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Lithium: Chile auf dem Weg zum Schlüsselpartner

Tobias Käufer aus Rio
9. Juni 2024

Deutschland und Europa werden auf absehbare Zeit ihren Großteil des Lithiumbedarf durch Importe decken müssen. Chile kann dabei zum entscheidenden Partner werden. Am Montag ist Chiles Präsident zu Gast in Berlin.

Ein Bagger kippt Ladung auf einen Lastwagen in einem Anbaugebiet
Lithium-Abbau in der Atacama-Wüste in ChileBild: Rodrigo Abd/AP Photo/picture alliance

Kaum ein Thema bewegt die Deutschen so sehr wie die Verkehrswende: Weg vom Verbrenner, hin zur E-Mobilität. Der emissionsfreie Transport mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen ist nach heutigem Stand der Technik aber ohne den Rohstoff Lithium kaum möglich.

Trotz immer neuer Funde weltweit gehört das sogenannte Lithium-Dreieck Argentinien, Bolivien und Chile damit zu den Schlüsselregionen.

Hoffnung auf den Boric-Besuch

Weil eine angestrebte Partnerschaft Deutschlands mit Bolivien scheiterte und es in Argentinien nur langsam vorangeht, rückt Chile nun mehr und mehr in den Vordergrund.

Die Anden-Nation ist nach aktuellem Stand das Land mit den weltweit größten Lithium-Vorkommen: 9,3 Millionen Tonnen. Der Besuch von Chiles Präsident Gabriel Boric in Berlin am 10. Juni weckt Hoffnungen, dass eine Partnerschaft in greifbare Nähe rückt.

Chiles Präsident Gabriel Boric während einer Rede im Parlament in Valparaiso am 1. Juni 2024Bild: Rodrigo Garrido/REUTERS

"Es ist sehr wichtig für Chile, seine internationalen Wirtschaftsbeziehungen zu diversifizieren", sagte Außenminister Alberto van Klaveren jüngst bei einem Besuch in Berlin und erinnerte daran, dass Chile die Leitplanken für eine nationale Lithiumstrategie festgelegt habe. Die sieht vor, dass der chilenische Staat grundsätzlich die Zügel in der Hand behält, aber für private Investitionen und Exploration offenbleibt.

Es bestehe schon jetzt eine echte Partnerschaft in Energiefragen. Chile versuche, seine Energieversorgung hin zu grüner Energie zu entwickeln und die bestehenden Ressourcen zu nutzen: Wind, Solarenergie, Lithium und, in der Zukunft, grünen Wasserstoff: "In all diesen Bereichen gibt es die Möglichkeit einer stärkeren Zusammenarbeit mit Deutschland und Europa", so der Außenminister. "Umso größer ist die Spannung, was beim Besuch von Präsident Boric nun herauskommt.

Europa von Importen abhängig

"Europa wird auf absehbare Zeit den Großteil seines Lithiumbedarfs aus Importen decken müssen. Die deutsche Rohstoffagentur schätzt, dass bis 2030 vielleicht ein Viertel und maximal 40 Prozent des EU-Bedarfs aus eigener Produktion gedeckt werden könnten", sagt der deutsche Wirtschaftsberater Carl Moses in Buenos Aires im DW-Gespräch.

Lithium, das "weiße Gold", wird für allem für die Produktionen von Batterien für Elektroautos gebrauchtBild: MARTIN BERNETTI/AFP

Doch er dämpft allzu große Erwartungen: "Ein Lithium-Abkommen mit Chile wäre sicherlich eine gute Nachricht, aber auch kein Grund zur Euphorie. Seit Jahren ist in Chile kein bedeutendes Projekt mehr gestartet worden."

Hilfreich wäre ein bilaterales Abkommen mit Chile vor allem deshalb, weil in Chile der Staat weitgehend die Kontrolle über das Lithium hat und auch behalten wird. Der größte Produktionsanstieg dürfte in den nächsten zehn Jahren allerdings aus Argentinien zu erwarten sein, wo die Privatwirtschaft den Ton angebe, so Moses weiter.

Rohstoff-Fonds ein strategischer Ansatz

Ein strategisch guter Ansatz seien die Rohstoff-Fonds, die jetzt in verschiedenen Ländern der EU aufgelegt werden: "Meine Sorge ist nur, dass diese Mittel möglicherweise nicht in die effizienteste Verwendung fließen werden", so Moses.

Es wäre sinnvoll, mit diesen Fonds eine Vielzahl von Lithiumprojekten schon in der Explorationsphase zu fördern. In dieser Phase wird geklärt, wie groß die Rohstoffvorkommen sind und wo sie genau liegen. In diesem frühen Stadium wird zwar noch relativ wenig Kapital benötigt, es ist wegen der hohen Risiken aber besonders schwer privat aufzutreiben, sagt Moses.

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"Mit einer Milliarde Euro könnten mehr als hundert solcher Projekte gefördert werden, bei denen die EU oder einzelne Mitgliedsstaaten dann von Anfang an am Steuer säßen."

Deutsche und Europäer scheuen die Risiken

Im globalen Rennen um Lithium liegt China derzeit vorne, die USA dürften mittelfristig von der Erschließung weiterer eigener Funde profitieren. "Verschiedene Länder, allen voran China, sichern sich seit geraumer Zeit gezielt den Zugang zu hochwertigen Lithiumvorkommen weltweit", sagt Lateinamerika-Experte Christian Hauser, Professor an der Fachhochschule Graubünden, zur DW.

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Hauser fordert mehr strategisches Engagement von den Europäern: "Deutsche und europäische Unternehmen scheuen häufig die mit der Lithiumexploration verbundenen Risiken. Dies stellt ein strategisches Versäumnis dar. Eine Lithiumstrategie muss die Rahmenbedingungen schaffen, dass sich risikobehaftete Investitionen lohnen."

Neben dem Zugang zu Lithiumvorkommen sei es wichtig, neue Technologien zu entwickeln, die die Umweltbelastung der Lithiumgewinnung reduzieren. Auch hier könnten deutsche und europäische Unternehmen einen wichtigen Beitrag leisten.

"Der Lithiumabbau betrifft nicht nur die Umwelt, sondern auch die Menschen", so der Ökonom Hauser. "Deshalb ist es wichtig, die verschiedenen lokalen Akteure und indigenen Gemeinschaften in die Rohstoffprojekte einzubeziehen. Dann kann Lithium nicht nur zur ökologischen, sondern auch zur gesellschaftlichen Transformation beitragen."

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