Linkshändertag: Musiklegenden, die es mit links tun
Christoph Trost13. August 2018
Kurt Cobain, Jimi Hendrix, Phil Collins: allesamt Musiklegenden - und Links- oder Beidhänder. Über Menschen, die nicht alles nur mit rechts erledigen, gibt es viele Mythen. Wir schauen, was dran ist.
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Berühmte Linkshänder in der Musik
Ob bei Woodstock oder in der Oper: Linkshänder wie Jimi Hendrix und Daniel Barenboim hatten es oft nicht leicht. Diese Musiker zeigen, wie man trotzdem berühmt wird.
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Der weltbeste Gitarrist: Linkshänder
Obwohl sein Vater versucht hatte, ihn "vom Teufel", von der "falschen" Hand, abzubringen, schlug Jimi Hendrix seine Gitarre mit links an. Er aß und schrieb jedoch mit rechts. Hendrix war einer der ersten Rockstars, der die Saiten einer Rechtshändergitarre abzog und sie umkehrte.
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Lord of Heavy Metal
Tony Iommi, Black-Sabbath-Gitarrist, beeinflusste Heavy Metal für Generationen mit seinen schweren Riffs. Iommi spielte immer linkshändig, doch um ein Haar wäre es nicht dazu gekommen: Mit 17 verlor er Mittel- und Ringfingerspitzen bei einem Arbeitsunfall. "Ich blieb einfach bei links und machte mir zwei Plastik-Fingerhütchen", erzählte er 2008 dem Fachmagazin Guitar World.
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Rebell mit jeder Faser
Kurt Cobain, das Idol der Generation X, spielte meist mit links - hier eine Rechtshänder-Gitarre mit umgekehrten Saiten. Bei Nirvana war er der einzige Linkshänder. Auf die Drums schlug er wohl gelegentlich mit rechts ein. Die berühmten letzten Zeilen vor seinem Selbstmord schrieb er ebenfalls mit rechts: "Ich fühle die Leidenschaft nicht mehr... es ist besser auszubrennen als dahinzuwelken."
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Paul McCartney
Kaum ein Instrument, das Sir Paul McCartney nicht beherrscht. Zwar spielt der Songwriter rechtshändig Schlagzeug, doch die meisten seiner Streich- und Zupfinstrumente, wie seinen bekannten Höfner 500/1-Bass, bedient er mit links. Nach der Auflösung der Beatles 1970 machte McCartney solo und mit seiner Band Wings weiter Musik.
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Linkshändige Beatles
Ringo Starr ist ebenfalls Linkshänder. Doch sein Schlagzeug spielt er wie ein Rechtshänder. Jedes Schlagzeug kann für Linkshänder umgestellt werden, dabei muss nur die Anordnung der einzelnen Teile entsprechend gespiegelt werden.
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Popsänger und legendärer Drummer
Ein "wahrer" Linkshänder: Phil Collins isst und schreibt mit links und hat sein Schlagzeug entsprechend eingerichtet. Das bedeutet, er schlägt die Hi-Hat mit links und tritt auch die Bass-Drum mit links. Der Londoner Sänger und Musiker schaffte seinen Durchbruch mit der Progressive-Rock-Band Genesis. In seiner Jugend waren die Beatles seine Idole - er sah also schon früh Linkshänder spielen.
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Tätowiertes Schlagzeugwunder
Die Jungs von Blink-182 gaben dem Genre Punkrock in den späten 1990ern ein neues, poppigeres Gesicht. Travis Barker ist der auffällige und sehr selbstbewusste Drummer der Band - und Linkshänder, also eigentlich durch und durch Nonkonformist. Barker spielt jedoch ein Rechtshänder-Drumset. Und passt sich somit doch dem Mainstream an.
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Die einfallsreiche Linkshänderin
Elizabeth Cotten war eine afroamerikanische Blues-Musikerin. Das Besondere: Sie ist eine der wenigen Musikerinnen von Weltrang, die eine Rechtshänder-Gitarre einfach umdrehte und unverändert ließ. Das heißt, sie spielte die nun unteren Basssaiten mit ihren Fingern und die Melodie mit dem Daumen. Diese Spielweise wird daher "Cotten picking" genannt.
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Schauspielgenie und Hobbymusiker
In "Der Vagabund" (1916) spielt Charlie Chaplin Geige - linkshändig. Auch privat spielte er Geige und Cello wohl recht passabel - und stets linkshändig. "Jede freie Minute vom Studio widmet er sich dem Instrument", hieß es in einer Pressemitteilung von 1918.
