Liechtenstein bremst Jagd auf Steuersünder
14. April 2010Im Kampf gegen Steuersünder will Liechtenstein nun doch nicht umfassend mit den Finanzbehörden aus Deutschland und anderen ausländischen Staaten kooperieren. Das Fürstentum wolle den Behörden anderer Länder keine Rechtshilfe gewähren, wenn sich die Ermittlungen gegen mögliche Steuerhinterzieher auf gestohlene Bankdaten stützten. Damit bestätigte ein Sprecher der Regierung in Vaduz am Mittwoch (14.04.2010) einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung".
Ein entsprechender Gesetzentwurf werde in den kommenden Wochen ins Parlament eingebracht und solle noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Der Vaduzer Regierungssprecher sagte am Mittwoch am Rande eines Berlin-Besuches von Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein, dieser Beschluss sei auch dem deutschen Bundesfinanzministerium bekannt.
Bilaterale Abkommen sehen Kooperation vor
Wie mehrere andere Länder hatte auch Deutschland mit Liechtenstein schon Anfang September 2009 ein Abkommen geschlossen, das den Austausch von Steuerinformationen mit Liechtenstein vorsieht. Nach diesem Vertrag können die Finanzbehörden Deutschlands und Liechtensteins bei begründeten Fällen im jeweils anderen Land Auskünfte zu möglichen Steuersünden verlangen. Die Bundesregierung segnete das Abkommen im März offiziell ab. Einen automatischen Informationsaustausch von Steuerdaten oder Kooperation auf der Grundlage bestohlener Daten habe Liechtenstein bereits damals schon abgelehnt, so der Sprecher des Fürstentums in Berlin am Mittwoch. Dies habe das Bundesfinanzministerium 2009 schon zur Kenntnis genommen. Auch die Schweiz, mit der die Bundesregierung ein Abkommen geschlossen hatte, lehnt die Zusammenarbeit auf Basis gestohlener Daten ab. Die Abkommen folgen der Steuerkonvention der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Durch den neuen Gesetzentwurf will Liechtenstein nun offenbar das Abkommen deutlich entschärfen. Hintergrund der Vereinbarung ist, dass in den vergangenen zwei Jahren wiederholt Datenträger mit Bankdaten über angebliche deutsche Steuerflüchtlinge mit verstecktem Vermögen in Liechtenstein und der Schweiz aufgetaucht waren. In der Folge leiteten die deutschen Behörden Verfahren ein und tausende Steuersünder zeigten sich selbst an. Die Daten waren von Bankmitarbeitern kopiert und an deutsche Behörden verkauft worden. Die Schweiz und Liechtenstein kritisierten das Vorgehen Deutschlands, das auch innerhalb Deutschlands für viele Diskussionen gesorgt hatte.
Deutsche Politiker kritisieren Liechtenstein
Nach Bekanntwerden des neuen Gesetzentwurfes der Regierung in Vaduz regt sich im Bundestag Widerstand gegen das Steuerabkommen zwischen Deutschland und dem Fürstentum, der die Vereinbarung noch ratifizieren muss. "Wenn Datenaustausch mit Liechtenstein vereinbart wird, muss der auch in Fällen von Datenklau gelten", sagte die Finanzexpertin der Grünen, Christine Scheel, der "Süddeutschen Zeitung" vom Mittwoch. Der SPD-Obmann im Finanzausschuss, Florian Pronold, warf Liechtenstein in der Zeitung vor, "sich ein Hintertürchen zu bauen, um weiterhin Steuerhinterziehung in anderen Ländern als Haupteinnahmequelle zu haben".
Im Frühjahr 2008 waren viele deutsche Steuerhinterzieher mit Konten in Liechtenstein aufgeflogen. Darunter war auch der prominente Fall von Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel. Der Bundesnachrichtendienst (BND) kaufte damals einem Ex-Mitarbeiter der Liechtensteiner LGT-Bank gestohlene Daten-CDs für etwa fünf Millionen Euro ab. Es folgten Razzien und viele Verfahren. Der Fiskus kassierte bisher nachträglich über 200 Millionen Euro.
Gestohlene Daten-CDs zeigen Wirkung
Die zuletzt viel diskutierte Daten-CD aus der Schweiz zeigt ebenfalls Wirkung: Die Zahl der Selbstanzeigen deutscher Steuersünder wird nach dem Auftauchen entsprechender Daten aus der Schweiz immer höher. Nach einer Schätzung der Deutschen Steuergewerkschaft gibt es bundesweit mittlerweile etwa 13.000 derartige Selbstanzeigen, mit denen die Betroffenen drohenden Strafen entgehen wollen. Gewerkschaftschef Dieter Ondracek sagte der "Rheinischen Post", die Anzeigen dürften Mehreinnahmen von deutlich mehr als einer Milliarde Euro in die Staatskassen spülen. Die meisten Selbstanzeigen kämen von Bürgern aus Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen.
Autorin: Naima El Moussaoui (afp, dpa, apn, rtr)
Redaktion: Dirk Eckert