Lokführer wollen diesmal fünf Tage streiken
31. August 2021Im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn (DB) verschärft die Lokführergewerkschaft GDL ihre Arbeitskampfmaßnahmen. GDL-Chef Claus Weselsky kündigte in Frankfurt am Main an, dass der Ausstand am Mittwoch um 17.00 Uhr MESZ im Güterverkehr und im Personenverkehr am Donnerstag um 02.00 Uhr morgens beginnen werde. Enden sollen die Streiks am Dienstag kommender Woche um 02.00 Uhr früh. Der Arbeitskampf wird neben hunderttausenden Pendlern auch wieder zahlreiche Reisende treffen. Die Urlaubssaison läuft noch, in Sachsen und Thüringen enden am Wochenende die Schulferien.
"Klare Botschaft, klare Kante", sagte Weselsky. Das Management der Deutschen Bahn habe den dritten Streik in diesem Tarifkonflikt provoziert, da es sich weigere, ein neues Angebot vorzulegen. "Das ist eine der längsten Arbeitskampfmaßnahmen, die wir durchführen, und zwar absichtlich", sagte Weselsky. "Irgendwann begreift dass Management, dass man einen Krieg mit den eigenen Beschäftigten nicht gewinnen kann."
Die Deutsche Bahn kritisierte das Vorgehen der Gewerkschaft scharf und warf ihr vor, sie mache "aus organisationspolitischem Kalkül" sowohl Kundinnen und Kunden als auch Mitarbeitende "zu Opfern ihrer Machtinteressen". Das Unternehmen rief die GDL auf, "unverzüglich ernsthafte Verhandlungen aufzunehmen" und zwar auf Grundlage des vorliegenden Angebots. "Ein Tarifvertrag wird in Verhandlungen erzielt und lässt sich nicht diktieren", betonte DB-Personalvorstand Martin Seiler.
Vorerst kein unbefristeter Ausstand
Der Arbeitskampf hatte im August bereits zwei Mal für einige Tage große Teile des Fern- und Nahverkehrs lahmgelegt und die Reisepläne von Millionen Fahrgästen durchkreuzt. Auch der Güterverkehr war betroffen. Am Wochenende hatte die GDL im Personenverkehr allerdings nicht gestreikt. Weselsky machte deutlich, die Mitglieder stünden auch für weitere Arbeitskämpfe bereit. Einen unbefristeten Streik wolle man aber vorerst vermeiden.
Die Gewerkschaft fordert eine Lohnerhöhung von 3,2 Prozent sowie eine Corona-Prämie von 600 Euro und bessere Arbeitsbedingungen. Die Bahn bietet zwar 3,2 Prozent mehr Lohn, will die Stufen aber später umsetzen und fordert eine längere Laufzeit des Tarifvertrages. Das Unternehmen hat zudem Verhandlungen über eine Corona-Prämie angeboten, jedoch keine konkrete Zahl genannt.
Bahnchef Richard Lutz hatte am Wochenende erklärt, Angebot und Forderung lägen nicht weit auseinander, eine Lösung könne am Verhandlungstisch gefunden werden. Ein neues Angebot werde es daher zunächst nicht geben. Weselsky wiederum sprach von Provokationen und "Desinformation" durch das Unternehmen. "Die Eisenbahner haben Anerkennung und Wertschätzung verdient", hob er weiter hervor.
Machtkampf zwischen Gewerkschaften
In dem Tarifkampf geht es auch um die Position der GDL im Bahnkonzern und den Wettbewerb mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Diese hat sich bereits 2020 mit der Bahn geeinigt, die entsprechenden Tarifvereinbarungen hält die GDL jedoch für unzureichend. Zusätzlich kompliziert wird die Tarifrunde dadurch, dass EVG und die GDL beide den Anspruch erheben, für fast alle der 185.000 Beschäftigten beim Schienenpersonal in Deutschland zu verhandeln.
Die Bahn sieht sich aber gezwungen, das Tarifeinheitsgesetz anzuwenden: Danach gilt ein Tarifvertrag nur dort, wo die jeweilige Gewerkschaft die Mehrheit hat. Laut Bahn hat die GDL in 16 der rund 300 Einzelbetriebe des Konzerns die Mehrheit. Die GDL bestreitet das und klagt vor Gericht.
Bahn will Grundangebot sicherstellen
Die Deutsche Bahn kündigte an, auch im dritten Streik "ein verlässliches Mobilitätsangebot" von rund einem Viertel der üblicherweise geplanten Züge im Fernverkehr zu machen. Im Regional- und S-Bahnverkehr soll es demnach erneut ein Grundangebot von 40 Prozent der Züge geben.
"Wer kann, sollte seine Reise auf die Zeit vor oder nach dem Streik verschieben", teilte der Konzern mit. Reisende könnten Fahrkarten für den Streikzeitraum flexibel nutzen und ihre Reisen vorziehen oder bis zum 17. September verschieben. Auch eine Erstattung sei möglich. Die Lufthansa kündigte an, wegen des Streiks bei der Bahn ab Donnerstag größere Flugzeuge einzusetzen. Die Flugfrequenz erhöhen wolle der Konzern aber nicht, sagte eine Sprecherin.
kle/rb (afp, rtr, dpa)