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Dirigent der anderen Art
Daniel Barenboim lernte Klavier von den großen Meistern seiner Zeit. Später arbeitete er vor allem als Dirigent. Er ist Mitbegründer des West-Eastern Divan Orchestra, das zu gleichen Teilen aus israelischen und arabischen Musikern besteht. Seit 1992 ist er Generalmusikdirektor der Deutschen Staatsoper Berlin - dort schwingt der Linkshänder den Dirigentenstock mit rechts.
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Man könnte meinen, Links- oder Beidhänder hätten heute keine Probleme mehr mit Diskriminierung, immerhin wird Linkshändigkeit nicht mehr wie früher mit kruden Methoden "korrigiert". Wie sieht es in der Musikszene aus, wo die Hände neben den Ohren das wichtigste Werkzeug sind?
Gibt es nur Rechts- und Linkshänder?
Die Zahlen scheinen für sich zu sprechen: Linkshänder machen zehn bis zwölf Prozent der Menschen aus, der Rest sind Rechtshänder. Doch diese Erhebungen lassen die beidhändigen Menschen aus. Ein Mensch kann durchaus zum Beispiel als Linkshänder geboren werden und lernen mit rechts zu schreiben, wie der legendäre Grunge-Musiker Kurt Cobain. Somit gehörte er zur Gruppe der Beidhänder (Ambidexter). Beidhändern ist es oft ziemlich egal, ob sie mit links oder rechts schreiben - beides geht.
Sind Beidhänder Alleskönner?
Nicht unbedingt. Bei manchen Wissenschaftlern hält sich von ihnen zumindest ein ähnlich negatives Bild wie früher bei Linkshändern. Erst 2006 ergab eine weltweite Studie mit 25.000 Probanden, dass Beidhänder angeblich ein geringeres räumliches Vorstellungsvermögen haben und anfälliger seien für Legasthenie und Hyperaktivität als Menschen mit starken Handpräferenzen. Die Unterstützer dieser These sprechen von "verwirrten Gehirnhälften." Einziger Fakt zu dem Thema ist: Die Händigkeit ist bis heute sehr ungenügend erforscht.
Mit beiden Händen schreiben, spielen und essen können – das muss doch für irgendetwas gut sein?
Gerade bei der Musik sind Beidhänder natürlich klar im Vorteil. Eine Studie der Universität Toledo ergab in den 1990ern, dass es für Streicher besser sei, beidhändig zu sein. Bei Violine, Cello und Co. müssen linke und rechte Hand - also entsprechend die rechte und die linke Gehirnhälfte - eng zusammenarbeiten. Das fällt Menschen besonders leicht, die nicht ihr ganzes Leben entweder Rechts- oder Linkshänder waren.
Viele klassische Musiker werden sogar erst durch die Musik zu Beidhändern. Das fand das Hannover Music Lab bei einer Untersuchung linkshändiger Streicher heraus. Die Wissenschaftler stellten fest, dass ausnahmslos alle Linkshänder Violine und Cello mit rechts bespielen - sonst wird es eng im Orchestergraben. Doch Ausnahmen gibt es: Einer der wenigen klassischen Violinisten, der öffentlich linkshändig spielt, ist der norwegische Musikpädagoge Terje Moe Hansen.
Linkshänder im Orchester müssen sich also der Mehrheit beugen?
Auch mit diesem Mythos hat das Music Lab aufgeräumt. Sicher gibt es einzelne Musiker, die sich beschränkt fühlen durch den Zwang des Orchesters. Doch die Forscher schreiben, dass Linkshänder mit der rechten Hand wesentlich präziser Töne anschlagen können - sie hätten die Schwäche der rechten Hand durch jahrelanges Training wettgemacht. Unter den Streichern gibt es 35 Prozent Linkshänder - wohl kaum würden so viele Linkshänder mit Geigenunterricht anfangen, wenn sie ihr Leben lang dem Zwang der Rechtshänder unterworfen wären. Warum es unter manchen Musikergruppen so viele Linkshänder gibt, ist bis heute unklar.
Und was machen die Linkshänder, die gar nicht mit rechts spielen wollen?
Bei Instrumenten wie Orgel und Klavier haben sie Pech - es gibt sie kaum als reine Linkshänder-Ausführungen. Gitarren, Bässe und Violinen können jedoch in entsprechender Ausführung gekauft werden. Wegen der geringeren Nachfrage sind diese oft teurer, was indirekt wieder zu Diskriminierung führt. Jimi Hendrix, der bekannteste linkshändige Gitarrist, behalf sich selbst: Er zog die Saiten ab und spannte sie in umgekehrter Folge auf seine Gitarre.