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Politik

"Luanda Leaks": Vorwürfe gegen Isabel dos Santos

21. Januar 2020

Angolas Ex-Präsidententochter Isabel dos Santos steht im Zentrum des größten afrikanischen Korruptionsskandals der letzten Jahre. Die "Luanda Leaks" machen deutlich: Die Verantwortlichen dafür sitzen nicht nur in Angola.

Isabel dos Santos angolanische Investorin
Bild: Reuters/T. Melville

Die Schlinge um Isabel dos Santos, reichste Frau Afrikas und Tochter des ehemaligen angolanischen Präsidenten José Eduardo dos Santos, zieht sich zu. Erst im Dezember hatte ein Gericht in Angola angeordnet, die Konten der milliardenschweren Unternehmerin einzufrieren. Den Vorsitz der Ölfirma Sonangol, das größte Unternehmens des Landes, musste sie schon 2017 abgeben, kurz nachdem João Lourenço ihren Vater als Präsidenten Angolas abgelöst hatte.

Jetzt haben internationale Investigativjournalisten nachgelegt: Mithilfe von über 715.000 Dokumenten zeichnen sie nach, wie Isabel dos Santos zur mächtigsten Frau Angolas aufsteigen konnte. "Das sind Dokumente, die aus dem Inneren der Firmen von dos Santos und ihrem Umfeld stammen", erklärt WDR-Journalist Andreas Spinrath. Als Teil des Rechercheverbunds von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung arbeitete er ein Jahr lang an der Auswertung der Dokumente. Diese seien zunächst einem afrikanischen Journalistenkollektiv zugespielt worden, das die Informationen wiederum mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) geteilt habe. 

Bei den sogenannten "Luanda Leaks" gehe es nicht darum, eine Geschichte über Isabel dos Santos zu erzählen, betont Spinrath im DW-Gespräch. "Es ist vielmehr eine Geschichte, die exemplarisch zeigt, wie eine mächtige Familie sich offenbar am Vermögen des Landes bereichert hat." Fast alle Wirtschaftsbereiche seien betroffen. Laut Informationen des Rechercheverbunds haben dos Santos und ihr Umfeld in den vergangenen Jahren mehr als 400 Firmen gegründet. Egal ob Diamanten, Bier oder Telekommunikation - stets sei es der dos-Santos-Clan gewesen, der staatliche Aufträge, Kredite und Steuererleichterungen einstreichen konnte. So systematisch, dass die angolanische Justiz jetzt mehr als eine Milliarde US-Dollar zurückfordert.

Eingesetzt vom Vater: Bis 2017 war Isabel dos Santos Vorstandsvorsitzende von Angolas größter Ölfirma SonangolBild: AP

Auch deutsche Kredite müssen hinterfragt werden

Und noch eines belegen die Dokumente: Das Unterstützernetzwerk von dos Santos reicht weit über die Landesgrenzen hinaus. "Wir konnten aufzeigen, dass es eine internationale Elite gibt von Anwälten, Wirtschaftsprüfern und Unternehmern, von Investoren und Politikern, die ihr genau dabei geholfen haben soll", sagt Spinrath. Mindestens eine Spur führt auch nach Deutschland: 2015 gewährte KfW-Ipex, eine Tochtergesellschaft der deutschen Förderbank KfW, der Getränkefirma Sodiba einen Kredit über rund 50 Millionen Euro für eine Anlage zum Brauen und Abfüllen von Bier.

Schon damals war bekannt, dass Sodiba zum Imperium der Präsidententochter gehörte - und dass die vermittelnde angolanische Bank als teilstaatliches Unternehmen der Weisung des Vaters, Präsident José Eduardo dos Santos, unterstand. Mit den Enthüllungen konfrontiert, ist man sich bei der KfW aber keiner Schuld bewusst. Man habe sich damals auf die Angaben der angolanischen Bank verlassen, der Bezug zu Isabel dos Santos sei nicht bekannt gewesen.

Angolas neuer Präsident João Lourenço vollzieht einen Paradigmenwechsel im Land Bild: picture-alliance/newscom/M. Graff

Solche Verteidigungsreden will der angolanische Bürgerrechtler Rafael Marques nicht gelten lassen. "Dies ist einer der großen internationalen Korruptionsfälle", sagt er im DW-Interview. "Es war die Internationale Gemeinschaft, die Isabel dos Santos als die erfolgreichste Unternehmerin ihres Landes inszeniert hat - obwohl sie eine Kriminelle war. Es ist naheliegend, dass Länder wie Deutschland, die Kredite für Isabel dos Santos bereitstellten, ihr dabei geholfen haben, sich illegal zu bereichern."

Umbau in kleinen Schritten in Angola

Die Luanda Leaks kommen in Angola vor allem für ihn zur rechten Zeit: Präsident João Lourenço, der Parteigenosse und politische Zögling von José Eduardo dos Santos, hat seit Amtsantritt einen Paradigmenwechsel vollzogen. Die Entmachtung von Isabel dos Santos und die Ermittlungen gelten als Erfolg des neuen Mannes. "Dos Santos hatte die Korruption institutionalisiert, Lourenço versucht, den Kampf gegen Korruption zu institutionalisieren", sagt Marques im DW-Interview.

Dass er es dabei nicht immer leicht hat, liege auf der Hand. "Lourenço muss jetzt die Führung übernehmen. Und ein Weg, das zu tun, ist, die letzten Handlanger von José Eduardo dos Santos von der Macht zu entfernen." Auch ein Umbau der Justiz sei jetzt nötig.

Isabel dos Santos weist weiterhin alle Kritik von sich. Auf Twitter beteuert sie weiterhin, sie habe all ihren Reichtum selbst erarbeitet. Die Enthüllungen nennt sie "in Teilen falsch und erfunden".

Mitarbeit: Cristina Krippahl

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