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Lis Indien-Besuch im Zeichen der Harmonie

Priya Esselborn21. Mai 2013

Es war eine Reise von hoher symbolischer Bedeutung. Denn die erste Auslandsreise des neuen chinesischen Premiers Li Keqiang führte ihn zum Nachbarn Indien. Das Ziel: Spannungen ab- und neues Vertrauen aufbauen

Der chinesische Premier Li Keqiang (rechts) und Manmohan Singh winken (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Li Keqiang bekräftigte bei seinem Treffen mit dem indischen Premier Manmohan Singh, dass er Vertrauen aufbauen und die Kooperation zwischen beiden Ländern intensivieren möchte: "Weltfrieden und Stabilität in der Region können nicht Wirklichkeit werden, wenn es kein Vertrauen zwischen unseren Ländern gibt. Ohne dass sich Indien und China gemeinsam weiterentwickeln, wird Asien nicht stärker und unsere Welt nicht besser werden." Neben Manmohan Singh traf Li auch den indischen Präsidenten Pranab Mukherjee und die Vorsitzende der regierenden Kongresspartei, Sonia Gandhi.

Lis Besuch erfolgt nur wenige Wochen nach einer Eskalation an der umstrittenen Grenze zwischen den Regionalmächten. Nach Angaben der indischen Behörden rückten Mitte April chinesische Truppen 19 Kilometer auf indisches Staatsgebiet vor und errichteten im Nordosten von Kaschmir ein Militärlager. Drei Wochen lang standen sich indische und chinesische Truppen auf nur 300 Metern Auge in Auge gegenüber. Nach langwierigen Verhandlungen zogen beide Seiten ihre Truppen zurück, um - dem Vernehmen nach - den Besuch des chinesischen Premiers in Indien nicht zu gefährden.

Diplomatische Behandlung des Grenzstreits

Li und Singh vereinbarten bei ihren Gesprächen, dass es mehr diplomatischen Austausch über Probleme an der 4.000 Kilometer langen Grenze geben müsse. In Kürze wird der indische Sicherheitsberater Shivshankar Menon zu Gesprächen über die Grenzfrage in Peking erwartet. Noch immer hängt der Schatten des Krieges von 1962 über beiden Ländern, dessen Auslöser der nie geklärte Grenzverlauf war. China beansprucht noch heute fast 90.000 Quadratkilometer Land im indischen Bundesstaat Arunachal Pradesh. Genauso beansprucht Indien die fast 40.000 Quadratkilometer große strategisch wichtige Aksai-Chin-Region nordöstlich von Kaschmir.

Die Grenzfrage sollte jedenfalls keinen Schatten auf den Besuch werfen. Chinaexperte Sujit Dutta aus Neu Delhi sieht Keqiangs Auftritt in Indien als eine Art Charmeoffensive. "Mir schien es fast, als ob der chinesische Premier Wahlkampf für Singh macht, da ja 2014 Wahlen in Indien sind", so Dutta gegenüber der Deutschen Welle. Singh und Li hätten vor allem über ihre Gemeinsamkeiten gesprochen und vermieden, über die Differenzen zwischen beiden Ländern zu reden.

Handel im Fokus

Sie vereinbarten auch, den Handel zwischen beiden Ländern anzukurbeln. 2015 soll das Handelsvolumen 100 Milliarden Dollar betragen, derzeit sind es nur etwa 66 Milliarden Dollar. "China und Indien sind Länder mit riesigen Märkten, die ein großes Wachstumspotenzial bieten", sagte Li Keqiang in Neu Delhi. Ähnlich sieht es auch Haiyan Wang vom China-Indien-Institut in Washington: "Beide Länder können profitieren. Obwohl Indien derzeit ein Handelsdefizit im Handel mit China hat, können die billigen Importe aus China helfen, Kapital aufzubauen, das Indien dringend benötigt, um seine Infrastruktur und seine verarbeitende Industrie auszubauen."

Die indischen Medien konnte der neue chinesische Premier Li Keqiang schon einmal für sich gewinnen: In einem Kommentar lobt die einflussreiche Zeitung "Indian Express" den chinesischen Premier als "gebildet und Repräsentant einer neuen Generation, der keiner vorgefertigten Meinung folgt". Ähnlich sieht es auch die "Hindustan Times". Sie schreibt: "Anders als seine Vorgänger ist Li nicht unzugänglich, sondern fast schon überschwänglich und offen im Umgang. Natürlich geht es auch bei ihm ums Geschäft, aber er versucht immer, eine freundliche Note zu finden."

China-Indien-Pakistan

Nach seinem Besuch in Indien reist Li weiter nach Pakistan. Indiens Erzfeind pflegt seit jeher sehr enge Beziehungen zu China und importiert einen Großteil seiner Waffen von dort. Indien setzte dagegen immer auf Russland als strategischen Verbündeten. China-Experte Sujit Dutta glaubt, dass in einer multipolaren Welt die alten Koalitionen aufbrechen und die Kräfteverhältnisse in der Region neu sortiert werden. Dennoch werde der Indien-Besuch von Li Keqiang in Pakistan genau beobachtet, so Dutta: "Die USA, Deutschland oder Frankreich haben keine Probleme, Waffen an Pakistan und Indien zu verkaufen, die beide dazu benutzen könnten, sich gegenseitig anzugreifen. Man sieht, dass China und Russland ähnlich handeln. So nähern sich Pakistan und Russland inzwischen immer mehr an." Die indisch-chinesische Annäherung soll demnächst durch den Besuch von Verteidigungsminister A. K. Anthony in Peking weiter intensiviert werden.

Die Bündnispolitik am Arabischen Meer wird unübersichtlicherBild: Asif Hassan/AFP/Getty Images
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