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Litauen wählt am 22. Dezember einen neuen Präsidenten

16. Dezember 2002

- Valdas Adamkus kann Wahlkampfstellung weiter festigen

Vilnius, 12-18.12.2002, THE BALTIC TIMES, engl., Matt Kovalick

Weniger als zehn Tage, bevor die Litauer am 22. Dezember zur Wahlurne schreiten, hat der amtierende Präsident Valdas Adamkus im Rennen um den Posten des litauischen Präsidenten seine Führung weiter festigen können. "Adamkus ist im Wahlkampf klar vorn - sein stärkster Rivale könnte (Parlamentspräsident) Arturas Paulauskas werden", sagt Jurate Novagrockiene, Dozentin am Institut für Internationale Beziehungen und Politikwissenschaften. Die Popularität von Adamkus habe wegen der Einladung in die NATO und nach dem erfolgreichen Besuch des US-Präsidenten George Bush zugenommen, sagt sie.

Am selben Tag werden die Wähler auch über die kommunale Führung abstimmen. Insgesamt stehen 1560 Sitze in den Kommunalräten von 60 Wahlkreisen zur Verfügung.

Nach einer letzten Umfrage von Baltic Surveys werden 33,5 Prozent der Befragten für Adamkus, 11,8 für Paulauskas und 9,5 Prozent für den ehemaligen Vorsitzenden der Liberaldemokraten Rolands Paksas stimmen. Für die übrigen 14 Präsidentschaftskandidaten sprachen sich sechs Prozent und weniger aus.

Um die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen, muss der Kandidat mehr als 50 Prozent aller Stimmen für sich verbuchen. Ist dies nicht der Fall, gibt es eine Wahlwiederholung, die am 9. Januar stattfinden würde.

"Adamkus - der einsame Wolf - liegt heute mit 20 Punkten vor Paulauskas in Führung. Das war aber vor fünf Jahren schon so", sagt Alvidas Lukosaitis, ebenfalls Dozent am Institut für Internationale Beziehungen der Vilniuser Universität.

1997 hatte der Wettbewerb zwischen Adamkus und Paulauskas eine zweite Wahlrunde zur Folge, bei der dann Adamkus mit weniger als einem Prozent in Führung war. In diesem Jahr gibt es zwei mögliche Szenarien: Adamkus siegt im ersten Anlauf oder es gibt eine Stichwahl gegen Paulauskas.

Alexsandras Matonis vom Baltic News Service sagte, die 15 bis 20 Prozent der unentschiedenen Wähler könnten in der ersten Wahlrunde wahlentscheidend sein, wenn sie für Adamkus stimmen.

Jurante Novagrockiene erklärte, Adamkus sei auch wegen der letzten außenpolitischen Erfolge im Vorteil. Ihm komme zugute, dass er nicht parteigebunden sei und daher als Politiker angesehen werde, der die gesamte Bevölkerung repräsentiert und in der Lage ist, sich über politische Streitereien hinwegzusetzen. Einst ebenfalls Emigrant, wird er für jemanden gehalten, dessen einziges politisches Ziel es ist, dem Staat und dem Volk zu helfen, ohne dass private oder Gruppeninteressen hinter ihm stehen, die ihn dazu veranlassen, diesen Posten anzustreben.

Obwohl der Wettbewerb um das höchste Amt in Litauen unspektakulär verläuft, so wollen nach Lukosaitis' Worten etwa 70 Prozent der Bevölkerung zur Wahlurne schreiten (...). Lukosaitis rechnet mit einer Wahlbeteiligung zwischen 65 und 70 Prozent. 1992 waren es 75 Prozent, 1997, bei den letzten Präsidentschaftswahlen 71 Prozent. Bei Kommunalwahlen liegt die Wahlbeteiligung in der Regel bei 45 Prozent.

Ursprünglich waren die Kommunalwahlen für 2003 anberaumt worden, der Seimas (Litauens Parlament) beschloss jedoch, die Wahlen genau am Tag der Präsidentschaftswahlen abzuhalten. "Diese Änderung könnte positive Auswirkungen haben und zu einer höheren Wahlbeteiligung führen", meint Novagrockiene. (...)

Die liberalen Kandidaten würden wohl am besten in Klaipeda und Vilnius abschneiden, sagt Lukosaitis. Die Sozialdemokraten haben ihre Bastionen in kleineren Städten und Dörfern, während die Polen-freundlichen Kandidaten in den Außenbezirken des Gebietes Vilnius und im Süden - beispielsweise in Salcininkai - die meisten Stimmen erhalten. Kaunas und die angrenzenden Gebiete entscheiden sich in der Regel für die konservativen Kandidaten. (...)

Im Wahlkampf ging es bisher nicht ohne Probleme ab. In der vergangenen Woche strich das Nationale Wahlkomitee 80 Kandidaten für die Kommunalwahlen von der Liste, weil sie nicht angegeben hatten, dass sie Straftaten begangen haben. Dies könnte nach Novagrockienes Worten das Vertrauen der Bevölkerung in die Politiker weiter sinken lassen.

Der Vorsitzende der litauischen Christdemokraten Kazys Bobelis hat im Wettlauf um das Präsidentenamt wegen eines Disputs um die Rechtmäßigkeit seiner Staatsangehörigkeit an Glaubwürdigkeit und Unterstützung eingebüßt. Bobelis erklärte, er habe seine amerikanische Staatsbürgerschaft vor zehn Jahren aufgegeben, seine letzten Zerwürfnisse mit dem Wahlkomitee haben aber zu einem Einbruch des Wählervertrauens geführt, meint Matonis.

Der Vorsitzende der Liberaldemokraten Rolandas Paksas kam erstmals in den Medien unter Beschuss, nachdem er Gemeindepriestern Weihnachtsgrüße übermittelt hatte mit der gleichzeitigen Bitte, seine Weihnachtsbotschaft an die Gemeindeangehörigen weiterzugeben. Einen Skandal hatte es bereits zuvor gegeben. Es ging dabei um eine Million Lit an Spenden der Gesellschaft Avia-Baltica, die Paksas angenommen haben soll.

Unter den 17 Kandidaten für das Präsidentenamt sind zwei Brüder, ein Australien-Litauer, ein umstrittener Bürgermeister von Kaunas und sogar ein TV-Star. Vytautas Serenas ist Gastgeber der nächtlichen Politsatire-Show "Dviracio Zynios", die gewöhnlich Kandidaten auf die Schippe nimmt, zu denen er nun selbst gehört. Dieser Comedy-Akteur ist Doktor der Wirtschaftswissenschaften und erfreut sich der Unterstützung von vier Prozent der Bevölkerung - das ist mehr als eine Reihe "ernsthafter" Kandidaten vorweisen kann. "Er ist anders als andere, und das ist das Interessante. Die Leute mögen ihn als Kandidaten", sagt Novagrockiene. (TS)