1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Litauisches Parlament setzt Präsident Paksas ab

6. April 2004

Der litauische Präsident Rolandas Paksas (47) ist vom Parlament abgesetzt worden. Die Abgeordneten werfen ihm Verfassungsbruch und Vetternwirtschaft vor. Paksas verliert alle Privilegien eines ehemaligen Staatschefs.

Weigerte sich, freiwillig zu gehen: Rolandas PaksasBild: AP

Die Abgeordneten in Litauens Parlament haben sich am Dienstag (6.4.2004) mit großer Mehrheit für die Amtsenthebung des Staatschefs ausgesprochen. Sie waren zu dem Schluss gekommen, dass Paksas einem russischen Geschäftsmann mit möglichen Beziehungen zum organisierten Verbrechen zur litauischen Staatsbürgerschaft verholfen hat. Außerdem wurde er beschuldigt, Staatsgeheimnisse preisgegeben und sich im Amt bereichert zu haben.

Premiere

Es war das erste Amtsenthebungsverfahren in der Geschichte der jungen baltischen Republik. Paksas führte den baltischen Staat seit Februar 2003. Litauen ist seit Anfang März NATO-Mitglied und tritt zum 1. Mai der EU bei.

An der Abstimmung nahmen 116 der 141 Mitglieder des Parlaments teil. Über die drei verschiedenen Vorwürfe gegen Paksas wurde getrennt abgestimmt. Für die Amtsenthebung notwendig waren jeweils 85 Stimmen. Diese Stimmenzahl wurde in allen drei Durchgängen knapp überschritten.

Urteil des Verfassungsgerichts

Zuvor hatte bereits das Verfassungsgericht des Landes befunden, der Staatschef habe dreimal gegen die Verfassung verstoßen und seinen Eid gebrochen. Es kritisierte, dass Paksas dem Hauptfinanzier seines Wahlkampfes, Borisow, eigenmächtig die litauische Staatsangehörigkeit verliehen habe. Paksas habe Borisow darauf hingewiesen, dass er vom Geheimdienst abgehört werde. Schließlich habe er versucht, bei einer Teilprivatisierung Geschäftspartner und Freunde zu begünstigen. Drei andere Vorwürfe wurden als nicht bewiesen oder nicht verfassungswidrig zurückgewiesen.

Paksas hatte vor der Abstimmung im Parlament bereits angekündigt, er werde bei Neuwahlen, die nach seiner Absetzung nötig werden, wieder antreten. Dies ermöglicht ihm eine Gesetzeslücke. Bei einer Bewerbung hat er laut Medienberichten einige Chancen auf eine Wiederwahl.

Folgen der Amtsenthebung

Sollte er nicht wieder gewählt werden, muss sich Paksas wohl nach einer neuen Einkommensquelle umschauen. Denn aufgrund der Amtsenthebung verliert er alle Rechte auf Privilegien und Einkünfte eines ehemaligen Staatschefs. Diese hätte er für sich nur retten können, indem er vor der Amtsenthebung zurückgetreten wäre. (mas)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen