Die Schwedische Akademie hat sich entschieden, die Vergabe des Literaturnobelpreises in diesem Jahr auszusetzen - als Folge einer Reihe von Skandalen. Jetzt ist eine Neubesetzung der Jury möglich geworden.
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Skandale rund um die Literaturnobelpreis-Akademie
Im Jahr 2018 war er wegen eines Korruptions- und Missbrauchsskandal in der Jury ganz ausgefallen. Doch auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Probleme rund um die Verleihung des wichtigsten Literaturpreises.
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Wollte nicht reden: Bob Dylan
Als erster Musiker erhielt 2016 Bob Dylan den Nobelpreis für Literatur. Die Musikwelt feierte ihn dafür. Doch Dylan distanzierte sich und schien wenig interessiert an der hohen Auszeichnung zu sein. Er sagte seine Teilnahme an der Preisverleihung ab und schickte auch keine Rede zum Verlesen. Im März 2017 kam er dann doch kurz in Stockholm vorbei und holte sich seine Medaille.
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Späte Ehre für den Erstling: Thomas Mann
Als Thomas Mann 1929 den Preis bekam, war es nicht etwa für seinen gerade erschienenen "Zauberberg". Er wurde für seinen Debütroman "Die Buddenbrooks" ausgezeichnet. Der war allerdings schon fast 30 Jahre alt. Da der Jury aber der Zauberberg zu "weitschweifig und schwerfällig" vorkam, entschied man sich für das ältere Werk: "Ein Höhepunkt in der zeitgenössischen Romandichtung schlechthin".
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Auch keine Literatur. Aber starke Worte: Winston Churchill
Eigentlich wäre der britische Premierminister Sir Winston Churchill ein Kandidat für den Friedensnobelpreis gewesen - zweimal stand er auf der Nominierungsliste. 1953 bekam er den Preis - allerdings für Literatur. Die Jury lobte seine "Meisterschaft in der historischen und biografischen Darstellung", sowie seiner glänzenden "Redekunst, mit der er menschliche Werte verteidigt".
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Durfte den Preis nicht annehmen: Boris Pasternak
Der sowjetische Autor, weltberühmt für seinen Roman "Doktor Schiwago", wurde 1958 ausgezeichnet. Seine Regierung allerdings drohte ihm mit Ausbürgerung, sollte er den Preis annehmen. Pasternak gab nach - was ihm postwendend den Ausschluss aus dem Schriftstellerverband der UdSSR bescherte. Trotz allem blieb Pasternak in der Sowjetunion. Sein Sohn holte die Nobel-Medaille 1989 in Stockholm ab.
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Wollte nur das Geld: Jean-Paul Sartre
1964 sollte der französische Dramatiker und Philosoph Jean-Paul Sartre den Nobelpreis erhalten. Der jedoch lehnte überraschenderweise ab ("Jeder Preis macht abhängig.") Man sagte ihm nach, dass er Jahre später vorsichtig beim Nobelpreiskomitee vorsprach, ob er die 273.000 schwedischen Kronen nicht vielleicht doch noch bekommen könnte. Doch das ist wohl nur eine angedichtete Anekdote.
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"Keine Literatur": Dario Fo
Er sei doch nur ein "unterhaltsamer Gaukler und kein Autor von Weltrang", gab die empörte Literatur-Elite von sich, als der italienische Dramatiker Dario Fo 1997 ausgezeichnet wurde. Als Satiriker schlug Fo mit seinen eigenen Waffen zurück. Seiner Rede in der Schwedischen Akademie gab er den Titel "Gegen freimütige Gaukler" und machte aus der ehrwürdigen Preisverleihung eine Satireshow.
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Zu viele Menschen: Elfriede Jelinek
Die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek wollte nicht zur Preisverleihung kommen, als sie 2004 geehrt wurde. Sie hatte Angst vor großen Menschenmengen und plötzlicher Popularität: "Ich bin psychisch nicht in der Lage, mich dem persönlich auszusetzen." Das musste auch das Nobelkomitee so hinnehmen. Immerhin hielt Jelinek ihre Nobelpreisrede trotzdem: per Videobotschaft.
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Mit dem Tod bedroht: Salman Rushdie
Weil er "Die satanischen Verse" (1988) als Gotteslästerung empfand, setzte Irans Führer, Ajatollah Khomeini, ein Kopfgeld auf den indisch-britischen Autor aus, der jahrelang versteckt leben musste. Die Akademie schwieg dazu, aber zwei Jury-Mitglieder legten ihr Amt nieder. Erst 27 Jahre später verurteilte die Akademie die Todesdrohung, zeichnete Rushdie aber nie mit dem Literaturnobelpreis aus.
