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Politik

Zypern und der Brexit

Panagiotis Kouparanis
10. Oktober 2017

Als einziges EU-Mitglied wird Zypern mit Großbritannien gesondert über den Austritt des Landes verhandeln. Es geht um den künftigen Status der zyprischen Beschäftigten auf den britischen Militärbasen auf der Insel.

Griechenland Akrotiri britische Militärbasis
Akrotiri ist für die britische Air Force die wichtigste Basis für ihre Einsätze in der RegionBild: picture-alliance/epa/Stringer

Alle Welt spricht von der Zweiteilung Zyperns - tatsächlich ist die Insel aber dreigeteilt. Außer dem griechisch-zyprischen Süden und dem türkisch-zyprischen Norden gibt es noch ein - wenn auch kleines - britisches souveränes Hoheitsgebiet. Rund drei Prozent Zyperns, also rund 254 Quadratkilometer gehören zu Großbritannien, der einstigen Kolonialmacht auf der Insel. Es handelt sich um die Militärstützpunkte Akrotiri bei Limassol und Dekelia bei Larnaka. In den beiden Exklaven sind schätzungsweise 3000 britische Soldaten stationiert, hinzu kommen etwa 3500 Angehörige. Auf den Militärbasen wohnen oder arbeiten aber auch rund 7000 Zyprer. Über deren künftigen Status verhandeln ab Mittwoch in Brüssel die Vertreter Londons und Nikosias.

Grundlage dafür ist der Brexit-Beschluss der 27 EU-Staaten vom April dieses Jahres. Darin wird Nikosia zugestanden, mit London über die Militärbasen eine Übereinkunft zu erzielen. "Insbesondere", heißt es im entsprechenden Passus, "in Zusammenhang mit der Sicherung der Rechte und Interessen jener europäischen Bürger, die auf dem Gebiet der souveränen Basen wohnen oder arbeiten." Eine Übereinkunft beider Staaten wird die EU unter der Voraussetzung annehmen, dass sie mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. Ziel der zyprischen Regierung ist es, dass ihre Staatsbürger auch nach einem Brexit die gleichen Rechte haben wie jetzt.

Wahlkampf und Militärbasen

Ganz einfach werden die Verhandlungen aber nicht. In dreieinhalb Monaten finden in Zypern Präsidentschaftswahlen statt. In den Umfragen führt der amtierende konservative Präsident Nikos Anastasiades. Zwei seiner Gegenkandidaten versuchen nun zu punkten, indem sie die britischen Basen zum Wahlkampfthema machen.

Eine geteilte Insel - "Grüne Grenze" zwischen dem griechischen und türkischen Teil in NikosiaBild: dapd

Sowohl der Vorsitzende der nationalistisch ausgerichteten liberalen Demokratischen Partei (DIKO), Nikolas Papadopoulos, als auch der Vorsitzende der Mitte-Links Partei "Bürgerbündnis", Giorgos Lilikas, wollen die Schließung der britischen Militärstützpunkte zum Gegenstand von Gesprächen mit London machen. Die Forderung ist auf Zypern populär. Es wird sich kaum ein griechischer Zypriote finden, der dagegen ist. Die Frage ist, ob es angebracht ist, diese Forderung ausgerechnet jetzt zu stellen?

Dazu hat der zyprische Außenminister, Ioannis Kasoulidis eine klare Meinung: "Es ist nicht der Zeitpunkt für eine solche Diskussion", erklärte er vor ein paar Tagen in Nikosia. Er erinnerte daran, dass die Zugehörigkeit der Militärstützpunkte zu Großbritannien im Vertrag von 1960 zur Gründung der Republik Zypern festgeschrieben wurde. Die Aufrechterhaltung dieses Vertrags sei wichtig für die Lösung der Zypernfrage. Sie garantierten, dass das vereinigte Zypern in der Kontinuität der Republik Zypern steht.

Was sich wie völkerrechtliche Spitzfindigkeit anhört, hat tatsächlich einen knallharten politischen Hintergrund. Der Gründungsvertrag ist der Grund dafür, dass seit der Teilung der Insel 1974 die internationale Gemeinschaft einzig und allein die griechisch-zyprische Regierung im Süden als Repräsentantin Zyperns anerkennt. Einen solchen Trumpf gibt man nicht so leicht aus der Hand.

Basen tragen zur Sicherheit Zyperns bei

Ein weiterer wichtiger Grund, warum das Thema im Wahlkampf nicht allzu große Wellen schlagen dürfte, sind die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen beiden Ländern. Großbritannien ist der zweitwichtigste Handelspartner Zyperns und der wichtigste in Fragen der Dienstleistungen. Hinzu kommt, dass sowohl die meisten Touristen als auch Auslandsinvestoren Briten sind.

Aber auch die Situation im östlichen Mittelmeer erlaubt keine Schüsse aus der Hüfte. Unlängst sprach auf einer Tagung in Nikosia der Politologe Andreas Theofanous die unsichere und sich ständig verändernde Sicherheitslage im Nahen Osten an. Er konstatierte, dass Kriege und Terror in der Region eine Gefahr für die Sicherheit Zyperns seien. Die Empfehlung des Leiters des Zentrums Europäische und Internationale Fragen der Universität Nikosia war, "die Zusammenarbeit mit Großbritannien zu stärken und zu vertiefen. Ihre Militärstützpunkte sollen auch den Sicherheitsbedürfnissen Zyperns dienen."

Briten wollen bleiben

Für Großbritannien haben die Stützpunkte eine enorme Bedeutung. Militärexperten schätzen, dass die britischen Radaranlagen auf Zypern die Luftbewegungen bis nach Afghanistan, Kasachstan und Russland beobachten können. Davon profitieren auch die NATO-Verbündeten. Der Militärflugplatz Akrotiri ist für die britische Air Force die wichtigste Basis für ihre Einsätze in der Region.

Mehr als 1200 Einsätze wurden von der britischen Luftwaffenbasis Akrotiri aus gegen den IS geflogenBild: Reuters/D. Staples

Anlässlich eines Besuchs in Zypern in diesem Frühjahr erklärte der damalige britische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Mike Penning, dass die Stützpunkte "führend in der Unterstützung unserer allerwichtigsten militärischen Operationen" nicht nur des vergangenen Jahrzehnts gewesen seien. Über 1200 Einsätze seien von dort aus gegen den IS geflogen worden. Pennings Besuch diente der Einweihung der renovierten Start- und Landebahnen von Akrotiri. 54 Millionen Euro hat sich London das kosten lassen. Man geht davon aus, dass spätestens 2019 die beiden Stützpunkte auf Zypern die größten ständigen Operationsbasen der britischen Streitkräfte in Übersee sein werden.

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