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Loveparade-Unglück hat Konsequenzen

24. Juli 2011

Am 24. Juli 2010 starben auf der Loveparade in Duisburg 21 Menschen. Sicherheitsvorschriften wurden nicht beachtet. Als Konsequenz müssen Großveranstalter stärkere Auflagen erfüllen.

Die Unglücksstelle in Duisburg (Foto: ap)
Teilnehmer versuchen über eine Treppe zu fliehenBild: AP

Die meisten jungen Leute starben am 24. Juli 2010 vor einem Jahr, weil sie in einer Panik von der Menge erdrückt wurden und erstickten. Über 500 weitere Menschen wurden verletzt. Die Zugänge zu dem Veranstaltungsort waren schlicht zu eng. Es waren zu wenige Fluchtwege vorhanden oder sie waren im falschen Moment abgeriegelt. Die Staatsanwaltschaft Duisburg versuchte die genauen Ereignisse auf der Loveparade 2010 zu ermitteln. Der entstandene Fehlerbericht ist offenbar so heikel, dass die Landesregierung die Ermittlungsergebnisse geheim hält. Die Staatsanwaltschaft äußert sich nicht und gibt auch keine Interviews zu ihren Untersuchungen. Ulli Tückmantel, Leiter der Reportageabteilung bei der Zeitung "Rheinische Post", ist einer der wenigen, die den über 400 Seiten starken Bericht dennoch einsehen konnten. Sein Urteil fällt eindeutig aus: "Es ist ein Protokoll von Pleiten und Pannen!"

Die Loveparade vor einem Jahr hätte niemals genehmigt werden dürfen. Zu diesem Schluss kommen Tückmantel zufolge die Ermittler der Staatsanwaltschaft. Das Veranstaltungsgelände war ein umzäunter Bahnhof und dieser war für die Menschenmassen gar nicht ausgelegt. Für 250.000 gleichzeitig Anwesende wurde die Genehmigung für die Loveparade erteilt. Es kamen aber über 900.000 junge Leute. 700 Sonderzüge zur Veranstaltung waren ausgebucht.

Die vorhersehbare Katastrophe

Die Unglücksstelle wurde zum MahnmalBild: AP

Die Katastrophe war vorhersehbar. Experten berichteten den Planern bei der Stadt Duisburg schon von Gefahrensituationen bei früheren Loveparade-Veranstaltungen in Essen und Dortmund. Zu weiteren Nachfragen führte das in Duisburg nicht, berichtet der Journalist Tückmantel. Der einzige Zugang zum Veranstaltungsgelände in Duisburg war ein Tunnel. Der erwies sich als viel zu eng für die Besucheranzahl. Die für die Genehmigungen verantwortliche Stadtbehörde hatten 440 Meter breite Fluchtwege gefordert. Der Veranstalter meinte, eine Breite von 150 Metern würde ausreichen. Der Tunnel für die Zu- und Abgänge der Besucher schließlich war gerade einmal 30 Meter breit.

Fehler im Vorfeld

Nach dem Bericht der Staatsanwaltschaft haben bereits im Vorfeld der Megafeier viele Verantwortliche bei der Stadt über Probleme hinweggesehen und Verantwortlichkeiten so lange hin und her geschoben, bis man schließlich das Sicherheitskonzept des Veranstalters schlicht übernommen hat. Tückmantel sieht neben dem Veranstalter auch die Politiker in der Verantwortung. "Die haben alles getan, um die Loveparade nach Duisburg zu bekommen". Eigentlich war die Stadt so knapp bei Kasse, dass sie eine solche Veranstaltung gar nicht hätte ausrichten dürfen.

Der Veranstalter der Loveparade war die Lopavent GmbH, die unheimlichen Druck auf die Stadt ausübte, die Veranstaltung trotz Bedenken der Behörden durchführen zu lassen. "Die immensen wirtschaftlichen, aber auch ideellen Schäden, die nicht nur der Veranstalterin, sondern auch der Metropole Ruhr und der Stadt Duisburg entstehen, wenn die Veranstaltung abgesagt werden muss, überwiegen die denkbaren Beeinträchtigungen", schrieb die Berliner Kanzlei Härting an den Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland. Erst drei Tage vor Beginn der Loveparade wird die Genehmigung für das Event unterschrieben. Am Veranstaltungstag selbst werden erst Fahrbahnbegrenzungen abgebaut, damit Rettungswagen wenden konnten.

Das Gelände der Loveparade 2010 in Duisburg aus der LuftBild: AP


Überforderung während der Veranstaltung

Versäumnisse vor der Veranstaltung. Versagen während der Loveparade. Die Zahl der Ordner ist zu gering. Viele sind mit dem Schließen und Öffnen zur Steuerung der Besucherströme überfordert. Dasselbe gilt für die Polizei, wie deren Kommunikationsprotokolle beweisen. Sie zeugen von Missverständnissen, Fehlentscheidungen und Hilflosigkeit. Die Verständigung leidet auch, weil die Polizeikräfte Probleme mit ihren Mobiltelefonen haben. Das Handynetz bricht vorübergehend zusammen. Eine Vorrangschaltung der Handys, die eine Überlastung der Telefone vermeiden sollte, gab es nicht. Sie war auch nicht beantragt worden. Auf dem Riesengelände gibt es zudem keine Lautsprecher für dringende Durchsagen. Angeblich reichen die Kabellängen nicht.

Sind deutsche Großveranstaltungen noch sicher?

Die Angst geht um, dass weitere Großveranstaltungen in Deutschland im Fiasko enden könnten. Tatsächlich wurde erst vor einigen Tagen eine Massenpanik beim Freiburger Sommerfestival "Sea of Love" in letzter Minute verhindert. Wieder erschienen doppelt so viele Besucher wie zugelassen und Gitterzäune, mit denen die Besucherströme gelenkt werden sollten, versperrten ausgerechnet Fluchtwege. Dabei gibt es seit den verheerenden Vorkommnissen von Duisburg bundesweit neue Sicherheitsvorschriften. Großveranstaltungen werden nur noch zugelassen, wenn ein detailliertes Sicherheitskonzept schriftlich vorliegt.

Rettungskräfte und Polizisten versuchen zu helfenBild: AP

Jetzt werden alle Zugangswege zu einem Festgelände verbreitert und mehr Fluchtwege eingerichtet, die auch beleuchtet werden. Ein Videosystem überwacht jederzeit den Zustrom und den Abfluss der Besucher. Und die Anzahl der Sicherheitskräfte wird erheblich erhöht, sodass in einem möglichen Schadensfall genug Hilfskräfte vor Ort sind, um die Besucher und Besucherinnen entsprechend leiten zu können. Die Katastrophe der Loveparade in Duisburg vor einem Jahr hat so heftige Spuren hinterlassen, dass viele Verantwortliche bei den Städten in Deutschland Großveranstaltungen im Zweifel eher absagen würden.

Autor: Wolfgang Dick
Redaktion: Arne Lichtenberg

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