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Lisa in Uganda

Sarah Judith Hofmann 20. September 2015

Mit Afrika fühlt sie sich verbunden. Deutschland - weit weg. Lisa Zeumer ist als "weltwärts"-Freiwillige in einem kleinen Dorf in Uganda. Heimweh? Fehlanzeige.

Generation 25 - Lisa Zeumer EINSCHRÄNKUNG
Bild: Lisa Zeumer

Seit Januar 2015 ist Lisa Zeumer in Uganda, mit "weltwärts", dem Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Wir versuchen mit ihr eine Skype-Verbindung aufzubauen. Es klingelt, doch nach wenigen Sekunden bricht die Leitung wieder ab. Wir versuchen es noch einmal – und können Lisa zwar hören, aber nur schemenhaft erkennen. Der Ton ist zeitversetzt, die Internetverbindung ist schwach. Doch wir geben nicht auf: Lisa wechselt den Raum. Beim dritten Versuch klappt es. Wir hören und sehen sie. Protokoll eines Skype-Gesprächs.

Deutsche Welle: Die Internetverbindung steht. Danke! Ich sehe dich. Wie geht es dir?

Lisa Zeumer: Mir geht's ganz gut, ich fühl mich wohl in Uganda.

Wo bist du gerade?

Ich bin gerade in Kampala, in der Hauptstadt von Uganda, und sitze jetzt in einer kleinen Kunstgalerie, in der ich ganz gerne in meiner Freizeit bin.

Was hast du heute gemacht?

Zurzeit habe ich Urlaub. Ansonsten bin ich in Kampala im Hauptbüro des Katosi Development Trust, einer NGO, mit der ich hier zusammenarbeite. Ich schreibe Proposals, Berichte, mache Recherchen, unterstütze also die ganze Büroarbeit. Aber eigentlich bin ich überwiegend in Katosi. Das ist ein ganz kleiner Ort am Viktoriasee. Ein Fischerdorf, ungefähr zweieinhalb Stunden von Kampala mit dem Taxi entfernt. Dort arbeite und lebe ich hauptsächlich.

Kannst du uns beschreiben wie das war, als du das erste Mal nach Katosi gekommen bist?

Lisa Zeumer im DW-Skype-Interview

00:53

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War das ein Kulturschock für dich aus Deutschland nach Katosi zu kommen?

Es ist natürlich schon alles ein bisschen anders als ich das aus Deutschland gewohnt bin. Aber nachdem ich in Uganda angekommen bin, habe ich die ersten zwei Monate erst einmal in der Hauptstadt Kampala gelebt. Durch Workshops habe ich erste Kontakte mit den Frauen aus Katosi knüpfen können. Ich konnte mich also langsam an die Umgebung gewöhnen. Als ich dann nach Katosi gezogen bin, war es dann kein Schock mehr.

Wie lebst du dort? Kannst du uns das beschreiben?

Lisa Zeumer im DW-Skype-Interview

01:18

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Gibt es etwas, das du aus Deutschland vermisst?

Tatsächlich muss ich sagen: Was materielle Sachen angeht, fehlt mir gar nichts.

Was genau machst du dort in Katosi?

Ich arbeite mit Grundschulen und verschiedenen Sanitation-Clubs zusammen. Das heißt, wir versuchen die Kinder für gute Hygieneverhaltensweisen zu sensibilisieren. Bringen ihnen bei, wie man sich richtig die Hände wäscht. Und dann ist ein ganz großer Schwerpunkt noch die Arbeit mit den verschiedenen Frauengruppen.

Lisa Zeumer im DW-Skype-Interview

00:49

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Wie haben die Frauen von Katosi dich aufgenommen?

Ich bin mit offenen Armen empfangen worden. Auch in den Workshops ist sehr großes Interesse da und sehr viel Wissbegierde. Es macht unwahrscheinlich viel Spaß mit den Frauen zusammenzuarbeiten.

