Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft geht mit einem mulmigen Gefühl in Fußball-WM. In den Testpartien zeigten sich Defizite in der Abwehr. Der Grund: das fehlerhafte Pressing. Kann das Team das abstellen?
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Das Ziel ist klar. Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft will bei der WM in Australien und Neuseeland zunächst einmal die Gruppenphase überstehen. Darum drehen sich die derzeitigen Planungen von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Aber auf diesem Weg droht dem talentierten deutschen Team allerdings ein Problem: die Konterangriffe der Gegnerinnen.
Eine Schwäche, die in den Testspielen gegen Vietnam und Sambia im Trainingslager in Deutschland schonungslos offengelegt wurde. Beide Mannschaften profitierten vom Bestreben des DFB-Teams, das Spiel mit Ballbesitz und hohem Pressing zu dominieren. Torhüterin Merle Frohms versuchte nun, die Defizite einzuordnen. Sie glaubt, dass der Kern dieser Problematik nichts mit der Verteidigung zu tun habe. "Es liegt an unserem Offensivspiel, an der Tatsache, dass wir sehr hoch verteidigen und den Gegner unter Druck setzen", sagte Frohms. "Diese Situationen würden nicht entstehen, wenn wir defensiver spielen würden. Aber es liegt an uns, wie wir damit umgehen. Denn so wollen wir spielen."
Pressing muss verbessert werden
Im Auftaktspiel der Gruppe H gegen Marokko trifft die deutsche Elf auf eine sehr strukturierte Mannschaft, die technisch versiert ist und über ein hohes Tempo auf den Flügeln verfügt. Die Außenbahn-Spielerinnen Fatima Tagnaout und Sakina Ouzraoui sind sehr schnell. Marokko will sein WM-Debüt nicht nur genießen. Unter Trainer Reynald Pedros ist man zuversichtlich, dass man überraschen kann.
Beide Flügelspielerinnen könnten beim deutschen Team für große Probleme sorgen. Wenn die DFB-Auswahl also eine Wiederholung der Niederlagen wie gegen Vietnam und Sambia vermeiden will, müssen die Spielerinnen ihr Pressing und ihr druckvolles Spiel verbessern. Und eine Spielerin könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen.
Magull als Schlüsselspielerin
Die deutsche Taktik lebt von der Intensität im vorderen Bereich des Spielfeldes. Wenn es dort zu Störungen und Fehlern kommt, kann die Struktur der Mannschaft ganz schnell aus den Fugen geraten. Viel wird davon abhängen, wie Lina Magull ihre Rolle interpretieren wird. Magull ist eine kreative Künstlerin, die mit ihrer Beweglichkeit, ihrem Weitblick und ihrem Passspiel als Nummer 10 zu den gefährlichsten Spielerinnen des Teams gehört.
Um die hartnäckige marokkanische Mannschaft zu besiegen, ist natürlich das gesamte deutsche Team gefordert - doch viel wird auch von Magull abhängen. "Es ist schwierig, Lösungen zu finden oder Chancen gegen Mannschaften zu kreieren, die sich hauptsächlich auf die Verteidigung konzentrieren", sagte sie der DW. "Die Räume sind wirklich eng und es ist wichtig, dass man sich ständig bewegt, auch wenn es sich manchmal unnötig anfühlt."
Magulls Fähigkeit, sich zurückfallen zu lassen und den Ball in der eigenen Hälfte aufzunehmen, kann und soll Raum für ihre Mitspielerinnen schaffen. Magull rotiert oft mit Deutschlands Nr. 6 und Nr. 8 - normalerweise Lena Oberdorf und Sara Däbritz - um die Gegnerinnen aus ihren Positionen heraus zu locken. "Du versuchst immer, dich auf engem Raum anzubieten, Bälle anzunehmen und dann im letzten Drittel den entscheidenden Pass zu spielen. Und man versucht, zum richtigen Zeitpunkt im Strafraum zu sein, um ein Tor zu erzielen. Aber als Team müssen wir sicherstellen, dass wir uns viel bewegen und unseren Fokus auf das Tor richten", sagt Magull.
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Fallen Lena Oberdorf und Martina Hegering aus?
