Wer hat Angst vor Google?
17. April 2014Die deutschen Zeitungsverleger bezeichnen sich gerne als "stillen Riesen", dessen Erzeugnisse -gedruckt, online oder mobil - jeden Tag rund 80 Prozent der Deutschen über 14 Jahre erreichen. "Print bleibt ein wichtiger Teil des Unternehmenserfolges", heißt es in einem Beitrag des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) zur wirtschaftlichen Lage der Zeitungen in Deutschland. Aber daneben "erschließen die Verlage offensiv die digitalen Märkte und entwickeln online und mobil zusätzliche Angebote für Leser, Nutzer, Werbekunden."
Rund 8,5 Milliarden Euro hat die Branche 2012 umgesetzt - neuere Zahlen gibt es noch nicht. Galt früher die Regel, dass zwei Drittel der Umsätze aus Werbung und ein Drittel aus dem Verkauf der Tagespresse stammen, so hat sich dieses Verhältnis seit fünf Jahren umgekehrt. Trotzdem bleibt der Werbeumsatz von zuletzt 3,23 Milliarden Euro eine der Haupt-Einnahmequellen der Tageszeitungsverleger - und sie bleiben damit nach dem Fernsehen der zweitgrößte Werbeträger in Deutschland.
Umstieg in die digitale Welt
Bei der Transformation der klassischen Tageszeitung in das digitale Zeitalter melden die Verlage auch erste Erfolge: Gut 41 Prozent der über 14-Jährigen oder knapp 29 Millionen User seien täglich "auf den Websites der Verlage unterwegs", sieben Millionen Nutzer steuerten die Webseite einer regionalen Zeitung mindestens einmal im Monat mobil an, und "bei der mit gedruckter Lektüre nur schwer zu erreichenden Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen ist die Reichweite der Verlage im Netz seit Ende 2011 um zwölf Prozentpunkte auf 64,7 Prozent gestiegen."
Trotzdem: Richtig erfolgreich im digitalen Informations- und Werbemarkt sind andere, und die heißen Facebook, Twitter und Google. Die freundliche Suchmaschine, die nie etwas Böses im Sinn hat, ist eine reine Geldmaschine dank der boomenden Online-Werbung. Googles Umsatz stieg im ersten Quartal des neuen Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent auf 15,4 Milliarden Dollar, also rund elf Milliarden Euro, und der Gewinn legte um drei Prozent auf annähernd 3,5 Milliarden Dollar zu.
Marktmissbrauch?
Mit anderen Worten: Google macht in einem Quartal mehr Umsatz als alle deutschen Tageszeitungen in einem Jahr. Und das gefällt manchen Verlegern nicht. So hat der Chef des konservativen deutschen Axel Springer- Verlages, Mathias Döpfner, in einem offenen Brief an Google-Chairman Eric Schmidt dem Internetkonzern Marktmissbrauch und Wettbewerbsverzerrung vorgeworfen: Google stufe Suchergebnisse im Internet zugunsten der eigenen Angebote und zulasten von Wettbewerbern herauf- und herab, schrieb er am Mittwoch (16.04.2014) in der Frankfruter Allgemeinen Zeitung.
Derzeit konkurrierten die digitalen Technologieunternehmen mit den traditionellen Inhalteunternehmen darum, "wer die Rolle des Verlegers in der digitalen Zukunft einnimmt", so Döpfner. Der Konzern selbst setzt jedenfalls voll auf die digitale Karte und will für Zukäufe weiteres Geld in die Hand nehmen. Im vergangenen Jahr investierte der Berliner Medienkonzern vor allem in die Verlagerung des Geschäfts ins Internet und nahm dafür einen Gewinnrückgang in Kauf.
Kasse gut gefüllt
So sank der Gewinn im vergangenen Jahr vor Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen um knapp neun Prozent auf 454 Millionen Euro. Der Konzernumsatz stieg dagegen um 2,3 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Für dieses Jahr peilt der Verlag einen Gewinnanstieg im niedrigen zweistelligen Prozentbereich an.
Im laufenden Jahr will der Verlag wieder angreifen und verspricht steigende Gewinne sowie neue Investitionen. "Wir wollen weiter Akquisitionsmöglichkeiten nutzen", hatte Konzernchef Matthias Döpfner Anfang März bei der Vorstellung der Jahresbilanz gesagt. Die Kasse der Berliner ist gut gefüllt, nicht zuletzt wegen des aufsehenerregenden Verkaufs von Traditionsblättern wie dem "Hamburger Abendblatt" oder der "Hörzu" an die Funke Gruppe. Der Deal soll insgesamt 920 Millionen Euro einbringen.
Mit der Einführung einer Bezahlschranke im Internet für Angebote der Zeitungen "Die Welt" und "Bild" ist der Springer-Verlag übrigens Vorreiter bei der Erprobung neuer digitaler Geschäftsmodelle in Deutschland. Er steht damit allein auf weiter Flur, während der Rest der Branche gebannt zuschaut - und im Zweifel auf traditionelle Methoden setzt: Sparen, Entlassen, Redaktionen halbieren, Tarifverträge kündigen.