Libyen ermöglicht Ermittlungen zu Kriegsverbrechen
16. Mai 2025
Die libysche Regierung hat die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zur Untersuchung mutmaßlicher Kriegsverbrechen auf ihrem Staatsgebiet offiziell anerkannt. Dies betrifft Verbrechen, die in einem Zeitraum seit dem Beginn des Bürgerkriegs 2011 bis zum Ende des Jahres 2027 verübt wurden oder noch werden.
Die Erklärung erfolgte gemäß Artikel 12 des Römischen Statuts, dem Gründungsvertrag des IStGH, der es Staaten erlaubt, die Gerichtsbarkeit des Weltstrafgerichts auch ohne formelle Mitgliedschaft anzuerkennen.
Ermittlungen zu Gewalt und Missbrauch in Gefängnissen
Vor dem UN-Sicherheitsrat in New York erklärte IStGH-Chefankläger Karim Khan, Libyen ermögliche damit Ermittlungen gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher. Ein Fokus liegt auf libyschen Gefangenenlagern, die Khan als "Black Box des Leids an der Mittelmeerküste" bezeichnete.
Besonderes Augenmerk richtet sich auf Osama Almasri Nadschim, den früheren Leiter des Mitiga-Gefängnisses in Tripolis. Gegen ihn liegt ein internationaler Haftbefehl wegen Mordes, Vergewaltigung und Folter vor. Die Verbrechen sollen seit Februar 2015 begangen worden sein. Nadschim war im Januar in Italien festgenommen, jedoch kurz darauf aufgrund eines Verfahrensfehlers freigelassen und nach Libyen zurückgebracht worden. Khan forderte die libyschen Behörden auf, ihn umgehend festzunehmen.
UN-Mandat besteht bereits seit 2011
Die Situation in Libyen ist nicht neu für den IStGH: Bereits im Februar 2011 hatte der UN-Sicherheitsrat mit Resolution 1970 eine Untersuchung durch den Gerichtshof angestoßen. Im März 2011 eröffnete der damalige Chefankläger die Ermittlungen. Mit der aktuellen Anerkennung durch die libysche Regierung wird die juristische Grundlage der bisherigen und künftigen Untersuchungen erheblich gestärkt.
Libyen ist seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 politisch zerrissen und von bewaffneten Konflikten geprägt. Anfang der Woche kam es erneut zu schweren Kämpfen zwischen rivalisierenden Milizen in der Hauptstadt Tripolis. Dabei wurden mindestens sechs Menschen getötet. Die international anerkannte Regierung im Westen steht im Machtkampf mit einer Gegenregierung im Osten, die vom Parlament und dem abtrünnigen General Chalifa Haftar unterstützt wird.
IStGH-Chefankläger Khan lässt sein Amt derweil ruhen, wie sein Büro mitteilte. Grund seien Anschuldigungen, er habe sich sexuelles Fehlverhalten zuschulden kommen lassen. Eine entsprechende Untersuchung gegen den Briten läuft seit November. Bis zu deren Abschluss werde er seine Funktion nicht ausüben, hieß es.
pgr/jj (afp, ICC)
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