Seit dem Rückzug mehrerer Mitglieder ist die Schwedische Akademie, die seit 1901 den Literaturnobelpreis vergibt, nicht mehr beschlussfähig. Jetzt ändert das Königshaus jahrhundertealte Regeln.
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Die Krise innerhalb der Schwedischen Akademie, die für die Vergabe des Literaturnobelpreises zuständig ist, zwingt Carl XVI. Gustaf zum Handeln. Wie das schwedische Königshaus am Mittwoch (18.04.2018) mitteilte, sollen die jahrhundertealten Statuten geändert werden, um die Jury wieder beschlussfähig zu machen.
Bisher wurden die 18 Sitze innerhalb der Schwedischen Akademie auf Lebenszeit vergeben und eine Neubesetzung ausgeschlossen. Um den Wiederaufbau des Gremiums zu ermöglichen, würden die Statuten um Regeln zum Austritt aus der Akademie ergänzt. So soll es künftig nicht nur möglich sein, die Sitze zurückgetretener Mitglieder neu zu besetzen, sondern auch Mitglieder, die seit zwei Jahren nicht aktiv mitgearbeitet haben, zu ersetzen.
Erste Rücktritte in den 1980er Jahren
Nach dem Rückzug von fünf Mitgliedern in den vergangenen Wochen bestand das Gremium nur noch aus elf statt der üblichen 18 aktiven Teilnehmer. Denn bereits im Jahr 1989 hatten zwei Mitglieder die Arbeit eingestellt, weil sich die Akademie weigerte, die Todesdrohungen gegenüber Salman Rushdie von Irans geistlichem Oberhaupt Ayatollah Khomeini zu verurteilen.
Das Königshaus erklärte nun, die Zahl der inaktiven Mitglieder sei so groß, "dass das ernsthaft die Fähigkeiten der Akademie gefährdet, ihre wichtigen Aufgaben zu erfüllen."
Der Literaturnobelpreis: Wie funktioniert die Vergabe?
Im Dezember zeichnet die Schwedische Akademie erneut einen herausragenden Schriftsteller mit dem höchsten Literaturpreis aus. Wir erklären, wie sie dabei vorgeht.
Die Entscheiderin: die Schwedische Akademie
1786 nach dem Vorbild der Académie française von König Gustav III. gegründet, um die schwedische Sprache und Literatur zu fördern, vergibt die Schwedische Akademie seit 1901 den Literaturnobelpreis. De Aderton (dt. Die Achtzehn) - wegen der 18 Sitze - trifft ihre Entscheidung immer im Oktober. Die Verleihung der begehrten Medaille findet am 10. Dezember, an Alfred Nobels Geburtstag, statt.
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Langwieriger Prozess
Mitglieder der Akademie sind schwedische Schriftsteller, Literatur- und Sprachwissenschaftler, Historiker sowie ein berühmter Jurist. Ernannt werden sie auf Lebenszeit. Zwischen der Vergabe des Nobelpreises und den ersten Vorbereitungen liegt mehr als ein Jahr. Die erste Amtshandlung in dem Prozess vollzieht das Nobelkomitee in der Regel im September des Vorjahres...
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Der Gehilfe: das Nobelkomitee
...dann verschickt es rund 700 Nominierungsformulare an "qualifizierte Individuen und Organisationen", zu denen u.a. Mitglieder der Literaturnobelpreis-Akademie, frühere Preisträger oder Literaturwissenschaftler zählen. Das Komitee besteht aus sechs Mitgliedern, die für einen Zeitraum von drei Jahren aus den Reihen der Akademie gewählt werden. Vorsitzender ist der Autor Per Wästberg (Bild).
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Die Auslese
Sämtliche Formulare, die bis Ende Januar beim Komitee eingegangen sind, werden mithilfe zusätzlicher Experten genau evaluiert. Bis April wird der Kreis möglicher Anwärter auf den Literaturnobelpreis durch das Komitee bereits auf 15-20 Kandidaten begrenzt, einen Monat später bleiben nur noch fünf Kandidaten übrig. Ab diesem Zeitpunkt übernimmt die Akademie...
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Lesen, diskutieren, entscheiden
...sie erhält nun vom Komitee die Liste mit den fünf Kandidaten der engeren Auswahl. Damit geht der Vergabe-Prozess in seine heiße Phase: Im Sommer lesen und beraten sich die Akademie-Mitglieder, schreiben ihre Berichte und sprechen im September vor allem über die literarischen Verdienste der Anwärter. Fehlt nur noch die Abstimmung...
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Am Ziel: Bekanntgabe und Preisverleihung
Anfang Oktober stimmt die Akademie ab und verkündet das Ergebnis. Durchgesetzt hat sich derjenige Kandidat, der über die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Im vergangenen Jahr durfte sich der japanisch-stämmige britische Autor Kazuo Ishiguro über die mit acht Millionen schwedischen Kronen (rund 800.000 Euro) dotierte Auszeichnung freuen. Die übrigen Nominierten bleiben 50 Jahre geheim.
Beschlussunfähig wurde die Nobelpreis-Jury mit dem Rückzug dreier Mitglieder aus der Akademiearbeit nach einem Skandal um das Mitglied Katarina Frostenson. Ihr wird vorgeworfen, Gelder veruntreut und Namen künftiger Literaturnobelpreisträger weitergegeben zu haben. Ihrem Ehemann, einem einflussreichen Funktionär des schwedischen Kulturbetriebs, wurden zudem sexuelle Übergriffe vorgeworfen, von denen sich die Mehrzahl allerdings als nicht justitiabel erwies. Ein Verfahren, mit dem Frostenson aus der Akademie ausgeschlossen werden sollte, scheiterte zunächst. Inzwischen hat sie ihre Arbeit freiwillig niedergelegt.
Auch die Ständige Sekretärin Sara Danius trat zurück. Die erste weibliche Vorsitzende des Gremiums war wegen ihres Umgangs mit dem Skandal und der nicht erfolgten personellen Konsequenzen in die Kritik geraten. Ihr Rückzug sei der Wille der Akademie gewesen, erklärte sie. Der schwedische König, hoher Beschützer der Akademie, bezeichnete die Geschehnisse bereits vor Danius' Rücktritt als "eine traurige Entwicklung". Seine Hoffnung auf eine mittelfristige Lösung der Probleme blieb allerdings aus.