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Politik

Libyen: Von der Revolution zum Bürgerkrieg

Chase Winter glh
5. April 2019

Acht Jahre ist die NATO-Intervention in Libyen her. Sie führte zum Sturz Gaddafis und zum Bürgerkrieg. Zahlreiche Parteien sind an dem Konflikt beteiligt. Die wichtigsten Fragen kurz erklärt.

Libyen: Kämpfer der LNA
Bild: Getty Images/AFP/A. Doma

Es war der erste Schritt in ein tiefes Chaos: 2011 gingen im Zuge des Arabischen Frühlings auch in Libyen die Menschen auf die Straße. Es folgten ein Bürgerkrieg, blutige Kämpfe und eine militärische Intervention der NATO zur Unterstützung der Regierungsgegner. Machthaber Gaddafi wurde nach 42 Jahren an der Macht gestürzt und von Rebellen getötet. Die genauen Umstände seines Todes sind bis heute unklar. Was folgt, ist ein bis heute anhaltender Konflikt.

Warum hat Libyen zwei rivalisierende Regierungen?

Die  umstrittenen Parlamentswahlen führten im Jahr 2014 zur Bildung von zwei konkurrierenden Regierungen: einer in der Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes und einer weiteren im östlichen Tobruk.

Vor der Wahl hatte das islamistische Lager die Macht in Tripolis inne. Doch die Nationalisten, unterstützt vom General Chalifa Haftar, konnten mehr Stimmen für sich gewinnen. Die Spaltung kam, als das islamistische Lager sich weigerte, das Wahlergebnis anzuerkennen. Der Konflikt führte zu blutigen Kämpfen zwischen dem islamistischen Bündnis und den Truppen um General Haftar.

Letztlich flüchtete das Parlament in den Osten des Landes, nach Tobruk. Die Islamisten behielten Tripolis unter Kontrolle und bildeten dort ebenfalls eine Regierung.

Wie steht es um die von der UN unterstützten Regierung?

2015 startete die UN einen Versuch, die beiden rivalisierenden Lager zusammenzubringen. Eine sogenannte Einheitsregierung unter der Leitung von Fajes al-Sarradsch wurde eingerichtet und international anerkannt. Seit Anfang 2016 regiert diese Einheitsregierung in Tripolis, schafft es jedoch bis heute nicht, das Land und seine zahlreichen Milizen unter seine Kontrolle zu bekommen.

Die Interimsregierung soll zudem zwischen den beiden rivalisierenden Regierungen im Osten und Westen vermitteln. Doch das Parlament in Tobruk, das nach wie vor das international anerkannte Parlament ist, will die in Tripolis von der UN unterstützte Regierung von Fajes al-Sarradsch bis heute nicht anerkennen. Stattdessen stellt sich das Ost-Parlament hinter die Libysche Nationale Armee (LNA) von General Haftar und die Ostregierung von Abdullah al-Thinni.

Mittlerweile haben sowohl die Ost- als auch die Westregierung einen Sicherheitsapparat, es gibt zwei Zentralbanken und konkurrierende Ölgesellschaften.

Grund für Konflikte: Eine Raffinerie an der nordöstlichen Küste LibyensBild: picture alliance/AP Photo/H. Malla

Welche Rolle spielen die Öl-Ressourcen?

Die Einnahmen aus Öl und Gas machen einen großen Teil der Wirtschaftsleistung Libyens aus. Der Konflikt um diese Einnahmen ist einer der Hauptgründe für den Krieg im Land. Ein Großteil des Öls, circa 80 Prozent, wird im Osten des Landes gefördert. Doch viele im Osten sind der Ansicht, dass sie nicht ausreichend an den Gewinnen beteiligt werden, sogar weniger von der Ölförderung profitieren als der Rest des Landes.

Seit 2014 haben Chalifa Haftar und seine Streitkräfte einen Großteil der Ölquellen sowie der Exporthäfen von regierungsnahen Milizen und islamistischen Rebellen erobert und verfügen somit über eine wichtige Finanzquelle. Anfang des Jahres starteten Haftars Truppen weitere Offensiven in den ebenfalls ölreichen Süden des Landes.

Wie verhält sich die internationale Gemeinschaft?

Zu den unterschiedlichen Interessen der libyschen Konfliktparteien kommen internationale Rivalitäten. Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate, die den Einfluss der islamistischen Muslimbruderschaft in Tripolis kleinhalten wollen, unterstützen die Ost-Regierung. Beide Länder wie auch Russland haben die Libysche Nationale Armee (LNA) um General Haftar bereits vor allem militärisch unterstützt.

Die USA, die EU und die Türkei stehen hinter der Regierung in Tripolis. Eine einheitliche europäische Haltung wird jedoch verhindert durch Konflikte zwischen Frankreich und der ehemaligen Kolonialmacht Libyens, Italien.

Sowohl Italien als auch Frankreich stehen im Grunde hinter der Regierung in Tripolis. Beide Länder umwerben aber auch General Haftar wegen seiner Bemühungen im Kampf gegen islamistische Gruppen. So unterstützt Frankreich die LNA beispielsweise militärisch und mit Informationen über islamistische Kämpfer.

Migranten in einem libyschen Lager: Internationale Hilfsorganisationen kritisieren die MenschenrechtslageBild: Getty Images/AFP/M. Turkia

Rom wiederum ist über die Gesetzlosigkeit in Libyen besorgt, die viele Migranten versuchen lässt, von der libyschen Küste aus über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Aus diesem Grund unterstützt Rom die Regierung in Tripolis und arbeitet mit verschiedenen Milizen zusammen. Seit Beginn der Zusammenarbeit ist die Zahl der Menschen, die über Libyen nach Europa gekommen sind, stark zurückgegangen.

Ist eine politische Lösung in Sicht?

Die Vereinten Nationen haben für April eine nationale Libyenkonferenz einberufen, um einen Ausweg aus der Krise zu finden. Aus diesem Grund befindet sich UN-Generalsekretär Antonio Guterres derzeit in Tripolis. Bei der Konferenz sollte vor allem eine Annäherung zwischen den rivalisierenden Regierungen im Osten und im Westen angestrebt werden. Die Ankündigung Haftars, Tripolis militärisch erobern zu wollen, könnte diese Bemühungen nun schon vorab zunichte machen.

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