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PolitikIran

Liefert Iran ballistische Raketen an Russland?

6. September 2024

Seit der russischen Invasion in die Ukraine baut Moskau seine militärische Zusammenarbeit mit dem Iran aus. Irans neuer Präsident kann die Waffenlieferungen kaum stoppen.

Iran Ayatollah Ali Khamenei IRGC Teheran
Der Iran produziert ballistische Raketen Bild: SalamPix/abaca/picture alliance

Am 2. September berichtete die Finanznachrichtenagentur Bloomberg, der Iran werde in Kürze ballistische Raketen an Russland liefern. Unter Berufung auf nicht namentlich genannte europäische Beamte schrieb Bloomberg, dass der Iran möglicherweise bereits "innerhalb weniger Tage" mit den Lieferungen beginnen könnte. Dabei soll es sich um Hunderte von Raketen ballistischer Kurzstreckenraketen handeln, die im Krieg in der Ukraine eingesetzt werden könnten.

"Ich glaube nicht, dass Europa oder der Westen im Moment noch viele politische Hebel haben, um diesen möglichen Deal zu stoppen", sagt Iran-Experte Arman Mahmoudian und Dozent für russische und Nahost-Studien an der University of South Florida. "Sowohl Russland als auch der Iran haben schwere Sanktionen auferlegt bekommen. Sie haben möglicherweise das Gefühl, nicht mehr viel verlieren zu können. Das könnte sie zu weiterer Zusammenarbeit motivieren."

Iranische Shahed-Drohnen im Ukraine-Krieg

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat Moskau seine Kooperationen mit dem Iran ausgebaut. Bis Ende 2022 soll Russland nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes mehr als 2000 Drohnen aus dem Iran gekauft haben. Laut Militärexperten nutzt Russland diese Drohnen als "günstigeren Ersatz für teure Marschflugkörper", die verheerende Schäden anrichten. Inzwischen soll Russland diese Drohnen selbst produzieren. Laut Reuters sind Shahed-Drohnen ein fester Bestandteil der russischen Luftwaffe im Krieg in der Ukraine.

Wie russische Drohnen die Ukraine terrorisieren

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Bereits im August 2024 hatten europäische Geheimdienstquellen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters angegeben, dass der Iran und Russland im Dezember 2023 einen Vertrag über die Lieferung von ballistischen Raketen der Typen Ababil und Fateh-360 unterzeichnet hätten. Laut Reuters sollen Dutzende russische Militärangehörige im Iran im Umgang mit dem ballistischen Kurzstreckenraketensystem Fateh-360 ausgebildet worden sein.

Die Lieferung von Hunderten Raketen an Russland "würde aus unserer Sicht eine dramatische Eskalation der iranischen Unterstützung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bedeuten", warnte Vedant Patel, Sprecher des US-Außenministeriums, im August. Die USA haben die Führung in Teheran vor "ernsten Konsequenzen" gewarnt. In diesem Zusammenhang haben inzwischen die USA und die Europäische Union weitere Sanktionen gegen den Iran verhängt.

Überlegung in Teheran: Annäherung oder Eskalation?

Der neue iranische Präsident Massoud Pezeshkian hatte während seines Wahlkampfs eine neue Außenpolitik versprochen. Er werde sich für die Aufhebung der Sanktionen einsetzen und sei bereit, den Dialog über sein umstrittenes Atomprogramm mit dem Westen wiederaufzunehmen. Sein Außenminister Abbas Araghchi gilt als erfahrener Diplomat. Er war an den internationalen Atomverhandlungen beteiligt, die 2015 zum Abschluss des "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) genannten Atomdeals führten.

Die USA waren 2018 unter Präsident Trump einseitig aus diesem Abkommen ausgestiegen.Die europäischen Vertragspartner Frankreich, Großbritannien und Deutschland hatten anschließend vergeblich versucht, das Abkommen zu retten. Ein Jahr nach dem Ausstieg der USA begann der Iran, sich ebenfalls schrittweise von seinen Verpflichtungen aus dem Abkommen loszusagen. Heute sei das Land nah am Ziele, eine Atombombe bauen zu können, so die Experten.

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"Im Falle der Lieferung von Raketen würde der Iran mit neuen Sanktionen konfrontiert werden. Und der europäische Widerstand gegen künftige Kooperationsbeziehungen mit dem Iran würde zunehmen", schreibt die Politikwissenschaftlerin Jane Kinninmont, Director of Impact beim European Leadership Network in London auf Anfrage der DW. Die Waffenlieferungen des Iran an Russland seien ein großes Problem, das die Diplomatie insbesondere mit europäischen Ländern behindert, sagt Kinninmont. Die Londoner Nahost-Expertin hat einen "Rollentausch" zwischen den USA und Europa beobachtet: "Während Europa unter der Trump-Regierung die Diplomatie mit dem Iran am Leben hielt, ist Europa seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine in Bezug auf den Iran härter geworden als die USA."

Sollte der Iran Russland mit ballistischen Raketen beliefern, muss das Land mit drastischen Strafmaßnahmen rechnen, etwa Flugverboten für die staatliche Fluggesellschaft Iran Air in Europa, warnten die G7-Staaten bereits im März 2024. Zur G7 gehören Deutschland, Frankreich, Italien, das Vereinigte Königreich, Japan, Kanada und die USA.

Machtzentrum Revolutionsgarden

"Der Iran verfolgt mehrere strategische Ziele, die nicht unbedingt miteinander vereinbar sind", schreibt Politikwissenschaftlerin Kinninmont. Der neue Präsident Pezeshkian scheine es ernst zu meinen mit der Kontaktaufnahme zu westlichen Ländern, um den Sanktionsdruck zu verringern. "Er könnte in dieser Hinsicht auch vorsichtige Unterstützung vom Obersten Führer haben", ergänzt die Londoner Politikwissenschaftlerin. "Die wachsende strategische Beziehung des Iran zu Russland und die von den Revolutionsgarden geführte Nahostpolitik werden jedoch weiterhin Prioritäten für den Iran sein und die Bemühungen, Kontakt zum Westen aufzunehmen, erschweren."

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Präsident Pezeshkian besitzt keinen Einfluss auf die Revolutionsgarden. Diese stehen unter dem Kommando des Geistlichen Führers Ayatollah Chamenei, der das letzte Wort in allen Angelegenheiten im Iran hat. Die Revolutionsgarden wurden nach der Revolution von 1979 gegründet, um die Staatsideologie zu schützen. Sie betrachten Annäherungen an westliche Demokratien und deren Einfluss auf die Gesellschaft als Bedrohung für die Islamische Republik. Autoritäre Länder wie Russland, die die Unterdrückung der Bevölkerung nicht kritisieren, werden von ihnen als strategische Partner angesehen.

"Wir dürfen nicht vergessen, dass der Großteil der iranischen Raketenindustrie von den Revolutionsgarden kontrolliert wird, die diese Raketen unabhängig vom Verteidigungsministerium produzieren", sagt der Iran-Experte Arman Mahmoudian. "Angesichts der Tatsache, dass die meisten militärischen und außenpolitischen Entscheidungen des Iran im Büro des Obersten Führers und direkt von ihm getroffen werden, bezweifle ich, dass der Präsident großen Einfluss darauf hat, solche Prozesse zu stoppen."

Das einzige politische Instrument, das Europa oder der Westen in dieser Situation einsetzen könnten, sei, dem Iran zu signalisieren, dass die Lieferung von Raketen an Russland die Atomverhandlungen untergraben könnte, so Mahmoudian abschließend.

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