Was sind das für Frauen?

Es gibt wahnsinnig viele starke Frauen in Katosi, die mich wirklich beeindrucken. Es gibt Frauen, die arbeiten zum Beispiel als Lehrerinnen an der Schule, verdienen aber trotzdem nicht genug, um sich und ihre Kinder ernähren zu können. Sie suchen sich dann nebenbei noch andere Jobs und haben dann trotzdem noch Zeit, um ehrenamtlich was zu machen. Es gibt andere Frauen, die haben gar nichts und müssen schauen, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Trotzdem nehmen sie noch Waisenkinder auf und schaffen es irgendwie, ihnen die Schulgebühren zu bezahlen.

Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Jahr lang als Freiwillige wegzugehen?

Ich habe studiert und bin Sozialarbeiterin von Beruf. In Deutschland habe ich auch schon eine Weile gearbeitet. Aber ich hatte immer schon so ein bisschen den Drang in die Welt der Entwicklungszusammenarbeit reinzuschnuppern und dachte mir, dafür ist "weltwärts" eine gute Gelegenheit. Ich habe mich dann im Internet auf die Suche gemacht und bin auf die Arbeit hier mit den Frauen in Katosi gestoßen. Ich habe auch schon beim Sozialen Dienst vom Jugendamt mit Frauen und Kindern gearbeitet. Und es war schon relativ lange in meinem Kopf gewesen, dass ich auf jeden Fall auch noch mal für ein Jahr in irgendein afrikanisches Land gehen möchte. Ich fühle mich mit Afrika einfach so ein Stück verbunden. Ich fühle mich hier einfach wohl.

Kannst du dir vorstellen, länger in Uganda zu bleiben?

Definitiv. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen hier auch länger zu leben. Aber konkrete Pläne habe ich noch nicht.

Blick auf Katosi, UgandaBild: Lisa Zeumer

Hast du davor Angst, dir, wenn du zurückkommst, einen neuen Job suchen zu müssen?

Angst nicht wirklich. Aber ja, man muss schon gründlich auch darüber nachdenken, wie geht es danach weiter. Ich habe meinen Bachelorabschluss gemacht und denke jetzt auch darüber nach, ob ich vielleicht danach doch noch einen Master mache. Ich sehe da noch einige Möglichkeiten, wie es nach Uganda weitergehen könnte.

Hast du ein berufliches Ziel, das du erreichen möchtest?

Beruflich ein Ziel könnte schon sein, dass ich weiter in dem Bereich Entwicklungszusammenarbeit oder mit NGOs weiterarbeite.

Empfindest du dieses Jahr in Uganda in erster Linie als eine Bereicherung für dich persönlich oder glaubst du, dass du vor Ort tatsächlich etwas ausrichten kannst?

Ich hoffe sehr, dass es beidseitig ist. Ich glaube auf jeden Fall, dass es für mich eine sehr große Bereicherung ist, aber möchte natürlich erreichen, dass meine Arbeit auch eine Bereicherung für Katosi ist. Und dass ich ein Stück weit dazu beitrage, dass die Frauen unabhängig ihren Lebensunterhalt verdienen können. Ich glaube schon auch, dass ich hier etwas bewegen oder zumindest Menschen unterstützen kann.

Wichtig ist dabei doch sicher auch, dass man die Sprache spricht. Sprichst du mittlerweile Luganda?

Ein bisschen. Natürlich nicht perfekt. Ich kann mich im Alltag verständigen, aber noch nicht über jedes Thema unterhalten. Aber es wird hier sehr geschätzt, wenn man sich bemüht, die lokale Sprache zu sprechen.

Was haben deine Eltern dazu gesagt, als du ihnen mitgeteilt hast: Ich bin jetzt mal weg – ein Jahr in Uganda?

Meine Eltern haben mich unterstützt, auch in dem Vorhaben ein Jahr nach Uganda zu gehen, aber natürlich ist es für Eltern auch nicht so einfach, das Kind gehen zu lassen.

