Was bei der Asylpolitik nicht rund läuft
8. Mai 2015Anzeige
- Die Asylverfahren dauern zu lange. Im Koalitionsvertrag steht geschrieben, ein Verfahren sollte nicht länger als drei Monate dauern. Derzeit sind es aber durchschnittlich fünf bis sechs Monate. Das ist zwar schon viel kürzer als noch vor einem Jahr, soll aber noch beschleunigt werden. Es gibt die Forderung aus den Reihen der Bundesländer, dass der Bund die Kosten für die Dauer des gesamten Asylverfahrens tragen soll - wenn er schon nicht dafür sorgt, dass die Verfahren nur die versprochenen drei Monate dauern.
- Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg, das in allen Erstaufnahmelagern mit Mitarbeitern vor Ort ist, fehlt Personal. Zwar hat der Bund für dieses Jahr rund 300 neue Stellen versprochen. Doch das reicht wohl nicht angesichts der immer stärker steigenden Zahl von Asylbewerbern. Außerdem hatte der Bund den Ländern für dieses und das kommende Jahr eine halbe Milliarde mehr Mittel versprochen, die auch an die Kommunen gehen sollen. Doch als die Zusage kam, ging der Bundesinnenminister von 300.000 Asylbewerbern aus - inzwischen aber werden es 2015 wohl 450.000 werden.
- Im ersten Quartal des Jahres kam fast jeder zweite Asylbewerber aus dem West-Balkan. Die Chancen auf Asyl in Deutschland sind aber für diese Menschen sehr schlecht: Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina gelten seit November 2014 als sogenannte sichere Herkunftsstaaten. Zwar wird jeder Asylantrag individuell entschieden, aber Menschen aus diesen Staaten können in den meisten Fällen nicht auf politisches Asyl hoffen. Dennoch kostet die Bearbeitung der Anträge Zeit und Geld. Die Asylbewerber durchlaufen das normale Verfahren, werden in den Kommunen untergebracht - wohl wissend, dass sie eigentlich sowieso keine Chance auf Asyl haben.
- Besonders viele Asylbewerber kommen derzeit auch aus dem Kosovo und aus Albanien. Die CDU drängt darauf, auch diese Länder zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Doch das müsste der Bundesrat mittragen, was aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer derzeit nicht so einfach durchzusetzen ist.
- Abgelehnte Asylbewerber müssten eigentlich umgehend abgeschoben werden. Aber auch da hakt es. Zum einen kostet die Rückführung Geld und bedeutet für die Kommunen erheblichen Aufwand. Zum anderen haben mehrere SPD-regierte Bundesländer zuletzt einen sogenannten Wintererlass verabschiedet - zum großen Ärger der Landkreise. Asylbewerber aus Serbien durften während des Winters - trotz abgelehntem Antrag - nicht abgeschoben werden.
- Da die Kommunen in den meisten Bundesländern die Kosten für die Asylbewerber tragen müssen, zahlen diese auch für die Versäumnisse des Bundes und der Länder. Ausnahmen sind die Städte und Gemeinden in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. Hier zahlen die Länder nahezu die gesamten Kosten. Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg wollen diesem Beispiel folgen. Beim Flüchtlingsgipfel aber sitzen die Kommunen nicht mit am Tisch. Wie man sieht, werden deren Interessen aber nicht in allen Bundesländern gut vertreten.
- In den Kommunen müssen Unterkünfte gefunden oder gebaut werden. Doch in vielen Städten ist der Wohnraum sowieso schon knapp. Und auf dem Land gibt es in vielen Kommunen Widerstände gegen Asylbewerberheime, wenn in einem Ort mit 130 Einwohnern 100 Asylbewerber untergebracht werden sollen. Nicht überall gibt es also die angedachte Willkommenskultur.
- Flüchtlingsorganisationen, Kirchen und Sozialorganisationen kritisieren, dass es an der wohl wichtigsten Integrationsmaßnahme mangelt: dem Erlernen der deutschen Sprache. Entsprechende Kurse sollten von Anfang an angeboten werden. Denn nach der Aufnahme von Flüchtlingen und dem Asylverfahren folgt die eigentliche Integrationsarbeit. Ohne Deutschkenntnisse aber haben es die Menschen ausgesprochen schwer auf dem Arbeitsmarkt.
- Viele Kommunen sind überschuldet. Die Kosten für die Asylbewerber und die Integration lassen sich also nicht so einfach aus der Portokasse zahlen. Dafür muss an anderer Stelle gestrichen werden, wie jüngst Berlins Regierender Bürgermeister ankündigte.
- Die Zahlen an Asylbewerbern werden wohl in der kommenden Zeit nicht sinken. Aus dem herrschenden Krisenmodus müsste also ein tragbarer Regelmodus gefunden werden, wie jüngst der Präsident des Deutschen Städtetages forderte.
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