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Die krisengeplagte Schwedische Akademie in Stockholm macht jetzt Platz für neue Mitglieder in der Jury für den Literaturnobelpreis. Vier offizielle Rücktritte sind genehmigt worden, teilte das Gremium am Montag (07.05.2018) der Presse mit. Die Sitze der bisherigen Jury-Mitglieder Lotta Lotass, Klas Östergren, Sara Stridsberg und Kerstin Ekman können neu besetzt werden. Zuletzt waren nur noch zehn von einst 18 Mitgliedern aktiv.
Möglich geworden ist das durch das tatkräftige Eingreifen des schwedischen Königs Carl Gustav XVI., der die jahrhundertealten Statuten der Akademie auf Grund des Skandals um ein Rücktrittsrecht ergänzt hatte. Bislang wurden die Jury-Plätze immer auf Lebenszeit vergeben - und durften erst nach dem Tod des Mitglieds neu besetzt werden.
Die Schwedische Akademie hatte entschieden, 2018 keinen Literaturnobelpreis vergeben. Der Preis werde im kommenden Jahr zusammen mit dem Preis für 2019 vergeben, teilte das Jury-Gremium in Stockholm mit. "Wir halten es für nötig, Zeit zu investieren, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Akademie wieder herzustellen, bevor der nächste Preisträger verkündet werden kann", sagte der Interims-Vorsitzende Anders Olsson. Die Entscheidung sei auch aus Respekt für frühere und noch kommende Preisträger gefallen.
"Die Krise der Schwedischen Akademie hat dem Ansehen des Nobelpreises schwer geschadet", sagte der Vorsitzende der Nobelstiftung, Carl-Hendrik Heldin. Die Entscheidung, den Literaturnobelpreis in diesem Jahr nicht zu vergeben, "unterstreiche den Ernst der Lage und werde helfen, den guten Ruf des Preis wieder herzustellen". Auf die Preisvergabe in anderen Kategorien werde dieses Votum allerdings keinen Einfluss haben.
Kulturministerin: Ein trauriger Tag für die Literatur
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Im Vorfeld äußerte sich der peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa zu den Vorfällen. Der spanischen Tageszeitung "El País" sagte er, dass es sich bei den Skandalen rund um die Nobelpreis-Jury seiner Meinung nach um eine lokale Querele handle, die das Ansehen der weltweit renommierten Akademie nicht ruinieren dürfe. "Es kamen Rivalitäten ans Licht, die es in jeder Institution gibt. Was die schweren Anschuldigungen angeht, ist das ein Fall für die Justiz, aber der Skandal sollte nicht einer Institution schaden, die bisher immer weltweiten Respekt genossen hat", so Llosa.
Die Schriftsteller Sibylle Lewitscharoff und Martin Walser sehen die Zukunft des Literaturnobelpreises trotz der aktuellen Krise optimistisch. "Da muss einfach mal ausgemistet werden, einmal mit dem Besen durch, dann machen wir weiter", sagte Lewitscharoff am Freitag (4.5.) gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Auch Walser hält langfristige Folgen des Skandals für unwahrscheinlich: "Die Akademie wird sich umorganisieren, und dann wird alles weitergehen wie bisher."
Korruptions- und Missbrauchsvorwürfe in der Jury
Hintergrund der Entscheidung der Akademie ist ein Skandal um Korruption und sexuelle Belästigung, in dessen Folge mehrere Jury-Mitglieder ihre Arbeit niederlegten. Damit war die Jury beschlussunfähig geworden. Zuletzt waren nur noch zehn der 18 Mitglieder aktiv in der Akademie tätig. Für die Vergabe des Literaturnobelpreises sind allerdings 12 Stimmen nötig. Die Mitglieder der Akademie konnten aufgrund der Statuten nicht ausgetauscht werden, da sie nach Ernennung Mitglieder auf Lebenszeit sind. Bereits im Jahr 1989 hatten zwei Mitglieder die Arbeit eingestellt, weil sich die Akademie weigerte, die Todesdrohungen gegenüber Salman Rushdie von Irans geistlichem Oberhaupt Ayatollah Khomeini zu verurteilen.
Beschlussunfähig wurde die Nobelpreis-Jury mit dem Rückzug dreier Mitglieder aus der Akademiearbeit nach einem Skandal um das Mitglied Katarina Frostenson. Ihr wird vorgeworfen, Gelder veruntreut und Namen künftiger Literaturnobelpreisträger weitergegeben zu haben. Ihrem Ehemann Jean-Claude Arnault, einem einflussreichen Funktionär des schwedischen Kulturbetriebs, wurden zudem sexuelle Übergriffe angelastet, von denen sich die Mehrzahl allerdings als nicht justitiabel erwies. Ein Verfahren, mit dem Frostenson aus der Akademie ausgeschlossen werden sollte, scheiterte zunächst. Inzwischen hat sie ihre Arbeit freiwillig niedergelegt.
