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Politik

Libysches Parlament lehnt Türkei-Abkommen ab

4. Januar 2020

Zwei Abkommen hatte die von den UN anerkannte Regierung in Tripolis mit der Türkei geschlossen. Es geht um Seegebiete und Militärhilfe. Doch das Parlament in Benghazi, das den Premier nicht anerkennt, ist dagegen.

Dringlichkeitssitzung des libyschen Parlaments in Benghazi (Getty Images/AFP/A. Doma)
Dringlichkeitssitzung des libyschen Parlaments in Benghazi: Nicht beschlussfähig?Bild: Getty Images/AFP/A. Doma

Das libysche Parlament kam zu einer Dringlichkeitssitzung in der östlichen Stadt Benghazi zusammen. Thema: zwei umstrittene Abkommen der libyschen Regierung mit der Türkei. Regierungschef Fajis al-Sarradsch hatte sie im November mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geschlossen.

In einem der Abkommen wird das Seegebiet zwischen der Türkei und Libyen aufgeteilt. Durch die Vereinbarung wird ein Festlandssockel im Mittelmeer erheblich ausgeweitet. Ein Gebiet, in dem die Türkei das Recht auf die Erforschung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen für sich beansprucht. Bei dem anderen Abkommen geht es um Militärhilfe für die Regierung in Tripolis, was eine Entsendung türkischer Truppen ermöglicht. Beide wurden von Libyens Parlament nun abgelehnt. Die Entscheidung fiel einstimmig.

Gespaltenes Land

Am Votum aus Benghazi wird erneut die Spaltung des Landes deutlich: In dem nordafrikansichen Land ringen die Regierung von Sarradsch und die Libysche Nationalarmee des Generals Chalifa Haftar um die Macht. Das Parlament im Osten Libyens unterstützt Haftar, der eine Offensive auf die Hauptstadt Tripolis angeordnet hat.

Sarradsch genießt den Rückhalt der Vereinten Nationen, Italiens, Katars und der Türkei, kontrolliert aber nur einen kleinen Teil des Landes. Haftar zählt unter anderem auf Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Russland und Frankreich.

Vertragspartner al-Sarradsch und Erdogan im November in Istanbul: "Hochverrat"Bild: picture-alliance/dpa/Turkish Presidency/M. Kamaci

Das Parlament in Benghazi stimmte auch für strafrechtliche Ermittlungen gegen Ministerpräsident Sarradsch wegen "Hochverrats", da er sich um die militärische Unterstützung aus dem Ausland bemüht habe. Das teilte der Sprecher des Abgeordnetenhauses, Abdullah Blaihak, mit. Zudem stimmten die Abgeordneten dafür, die Beziehungen zur Türkei abzubrechen.

Beschlussfähigkeit angezweifelt

Wie die Sarradsch-Regierung auf die Beschlüsse der Abgeordneten reagieren wird, ist unklar. Regierungsnahen Medien zufolge sei das Parlament nicht beschlussfähig gewesen, weil das nötige Quorum in Benghazi nicht erreicht wurde. Eine unabhängige Überprüfung, wie viele Abgeordnte an der Dringlichkeitssitzung teilnahmen, ist nicht möglich. Das Parlament, das 2014 gewählt wurde und im Zuge des Bürgerkriegs im Osten Libyens Zuflucht suchte, wurde im Laufe der Zeit durch Spaltungen geschwächt. Etwa 40 Abgeordnete zogen in die von der Sarradsch-Regierung kontrollierte Hauptstadt Tripolis.

Laut Innenminister Fathi Bachagha wurden die Abkommen mit der Türkei "rechtlich und offen" geschlossen, im Gegensatz zu Abkommen zwischen Haftars Truppen und dessen ausländischen Unterstützern.

Sorge der Vereinten Nationen

Der UN-Gesandte für Libyen, Ghassan Salame, sagte laut Nachrichtenagentur AFP, russische Söldner seien vor Ort auf der Seite Haftars im Einsatz. Salame beschuldigten zudem mehrere Länder, gegen ein UN-Waffenembargo gegen Libyen zu verstoßen.

Inzwischen hat UN-Generalsekretär António Guterres vor einem türkischen Militäreinsatz in Libyen gewarnt. Ohne die Türkei ausdrücklich zu nennen, äußerte Guterres Befürchtungen, dass "jegliche ausländische Unterstützung" der Kriegsparteien den Konflikt in dem Land "nur verschärfen und die Bemühungen um eine friedliche Lösung erschweren" würde. Die anhaltenden Verstöße" gegen das vom UN-Sicherheitsrat verhängte Waffenembargo "verschlimmerten" die Situation noch, fügte Guterres hinzu.

Die strikte Einhaltung des Waffenembargos sei "unerlässlich, um ein Umfeld zur Beendigung der Feindseligkeiten" zu schaffen, betonte Guterres weiter. Der UN-Generalsekretär wiederholte zudem seine Forderung nach einem "sofortigen Waffenstillstand" und der "Rückkehr zum politischen Dialog aller Parteien".

Das türkische Parlament hatte am Donnerstag den Weg für ein militärisches Eingreifen Ankaras im Libyen-Konflikt freigemacht. Die Abgeordneten stimmten in einer Sondersitzung für einen Antrag der Regierung, Soldaten in den nordafrikanischen Krisenstaat zu schicken. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan will die international anerkannte Regierung in Tripolis in ihrem Kampf gegen den abtrünnigen General Chalifa Haftar unterstützen.

AR/djo (dpa, afp)

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