Neue Turnierserie spaltet die Golfwelt
2. Juni 2022Phil Mickelson wird sein Comeback beim Start der "LIV Golf Invitational Series" geben. Das hat der 51-Jährige nach längerer Hängepartie bekannt gegeben. "Ich bin begeistert, bei LIV-Golf zu beginnen", lässt sich der sechsmalige Major Sieger zitieren. Durch die neue Golf-Turnierserie, deren Debüt für den 9. Juni in London geplant ist, droht eine Spaltung der Golfszene.
Ebenso mit dabei ist der Weltranglisten-13. und zweifache Majorsieger Dustin Johnson. Johnson hatte sich eigentlich erst im vergangenen Februar als einer von vielen Stars per Statement zur PGA-Tour bekannt. Nun ist 37-Jährige plötzlich eines der Zugpferde der Veranstaltung in der Hauptstadt Großbritanniens. Der PGA-Konkurrenzserie ist es damit gelungen, einen echten Hochkaräter zu gewinnen.
Kaymer schlägt ab
Auch ansonsten sind die vom LIV Golf-Investments-Vorstandschef und früheren Weltrangliste-Ersten Greg Norman angekündigten Majorsieger und ehemaligen Weltranglistenersten im Teilnehmerfeld zu finden. Neben Johnson wird auch der deutsche Profi Martin Kaymer im Centurion Club abschlagen. Dazu kommen Namen wie Lee Westwood, Sergio Garcia, Louis Oosthuizen und Ian Poulter.
Wie kritisch die neue Serie von den meisten Profis gesehen wird, lässt sich am Beispiel Mickelsons verdeutlichen. Vor einem Jahr bei der PGA Championship wurde er noch als ältester Golfprofi gefeiert, der eines der vier wichtigsten Turniere der Welt gewinnen konnte. Inzwischen haben viele den 51 Jahre alten US-Star zur unerwünschten Person erklärt.
Auch Kollegen wie Superstar Tiger Woods gingen auf Distanz zu Mickelson: "Phil hat einige Dinge gesagt, gegen die sich viele von uns, die sich der Tour und dem Erbe der Tour verpflichtet fühlen, gewehrt haben", sagte Woods in der vergangenen Woche vor dem Beginn der diesjährigen PGA-Championship, bei der Titelverteidiger Mickelson fehlte. Mit der Tour meinte Woods die seit Jahrzehnten etablierte PGA-Tour in den USA, die bis dato wichtigste und höchstdotierte Turnierserie der Welt.
Mickelson hatte sich im Februar mit einem Interview, das er dem US-Autoren Alan Shipnuck gab, zwischen alle Stühle gesetzt: Den Machern der PGA-Tour warf er eine "manipulative, nötigende und brutale" Taktik zu Lasten der Spieler vor, die nicht ausreichend an Gewinnen beteiligt würden. Die saudischen Geldgeber der neuen LIV-Golf-Serie bezeichnete Mickelson hingegen als "furchterregende Mistkerle": "Wir wissen, dass sie Khashoggi ermordet haben [Ein Spezialkommando aus Riad tötete im Oktober 2018 den Journalisten Jamal Khashoggi in der saudischen Botschaft in Istanbul - Anm. d. Red.] und dass sie eine schreckliche Menschenrechtsbilanz haben. Sie richten Menschen hin, weil diese schwul sind." Dennoch, so Mickelson, liebäugele er mit der neuen Serie, weil das saudische Geld den Profis endlich ein Druckmittel gegen die PGA in die Hand gebe.
Später entschuldigte er sich zwar via Instagram für seine Worte und verkündete eine Auszeit vom Golfsport. Doch der Schaden war schon angerichtet. Namhafte Sponsoren wandten sich von Mickelson ab.
Garantiertes Preisgeld
Beim Streit um die neue Turnierserie geht es um Politik, Macht - und sehr viel Geld. Insgesamt wollen die Veranstalter für die acht Turniere, die in diesem Jahr geplant sind, Preisgelder in Höhe von 200 Millionen Dollar ausschütten. Der Sieger eines Turniers kassiert vier Millionen Dollar. Zum Vergleich: Der Gewinner der diesjährigen PGA Championship, der US-Amerikaner Justin Thomas, erhielt einen Scheck über 2,7 Millionen Dollar. Dem Gesamtsieger der neuen Serie winken zusätzlich 18 Millionen Dollar. Voraussetzung: Er muss bei mindestens vier der acht Veranstaltungen gestartet sein.
Selbst der Letztplatzierte der 48 Teilnehmer kassiert noch 120.000 Dollar. Das macht die neue Serie auch für Profis der zweiten Reihe interessant. Im Gegensatz zur neuen Serie schüttet die PGA-Tour Preisgelder nämlich nur an Profis aus, die den sogenannten "Cut" geschafft haben - das heißt, die sich in den ersten zwei Turnierrunden für die letzten beiden Runden qualifiziert haben. Bei den meisten PGA-Turnieren sind dies die besten 70 Spieler. Einen solchen Cut wird es bei der "LIV Golf Invitational Series" nicht geben. Wer startet, kassiert auch. Gespielt werden nur drei statt vier Runden, insgesamt 54 Löcher. LIV ist die römische Ziffernfolge für 54.