König Carl Gustaf will Statuten ändern
Nach den zahlreichen Rücktritten hatte sich bereits Mitte April das schwedische Königshaus eingeschaltet. König Carl XVI. Gustaf hatte angekündigt, die Statuten um Regeln zum Austritt aus der Akademie ergänzen zu wollen. So soll es künftig nicht nur möglich sein, die Sitze zurückgetretener Mitglieder neu zu besetzen, sondern auch Mitglieder, die seit zwei Jahren nicht aktiv mitgearbeitet haben, zu ersetzen. Der Monarch, der gleichzeitig Schirmherr der Kulturinstitution, hatte zudem alle Mitglieder der Akademie aufgefordert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
Nicht zum ersten Mal ausgesetzt
Die Entscheidung, den Preis für ein Jahr auszusetzen, ist kein Novum. Allerdings war das bisher meistens der Fall, wenn kein angemessener Kandidat gefunden wurde. "Wenn keine der in Betracht gezogenen Arbeiten die im ersten Absatz angegebene Bedeutung aufweist, ist das Preisgeld bis zum folgenden Jahr zu reservieren", heißt es in dem Regelwerk. Sieben Mal machte die Schwedische Akademie in der Vergangenheit von dieser Möglichkeit Gebrauch: Unter anderem bekam der Ire George Bernard Shaw ("Pygmalion") seinen Preis für 1925 erst im Jahr 1926. Außerdem wurde der Nobelpreis wegen der beiden Weltkriege mehrfach ausgesetzt. Die jahrhundertealten Statuten der Akademie lassen es zu, in einem Jahr zwei Nobelpreise zu verleihen.
Der Literaturnobelpreis: Wie funktioniert die Vergabe?
Im Dezember zeichnet die Schwedische Akademie erneut einen herausragenden Schriftsteller mit dem höchsten Literaturpreis aus. Wir erklären, wie sie dabei vorgeht.
Die Entscheiderin: die Schwedische Akademie
1786 nach dem Vorbild der Académie française von König Gustav III. gegründet, um die schwedische Sprache und Literatur zu fördern, vergibt die Schwedische Akademie seit 1901 den Literaturnobelpreis. De Aderton (dt. Die Achtzehn) - wegen der 18 Sitze - trifft ihre Entscheidung immer im Oktober. Die Verleihung der begehrten Medaille findet am 10. Dezember, an Alfred Nobels Geburtstag, statt.
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Langwieriger Prozess
Mitglieder der Akademie sind schwedische Schriftsteller, Literatur- und Sprachwissenschaftler, Historiker sowie ein berühmter Jurist. Ernannt werden sie auf Lebenszeit. Zwischen der Vergabe des Nobelpreises und den ersten Vorbereitungen liegt mehr als ein Jahr. Die erste Amtshandlung in dem Prozess vollzieht das Nobelkomitee in der Regel im September des Vorjahres...
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Der Gehilfe: das Nobelkomitee
...dann verschickt es rund 700 Nominierungsformulare an "qualifizierte Individuen und Organisationen", zu denen u.a. Mitglieder der Literaturnobelpreis-Akademie, frühere Preisträger oder Literaturwissenschaftler zählen. Das Komitee besteht aus sechs Mitgliedern, die für einen Zeitraum von drei Jahren aus den Reihen der Akademie gewählt werden. Vorsitzender ist der Autor Per Wästberg (Bild).
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Die Auslese
Sämtliche Formulare, die bis Ende Januar beim Komitee eingegangen sind, werden mithilfe zusätzlicher Experten genau evaluiert. Bis April wird der Kreis möglicher Anwärter auf den Literaturnobelpreis durch das Komitee bereits auf 15-20 Kandidaten begrenzt, einen Monat später bleiben nur noch fünf Kandidaten übrig. Ab diesem Zeitpunkt übernimmt die Akademie...
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Lesen, diskutieren, entscheiden
...sie erhält nun vom Komitee die Liste mit den fünf Kandidaten der engeren Auswahl. Damit geht der Vergabe-Prozess in seine heiße Phase: Im Sommer lesen und beraten sich die Akademie-Mitglieder, schreiben ihre Berichte und sprechen im September vor allem über die literarischen Verdienste der Anwärter. Fehlt nur noch die Abstimmung...
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Am Ziel: Bekanntgabe und Preisverleihung
Anfang Oktober stimmt die Akademie ab und verkündet das Ergebnis. Durchgesetzt hat sich derjenige Kandidat, der über die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Im vergangenen Jahr durfte sich der japanisch-stämmige britische Autor Kazuo Ishiguro über die mit acht Millionen schwedischen Kronen (rund 800.000 Euro) dotierte Auszeichnung freuen. Die übrigen Nominierten bleiben 50 Jahre geheim.