Du bist 1989 – im Jahr des Mauerfalls und kurz vor der Deutschen Einheit - in Sangershausen, unweit von Leipzig geboren. Deine Eltern konnten, als sie jung waren, noch nicht die Welt bereisen oder etwa einen Freiwilligendienst in Uganda machen. Hast du mit ihnen auch darüber gesprochen?

Lisa Zeumer im DW-Skype-Interview

00:30

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Nimmst du es also als Privileg wahr, dass du in die Welt hinaus kannst?

Für mich ist Reisefreiheit und auch Freiheit generell ein großes Privileg. Das ist mir durchaus bewusst.

Ist das für dich noch relevant, im ehemaligen Osten geboren und aufgewachsen zu sein?

Für mich persönlich spielt das keine wirkliche Rolle, wo jemand herkommt - aus dem Osten oder Westen oder Neue oder Alte Bundesländer. Aber ich glaube auch nicht, dass dieses Thema schon ganz vorbei ist. Ich erlebe schon, dass das für manche immer noch eine Rolle spielt.

Hörst du manchmal noch die Bezeichnung „Ossi“ oder „Wessi““?

Die Bezeichnung hört man schon noch. Ich selbst vermeide es, sie zu verwenden. Ich weiß halt auch nicht, warum man sich gegenseitig noch so nennen muss. Wir sind seit 25 Jahren ein vereintes Deutschland. Warum sollte ich mich noch von jemandem unterscheiden, der aus Sachsen-Anhalt oder aus Hessen kommt? Das macht für mich keinen Unterschied.

Hast du manchmal Heimweh?

Heimwehgefühl? Nein. Wirklich nicht. Aber natürlich gibt es Situationen, in denen ich Familie und Freunde vermisse. Aber ein Heimwehgefühl habe ich nicht. Ich bin hier auch nie unglücklich. Und das Internet ist eine sehr nette Geschichte, um mit den Lieben zu Hause in Kontakt zu bleiben, ob das Familie ist oder Freunde.

Du wirst noch bis Ende Dezember in Uganda bleiben. Kannst du jetzt – nach etwas mehr als einem halben Jahr dort – schon sagen, was du aus dieser Zeit mitnehmen wirst?

Ich denke, ich lerne hier noch jeden Tag. Ich habe auf jeden Fall Einblicke bekommen in eine wirklich professionell arbeitenden Nichtregierungsorganisation. Und auch, dass ich in einer unbekannten Umgebung zurechtkomme. Vielleicht auch, manche Dinge mit etwas mehr Ruhe und Gelassenheit anzugehen. Und auch ein bisschen erfinderisch zu sein. Das können die Frauen hier sehr gut. Aber ich glaube, was ich wirklich mit nach Hause nehmen werde an Erfahrungen, das wird mir wahrscheinlich erst hinterher bewusst.

Auch eine Freiwillige braucht mal Urlaub: Lisa Zeumer bei ihrem letzten Ausflug an den exakten Punkt des ÄquatorsBild: Lisa Zeumer

Gibt es einen Moment, von dem du denkst, dass du dich daran erinnern wirst?

Ende Juli haben wir in einem Workshop Energiesparöfen gebaut. Das Interesse war wahnsinnig groß und wir haben innerhalb von zwei, drei Stunden neun solcher kleiner Öfen gebaut. Das werde ich so schnell nicht vergessen.

Was steht als nächstes an für dich in Uganda?

Ich möchte eigentlich noch viel schaffen. Ich würde so gerne ein Programm für die Sanitation-Clubs mit entwickeln, damit die Inhalte auch weitervermittelt werden können, wenn kein Freiwilliger mehr hier ist. Ich will das Ganze auch ein bisschen nachhaltig gestalten. Puh. Ich weiß gar nicht, ob ich das alles noch schaffe.

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