Trump mischt mit
Die Einladungsserie geht in direkte Konkurrenz zur PGA-Tour. Fünf der acht Turnierorte (Portland, Bedminster, Boston, Chicago, Miami) liegen in den USA, die drei anderen in Großbritannien (London), Thailand (Bangkok) und Saudi-Arabien (Dschidda). Pikanterweise gehören zwei der US-Golfplätze der neuen Serie - die in Bedminster und Miami - dem früheren US-Präsident Donald Trump. Die PGA Championship 2022 hatte ursprünglich in Bedminster gespielt werden sollen. Wegen des von Trump befeuerten Sturms auf das Kapitol in Washington im Januar 2021 hatte die PGA-Tour das Major-Turnier nach Tulsa verlegt. Dass sich der Ex-Präsident nun bei der LIV-Golf-Serie engagiert, wird als Retourkutsche gegen die PGA gewertet.
Der Trump-Klan unterhält seit Langem enge Beziehungen zu Saudi-Arabien, insbesondere über Jared Kushner, den früheren Präsidentenberater und Schwiegersohn Trumps. Zudem ist LIV-Golf-Chef Norman nach eigenen Worten ein Freund Trumps. "Wir haben eine langfristige Vision und wir sind hier, um zu bleiben", sagte der 67 Jahre alte Australier. Norman kündigte an, dass LIV Golf für den Zeitraum von 2023 bis 2025 insgesamt zwei Milliarden Dollar in den Golfsport investieren werde. Die Zahl der Turniere soll in diesem Zeitraum von acht auf 14 gesteigert werden.
"Jeder macht mal Fehler"
An Geld mangelt es LIV Golf Investments nicht. Hauptanteilseigner ist der saudische Staatsfonds PIF (Public Investment Fund), der ein Gesamtvermögen von rund 500 Milliarden Dollar verwaltet. Im vergangenen Jahr übernahm der Fonds 80 Prozent der Anteile des englischen Fußball-Traditionsklubs Newcastle United. PIF-Vorsitzender ist der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman, der nach eigenen Worten mit seinem Entwicklungsplan "Vision 2030" das Land modernisieren und unabhängiger von Öleinnahmen machen will. Auch Investitionen in den Sport spielen dabei eine nicht unbedeutende Rolle. Menschenrechtsorganisationen werfen Saudi-Arabien "Sportswashing" vor. Die Machthaber in Riad wollten mit Hochglanz-Sportveranstaltungen von den Menschenrechtsverletzungen im Land ablenken. So wird Kronprinz Bin Salman verdächtigt, hinter dem Khashoggi-Mord zu stehen.
"Schauen Sie, jeder von uns macht mal Fehler, und wir alle bemühen uns darum, aus diesen Fehlern zu lernen und sie in Zukunft zu korrigieren", antwortete Norman lapidar, als er bei einer Veranstaltung in London auf den Mord an dem saudischen Journalisten angesprochen wurde. Auch die von Menschenrechtsorganisationen angeprangerte Unterdrückung der Frauen in Saudi-Arabien bereitet dem früheren Golfstar keine Bauchschmerzen. "Du gehst in ein Restaurant, und dort sitzen Frauen. Sie tragen keine Burkas. Sie sind da draußen und spielen Golf", sagte Norman in einem Interview der US-Zeitschrift "Golf Digest".
Dustin Johnson als Zugpferd
Norman und Co. haben offenbar auf breiter Linie und letztlich mit Erfolg versucht, für die neue Turnierserie Profis abzuwerben, die bisher auf der PGA-Tour unterwegs waren - mit dem Versprechen hoher Antritts- und Preisgelder. Westwood, Garcia und Kaymer gehören neben Phil Mickelson zu den Golfern, die eine Ausnahmegenehmigung bei der PGA beantragen mussten, um bei der neuen Turnierserie an den Start gehen zu können. Die ist nötig, wenn zeitgleich in Nordamerika ein PGA-Turnier ausgetragen wird. Im Falle der geplanten Auftaktveranstaltung der LIV-Golf-Serie in London sind dies die Canadian Open in Toronto vom 6. bis 12. Juni.
PGA-Präsident Tyler Dennis hatte eine Freigabe abgelehnt. Wer sich darüber hinwegsetzt, muss damit rechnen, nicht mehr bei der PGA-Tour starten zu dürfen. "Leider scheint die PGA Tour darauf aus zu sein, Profigolfern ihr Recht zu verweigern, Golf zu spielen," wetterte Norman.