Neben der Bewegung sind auch das hohe Pressing und der Gewinn des zweiten Balls entscheidend für eine gut funktionierende Einheit. "Es ist so wichtig für uns, dass wir vorne Druck machen können", so Magull. "Wenn wir den Ball verlieren, müssen wir sofort mit dem Gegenpressing beginnen, damit wir schneller zum gegnerischen Tor kommen. Die Defensivarbeit ist unglaublich wichtig und alle elf Spieler müssen an einem Strang ziehen. Das macht uns zu einer deutschen Mannschaft - dass wir defensiv hart arbeiten, um am Ende erfolgreich zu sein."
Die Bundestrainerin wird zunächst gegen Marokko aber wohl improvisieren müssen. Innenverteidigerin Marina Hegering hat wegen einer Fersenprellung kaum trainiert und droht auszufallen. Und auch Lena Oberdorf hat aufgrund von Oberschenkelproblemen bisher nur leichtere Trainingseinheiten absolviert.
DFB-Elf ändert Spielplan nicht
Der Ausfall beider Spielerinnen wären große Verluste, wobei das Fehlen von Oberdorf vor allem Magulls Fähigkeit beeinträchtigen würde, sich frei zu bewegen und auf ihr Offensivspiel zu konzentrieren. "Sie ist wirklich wichtig, weil wir mit Obi jemanden haben, der in dieser Rolle [defensives Mittelfeld, Anmerk. d. Red.] einfach alles abräumt", sagte sie der DW.
Mit Sjoeke Nüsken in der Abwehr und Sydney Lohmann, Melanie Leupolz und Lena Lattwein im Mittelfeld gibt es allerdings hochwertigen Ersatz. Sicher ist, dass die deutsche Mannschaft ihren Spielplan nicht ändern wird. "Wir konzentrieren uns auf unser eigenes Spiel, wir wollen das Geschehen kontrollieren", sagte Magull.
Der Text wurde aus dem Englischen übersetzt
Über 50 Jahre Fußball der Frauen in Deutschland
Ende Oktober 1970 kippt der DFB sein Verbot von Frauenfußball-Teams und ebnet damit spät den Weg des deutschen Frauenfußballs. Der gehört heute zur Weltspitze. Eine Erfolgsgeschichte in Bildern.
Bild: Daniel Ulmer/Pressefoto ULMER/picture-alliance
Rückständiger DFB
1955 verbietet der DFB den Klubs, Frauenabteilungen zu gründen. Fußball sei "der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd", heißt es: "Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand." Die Frauen scheren sich nicht um den DFB. Sie spielen - wie hier in Minden - Fußball.
Bild: Leonie Albig-Treffers/picture-alliance
Frauenfußball in der DDR nicht verboten
Während Frauenfußball im Westen untersagt ist, darf in der DDR gespielt werden. Aber: Das SED-Politbüro gibt im April 1969 eine Vorgabe heraus: Männerfußball ist Leistungssport, Frauenfußball nicht. Damit darf Frauenfußball weiter ausgeführt werden, gehört aber nicht zu den förderungswürdigen Sportarten. Es gibt nur ein Frauen-Länderspiel: Am 9. Mai 1990 unterliegt die DDR in Potsdam der CSFR 0:3.
Bild: FSU-Fotozentrum/picture-alliance
Die Wende im Jahr 1970
15 Jahre später bröckelt im DFB der Widerstand gegen den Frauenfußball. Für einen guten Zweck - wie im Juli 1970 bei einem Benefizspiel für die Deutsche Sporthilfe - zeigt man sich gerne mit den Fußballerinnen. Und kein Geringerer als Torjäger Gerd Müller (2.v.r.), der "Bomber der Nation", pfeift das Spiel. Am 31. Oktober 1970 kippt der DFB endlich seinen diskriminierenden Beschluss von 1955.
Bild: Parschauer/dpa/picture-alliance
Premiere auf großer Bühne
Wo sonst nur die Männer gespielt haben, treten jetzt auch die Frauen gegen den Ball - wie bei der Frauenfußball-Premiere im Stuttgarter Neckarstadion Ende November 1970 (Bild). Der TSV Öschelbronn besiegt die Spielvereinigung Weil im Schönbuch mit 3:1.
