Liebe aus dem Netz
17. Juni 2002So wie Andrea und ihrem Andreas geht es immer mehr Menschen. Der begeisterte Chatter Frank (23) aus dem hessischen Hattersheim glaubt: "Man nimmt sich im Chat viel mehr Zeit, gegenseitig herauszufinden, ob man wirklich miteinander zurechtkommt, bevor man sich zum ersten Mal trifft." Auch Wissenschaftler bekommen langsam ein positiveres Bild von der Liebe aus dem Netz. Lange Zeit war bei Psychologen gängige Meinung, zu viel Kommunikation via Internet führe zu Vereinsamung.
Traumpartner via Internet
31 Prozent der deutschen Internet-Benutzer halten nach einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) das Internet für den geeigneten Ort zum Kennenlernen. Andrea und Andreas gehören gar zu jenen 14 Prozent, die auf diesem Weg den Traumpartner gefunden haben. Das Internet rangiert als Flirt-Ort inzwischen bei vielen vor Kneipen und Discotheken.
Verborgene Qualitäten ausspielen
Für die Kommunikationswissenschaftlerin Nicola Döring, Autorin des Buches "Sozialpsychologie des Internets" und Professorin an der Technischen Universität im thüringischen Ilmenau, stellt das Internet ein "soziales Lernfeld" dar. Im zunächst anonymen Chat könnten Menschen im Alltag oft verborgene Qualitäten ausspielen oder geheime Wünsche und Fantasien ausdrücken. "Diese kennen zu lernen und zu ihnen zu stehen, kann der eigenen Selbstentwicklung dienen." Positive Erfahrungen im Netz könnten zudem dazu führen, dass man außerhalb der Cyber-Welt mutiger und offener auf andere Menschen zugehe. "Die virtuelle Identität ist also keine Scheinidentität, sondern eine weitere Facette des realen Menschen."
Wie im wirklichen Leben
Internet-Fan Frank geht dank seiner Online-Flirts nicht mehr so viel aus wie früher. Heute seien "die komischen Leute" eher in der Disco als im Internet. Der Hesse gibt zu, dass im Internet "geschönt" wird: "Natürlich macht man sich etwas attraktiver. Keiner geht einfach online und sagt:, Alle mal herhören: Ich bin klein, dick und ziemlich hässlich. Wer will mit mir chatten? So läuft das nicht." Das sei eben wie im wirklichen Leben: "Wer in die Disco geht, macht sich auch vorher schick. Genau das passiert im Internet auch." dpa/(pg)