team inne: Julian Brandt.
"Kai hat das Talent und Potenzial, ein Weltstar zu werden", sagt Brandt, selbst erst 22 Jahre jung und ebenso wie Havertz ein Hoffnungsträger des deutschen Fußballs. "Meiner Meinung nach ist er das größte Talent, das wir in Deutschland haben. Er wird in den nächsten Jahren weiter wachsen und ein ganz großer Spieler werden, wenn er vom Kopf her bleibt, wie er momentan ist", so Brandt. Er wohnt gleich in der Nähe von Havertz, beide unternehmen fast jeden Tag etwas zusammen.
Unangefochten Stammspieler
Gegen Düsseldorf werden die Leverkusener kaum gefordert. Viel zu defensiv spielt der Aufsteiger, die Gastgeber haben 84 Prozent Ballbesitz. Man kann ihnen höchsten vorwerfen, nicht mehr aus den 13 Torschüssen gemacht zu haben. "Die Düsseldorfer haben es schwer gemacht, weil sie die Räume eng gemacht haben", sagt Havertz nach der Partie in das Mikrofon von Sky. "Wir haben versucht, sie zu locken. Letztlich ist das 2:0 ist gerecht." Das zweite Tor an diesem Abend erzielt der eingewechselte Leon Bailey in der 66. Minute.
In Leverkusen hat Havertz nun schon drei Trainer als Profispieler erlebt. Sein Debüt gab er unter Roger Schmidt, unter Heiko Herrlich wurde er zum Stammspieler und auch Peter Bosz setzt großes Vertrauen in den jungen Spieler. Bei allen 22 Partien in dieser Saison stand Havertz bisher in der Startelf und übernimmt auch immer mehr Verantwortung. Das tut er nicht durch laute Worte, eher durch Taten auf dem Rasen.
Özil als Vorbild
"Er ist unglaublich ballsicher und torgefährlich. Zudem auch kopfballstark, so dass ich ihn auch schon mit Michael Ballack verglichen habe", meint Didi Hammann, ehemaliger Nationalspieler. Havertz selbst sieht einen anderen Ex-Nationalspieler als Vorbild für sich: Mesut Özil. "Er spielt Fußball, wie ich ihn mag, strahlt Ruhe am Ball aus und wirkt nie gestresst", erklärter er einmal.
Mit 1,86 Meter ist Havertz größer als sein Vorbild, was ihm auch bei seinem Zweikampfverhalten hilft, bei der er ebenfalls überdurchschnittliche Werte aufzuweisen hat. Zudem ist er sehr flexibel einsetzbar: Rechtsaußen, Linksaußen, zweite Spitze - diese Polyvalenz macht ihn für viele Vereine so attraktiv. Fast alle großen Klubs, ob FC Barcelona, Manchester City oder FC Arsenal, haben großes Interesse an einer Verpflichtung von Havertz.
Vorerst bleibt er in Leverkusen
"Er ist derzeit hier sehr, sehr gut aufgehoben", meint Leverkusens Geschäftsführer für Sport, Rudi Völler. "Es gibt keinen Grund für ihn, zu wechseln. Havertz, der vor anderthalb Jahren zwischen Bundesliga- und Champions League-Einsätzen sein Abitur an einem Leverkusener Sportgymnasium absolvierte, gilt als ruhiger Mensch ohne Extravaganzen. "Er fühlt sich hier sehr, sehr wohl", bestätigt Völler. Der Vertrag von Havertz läuft bis 2022, sein Marktwert liegt derzeit bei etwas 65 bis 80 Millionen.
Der zweifache Nationalspieler weiß, dass er in Leverkusen beste Möglichkeiten hat, weiter zu reifen. Hier darf er Fehler machen, sich ausprobieren und kann ohne großen Druck in eine Führungsposition hineinwachsen. Hier spielt er in einem offensivfreudigen Team, das seinem Spielstil entgegen kommt. Um die Gegenwart braucht sich Havertz keine Gedanken zu machen: Ihm gehört die Zukunft.