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Erste "Tor des Monats"- Schützin
Ein Frauen-Nationalteam lehnt der DFB weiter ab. "Das war ein klarer Rückschritt", sagt Frauenfußball-Ikone Bärbel Wohlleben (Bild). "Außerdem durften wir nur zweimal dreißig Minuten spielen." Ihr Klub TuS Wörrstadt wird 1974 erster offizieller deutscher Frauenfußball-Meister. Die ARD-Zuschauer wählen Wohllebens Tor zum 3:0 im Finale gegen DJK Eintracht Erle zum "Tor des Monats". Ein Meilenstein.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Roessler
Die Weltmeisterinnen aus Bergisch-Gladbach
Die SSG Bergisch Gladbach 09 entwickelt sich zum dominierenden Frauenteam Deutschlands. Zwischen 1977 und 1989 gewinnt der Verein neun deutsche Meistertitel und dreimal den DFB-Pokal. Hinzu kommen 1981 und 1984 zwei Triumphe beim internationalen Einladungsturnier in Taiwans Hauptstadt Taipeh, der inoffiziellen Weltmeisterschaft, wo Deutschland durch das Team aus Bergisch Gladbach vertreten wird.
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Klarer Sieg im ersten offiziellen Länderspiel
1982 ringt sich der DFB schließlich doch zu einer Frauen-Nationalmannschaft durch. Die deutsche Auswahl gewinnt ihr erstes Länderspiel am 10. Oktober 1982 in Koblenz gegen die Schweiz mit 5:1. Silvia Neid von der SSG Bergisch Gladbach 09 - später Erfolgstrainerin des DFB-Teams - gelingt in der historischen Partie ein Doppelpack.
Bild: Sven Simon/picture-alliance
Der erste internationale Titel
1989 findet die EM in Deutschland statt. Das Halbfinale gegen Italien - das DFB-Team gewinnt im Elfmeterschießen - ist das erste Frauen-Fußballspiel, das im deutschen Fernsehen live übertragen wird. Im Finale folgt ein 4:1 gegen Norwegen. Als Prämie für den ersten Titel spendiert der DFB den Spielerinnen jeweils ein Kaffeeservice. Bis heute folgten sieben weitere EM-Triumphe für die DFB-Frauen.
Bild: Sven Simon/picture-alliance
Siegen triumphiert in der neuen Bundesliga
1990 gründet der DFB die Frauen-Bundesliga. Gespielt wird in einer Nord- und einer Südstaffel. Die jeweiligen Tabellenersten und -zweiten spielen beim Finalturnier um den Titel. Die Spielerinnen des TSV Siegen holen sich 1991 nach der ersten Saison die Meisterschaft. Seit 1997 ist die Bundesliga eingleisig. Meister wird wie bei den Männern, wer am Ende der Spielzeit die meisten Punkte hat.
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Europas bestes Vereinsteam kommt aus Frankfurt
2002 wird erstmals die beste Frauen-Vereinsmannschaft Europas gekürt. Der 1. FFC Frankfurt - hier Nia Künzer (Mitte) im Finale gegen Umea IK - siegt beim "UEFA Women's Cup". Drei weitere Titel folgen: 2006, 2008 und 2015 - da heißt der Wettbewerb schon Champions League. Siebenmal wird der 1. FFC Deutscher Meister und ist das erfolgreichste deutsche Team im Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende.
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Deutschlands erste Fußball-Weltmeisterinnen
2003 holen sich die deutschen Fußballerinnen erstmals den WM-Titel. In den USA besiegen sie im Finale Schweden mit 2:1. Nia Künzers Golden Goal per Kopf in der 98. Minute entscheidet das Spiel und wird später in Deutschland zum "Tor des Jahres" gewählt. Bei der Rückkehr präsentieren sich die Weltmeisterinnen vom Balkon des Frankfurter Rathauses aus mehreren tausend begeisterten Fans.
Bild: Michael Probst/AP Photo/picture-alliance
Birgit Prinz - dreimal Weltfußballerin
Mit sieben Treffern in sechs Spielen wird Birgit Prinz, die seit 1994 für die DFB-Auswahl aufläuft, Torschützenkönigin der WM. Bis 2011 geht der Superstar für die Nationalmannschaft auf Torejagd und ist mit 128 Treffern Rekordtorschützin. Dreimal in Serie (2003 bis 2005) wird Prinz zur Weltfußballerin gekürt, achtmal zu Deutschlands Fußballerin des Jahres. Heute arbeitet sie als Sportpsychologin.
