1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Lockdown für Ungeimpfte in Österreich

14. November 2021

Es wird ernst in Österreich. Seit diesem Montag dürfen Ungeimpfte ihr Zuhause nur noch aus dringenden Gründen verlassen. Ein Ziel wurde mit der klaren Kante schon erreicht - die Corona-Impfbereitschaft wächst spürbar.

Österreich Wien | Pressekonferenz zum Lockdwon für Ungeimpfte
Pressekonferenz zum Lockdown: Bundeskanzler Alexander Schallenberg (Mitte), Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (rechts) und Innenminister Karl Nehammer Bild: Leonhard Foeger/REUTERS

Im Kampf gegen die vierte Welle der Corona-Pandemie gilt in Österreich von diesem Montag an ein Lockdown für Ungeimpfte. Das beschlossen Bundeskanzler Alexander Schallenberg und die Regierungschefs der Länder in Wien. Der Lockdown soll nach offiziellen Angaben der "Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung" dienen. Die weitreichenden Ausgangsbeschränkungen sind zunächst auf zehn Tage befristet. Betroffen sind etwa zwei Millionen Menschen. Die Polizei will eigens Streifen abstellen, um die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen. Bei Verstößen drohen bis zu 1450 Euro Strafe.

Die Regierung ergreife "diesen Schritt nicht leichten Herzens, aber leider ist er notwendig", betonte Schallenberg. Die am Sonntag endgültig verabschiedete Schutzmaßnahmenverordnung enthält nur wenige Ausnahmebestimmungen.

Kanzler Schallenberg: Impfquote "beschämend niedrig"Bild: Leonhard Foeger/REUTERS

Wer weder geimpft noch genesen ist, darf das Haus oder die Wohnung nur noch aus dringenden Gründen verlassen - etwa für Einkäufe des täglichen Bedarfs, für den Weg zur Arbeit, den Besuch beim Arzt oder zu einem Spaziergang. Ziel sei, die Impfbereitschaft zu erhöhen und die sozialen Kontakte um etwa 30 Prozent zu verringern, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein. Für Schüler gilt der Lockdown übrigens nicht. "In den Schulen geht es so weiter wie bisher", sagte Schallenberg mit Blick darauf, dass mehrere Tests pro Woche dort üblich sind.

Enorm hohe Inzidenz

Die Corona-Infektionsraten waren zuletzt in Österreich dramatisch gestiegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz - also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb dieses Zeitraums - lag nach Angaben der Behörden am Sonntag in Österreich bei 848,2. In Deutschland betrug sie am selben Tag 289. Besonders stark betroffen sind Salzburg und Oberösterreich, wo der Inzidenzwert bei jeweils rund 1300 liegt.

Unter den Ungeimpften betrage dieser Wert dagegen mehr als 1700, betonte Schallenberg. Es gelte nun mit aller Kraft, die "beschämend niedrige" Impfquote von etwa 65 Prozent endlich zu erhöhen. "Mit dieser Impfquote werden wir im Teufelskreis steckenbleiben." Österreich hat knapp neun Millionen Einwohner. Der Kanzler sagte weiter, die Maßnahmen seitens der Bundesregierung seien die "Unterkante" der Möglichkeiten. Den Ländern stünde frei, noch strengere Regeln zu erlassen.

Schon jetzt sind die Einschränkungen für Ungeimpfte groß - etwa durch die 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet) am Arbeitsplatz und die 2G-Regel (geimpft oder genesen) im öffentlichen Leben. Aufgrund der seit Anfang November gelten Verschärfungen stieg die Zahl der Impfungen sprunghaft an und liegt nun wieder auf dem Niveau von Juli. Wer sich zu einer Erstimpfung entschließt, kann sich mit anschließenden PCR-Tests aus dem Lockdown freitesten.

Vor diesem Impfbus bildete sich am Mittwoch in Wien immerhin eine kleine Warteschlange Bild: picture alliance / HERBERT PFARRHOFER / APA / picturedesk.com

Lockdown sicherheitshalber vorgezogen

Nach einem Stufenplan der Regierung sollte der Lockdown für Ungeimpfte eigentlich erst bei einer Zahl von 600 belegten Intensivbetten kommen. Aktuell sind nach Angaben der Behörden 433 Plätze belegt. Wegen der Dynamik bei den Infektionszahlen zog die Regierung den Schritt nun aber vor. Um eine zu starke Belastung der Kliniken zu vermeiden, fordern Experten einen Lockdown für alle. Das will die Regierung vermeiden. Es soll verhindert werden, dass die Impfbereitschaft wieder sinkt.

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte sich in die Diskussion eingeschaltet. "Die Stimmung in unserer Bevölkerung reicht angesichts extrem steigender Zahlen von Depression und Sorge um das wirtschaftliche Fortkommen bis zu wechselseitigem Unverständnis und Aggression", schrieb das Staatsoberhaupt auf Facebook. Das Land brauche angesichts der bedrohlichen Situation Klarheit und vielleicht auch unbequeme Maßnahmen.

Kinderimpfungen in Wien

Als erste Region in der Europäischen Union will die Landeshauptstadt Wien bereits mit der Impfung von Kindern zwischen fünf und elf Jahren beginnen. Nach Angaben der Stadt wurden seit Samstag mehr als 5000 Impftermine für Kinder dieser Altersgruppe gebucht. Wiens Einwohner können zudem schon vier Monate statt sechs Monate nach ihrer zweiten Impfung eine Auffrischungsimpfung erhalten.

Fast ganz Österreich, Tschechien und Ungarn gelten seit Sonntag als Hochrisikogebiete. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss bei der Rückkehr aus diesen Ländern nach Deutschland in Quarantäne. Die häusliche Isolation kann erst nach fünf Tagen durch einen Test beendet werden. Hotelbetreiber fürchten nun Einbußen im Wintertourismus, der für die Alpenrepublik volkswirtschaftlich eine hohe Bedeutung hat. Bereits im vergangenen Jahr fiel die Skisaison aufgrund des Lockdowns so gut wie aus.

kle/uh (dpa, afp, rtr)