Bild: picture alliance/dpa
Novum Titelverteidigung
Als erster Nation gelingt es Deutschland, den Frauen-WM-Titel zu verteidigen. Und wie! Die Bilanz des DFB-Teams bei der WM 2007 in China ist kaum zu überbieten: Sechs Siege und ein Unentschieden, 21:0 Tore. Im Finale in der Metropole Shanghai besiegt die Mannschaft um Spielführerin Prinz Brasilien mit 2:0. Seitdem hat das DFB-Team allerdings kein WM-Endspiel mehr erreicht.
Bild: picture alliance / Pressefoto Ulmer
Die ersten Champions-League-Gewinnerinnen
Zu Beginn der Saison 2009/2010 wird aus dem UEFA Women's Cup die UEFA Women's Champions League. Am Ende der Spielzeit triumphiert erneut eine deutsche Mannschaft. Der 1. FFC Turbine Potsdam setzt sich beim Finale in Getafe in Spanien im Elfmeterschießen gegen Olympique Lyon durch - und ist damit zum zweiten Mal nach 2005 Europas beste Vereinsmannschaft.
Bild: Alberto Martin/dpa/picture-alliance
Olympia-Gold in Rio
Zwei Jahre nach dem WM-Sieg des DFB-Männerteams holt erneut eine deutsche Mannschaft einen Titel im legendären Maracana-Stadion von Rio de Janeiro: Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft gewinnt im Finale der Olympischen Spiele 2016 gegen Schweden mit 2:1 und sichert sich damit Gold. Nach drei Bronzemedaillen (2000, 2004, 2008) steht erstmals ein DFB-Frauenteam ganz oben auf dem Olympia-Podest.
Bild: Reuters/U. Marcelino
Silvia Neid - alles gewonnen
Für Bundestrainerin Silvia Neid ist das Olympia-Gold von Rio krönender Abschluss ihrer Karriere. Nachdem sie als Spielerin dreimal Europameisterin und einmal Vizeweltmeisterin geworden war, löst Neid 2005 Bundestrainerin Tina Theune-Meyer ab. Sie führt das Team zum WM-Titel 2007, den EM-Triumphen 2009 und 2013 und schließlich zum Olympiasieg 2016. Dreimal wird Neid als Welttrainerin geehrt.
Bild: Getty Images/F.Coffrini
Durststrecke bei großen Turnieren
Seit Neid ihr Amt als Bundestrainerin aufgegeben hat, ist die Titelsammlung der DFB-Frauen nicht mehr gewachsen. Bei der EM 2017 ist im Viertelfinale Schluss, ebenso bei der WM 2019. Bei der wegen der Corona-Pandemie um ein Jahr verschobenen EURO 2021 in England kommt das deutsche Team mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ins Endspiel, verliert aber unglücklich gegen die Gastgeberinnen.
Bild: Sebastian Christoph Gollnow/dpa/picture alliance
Duell zweier Top-Mannschaften
In den vergangenen Jahren dominieren mit dem VfL Wolfsburg und dem FC Bayern zwei Spitzenteams die Frauen-Bundesliga, wobei Wolfsburg meist die Oberhand behält und mehr Titel sammelt als die Münchenerinnen. Die "Wölfinnen" erreichen als einzige deutsche Mannschaft auch das Endspiel der Champions League, kassieren aber 2016, 2018, 2020 und 2023 jeweils eine Final-Niederlage.
Bild: Michael Memmler/Eibner-Pressefoto/picture alliance
Kaum noch reine Frauen-Vereine
Trend der neueren Zeit ist die Fusion von Frauen-Fußballklubs mit Vereinen, die bei den Männern erfolgreich sind. So spielt der 1. FFC Frankfurt seit 2020 als Frauenabteilung von Eintracht Frankfurt (Foto). Die Frauen profitieren so von besserer Infrastruktur und professionelleren Bedingungen. Reine Frauen-Fußballvereine gibt es in der Bundesliga kaum noch - einzige Ausnahme ist die SGS Essen..
Bild: Jürgen Fromme/firo Sportphoto/picture alliance