Boeing dominierte einst den Flugzeugmarkt – bis Airbus kam. Heute kämpft der US-Konzern Boeing mit Imageproblemen und Skandalen, die seine einstige Vormachtstellung ins Wanken bringen.
Symbolträchtige Aufnahme einstiger Flaggschiffe: der Airbus rollt zum Start, die Boeing noch nicht (Archivbild)Bild: Boris Roessler/dpa/picture alliance
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Flugreisen gelten als die sicherste Art, lange Strecken zu überwinden. Rein statistisch gesehen ist die Fahrt zum Flughafen für die Reisenden gefährlicher als das Fliegen selbst. Statistisch.
Stürzt ein Flugzeug aber ab, wie in dieser Woche der Air-India-Flug 171, verbietet sich ein Blick in die Statistik. Denn 269 Menschen starben, darunter 241 der 242 Flugzeuginsassen. Sie verloren ihr Leben bei dem ersten Totalverlust einer Maschine vom Typ Boeing 787-8.
Boeing 787 der Air India im Landeanflug auf London-Heathrow (Archivbild)Bild: Nicolas Economou/NurPhoto/picture alliance
So schrecklich ein solcher Unfall ist, so weitreichend sind seine Folgen auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Denn neben Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit ist vor allem die Betriebssicherheit das entscheidende Verkaufsargument für ein Passagierflugzeug.
Airbus hat die Nase vorn
Der US-Konzern war jahrzehntelang der führende Anbieter in der zivilen Luftfahrt. Doch in den vergangenen Jahren liefen die Geschäfte nicht mehr rund, es gab oft Verluste. 2024 verzeichnete Boeing mit rund 170.000 Angestellten einen operativen Verlust von fast elf Milliarden Euro, bei einem Umsatz von 66,5 Milliarden Dollar, umgerechnet 57,8 Milliarden Euro.
Zu diesem Zeitpunkt hatte der europäische Flugzeugbauer Airbus die Amerikaner im Passagierflug-Segment bereits überholt. Airbus, der Konzern hat seinen Sitz im Leiden in den Niederlanden, erwirtschaftete im selben Zeitraum mit rund 160.000 Mitarbeitern einen operativen Gewinn von rund fünf Milliarden Euro, bei einem Jahresumsatz von 69,2 Milliarden Euro.
Auch die Zahlen für die Auslieferungen von Passagiermaschinen sprechen eine deutliche Sprache: Die Europäer haben die Nase vorn und bauen ihren Vorsprung noch aus.
Allerdings sind die Zahlen für Produktion und Verkauf von Maschinen für die zivile Luftfahrt nur bedingt aussagekräftig. Denn beide Konzerne sind auch in der Raumfahrt tätig und außerdem Rüstungsfabrikanten. Das macht eine vergleichende Beurteilung, wie später zu sehen sein wird, insgesamt schwierig.
Pech und Pannen
Der Absturz der Air-India-Maschine ist nur der vorläufig letzte dunkle Punkt in der Boeing-Statistik. In den vergangenen Jahren waren die US-Amerikaner von einem Fettnäpfchen ins nächste getreten, hatten eine Panne nach der anderen verkraften und immer wieder Rückschläge wie jetzt den Absturz in Indien hinnehmen müssen.
Das beste Beispiel für den unglücklichen Trend - gerade im Vergleich zu Airbus - bietet der Umgang mit der jeweils größten Maschine im Portfolio: Bei Airbus war dies die A380, die größte Passagiermaschine überhaupt. Für den Betrieb dieses Flugriesen hatten Flughäfen weltweit ihre Infrastruktur anpassen müssen, weil die Terminals und Abfertigungskapazitäten einfach nicht groß genug waren.
Auftragsmangel bei Airbus A380
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Als klar wurde, dass vielen Airlines die A380 doch zu groß war, stellte Airbus die Produktion 2021 ein. Der Riesenjet war wegen seiner beiden zusätzlichen Triebwerke im Unterhalt zu teuer. Außerdem sind Flugzeuge mit einer so großen Zahl von Sitzen (bei einer A380 zwischen 500 und 850) nur schwer auszuverkaufen und daher oft wirtschaftlich nicht kalkulierbar.
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Vom Dreamliner zum Albtraumflieger
Anders bei Boeing. Als der Konzern Produktion und Verkauf des legendären Jumbo-Jets 747 eingestellt hatte, weil das Modell nicht mehr zeitgemäß war, sollte ein Versuch unternommen werden, auf die A380 von Airbus zu reagieren und selbst wieder ein konkurrenzfähiges Langstreckenflugzeug anzubieten. Dazu setzte man mit der Weiterentwicklung der 767 auf die neue 787 - "Dreamliner" genannt.
Rollout des Dreamliners im Boeingwerk Everett (2007)Bild: DPA
Doch statt ein Traumflieger (engl. Dreamliner) zu werden, entpuppte sich die neue Maschine eher als Albtraum. Bei dieser Maschine ging schief, was nur schiefgehen konnte.
Während Airbus die A380 fast geräuschlos aus dem Angebot nahm, brachte der Dreamliner für Boeing ganz schlechte Schlagzeilen: Es gab Schwierigkeiten mit neuen Verbundstoffen und Kommunikationsprobleme mit Zulieferern - mehrfach mussten Testflüge abgesagt und Erstflüge verschoben werden, Auslieferungsfristen konnten nicht eingehalten werden.
Schließlich gab es sogar Flugverbote: 2013 - die ersten Modelle waren ausgeliefert und im Einsatz - kam es unabhängig von einander zu zwei Zwischenfällen. Wegen Problemen mit den Batterien waren an zwei Maschinen Brände ausgebrochen.
Streit um Subventionen
Der Wettstreit zwischen den beiden Luftfahrtkonzernen geht nun schon seit der Gründung von Airbus im Jahr 2000 (unter dem Namen EADS) immer wieder in eine neue Runde. Beim Versuch, die Marktführerschaft zu übernehmen, wurden auch die Welthandelsorganisation und die Regierungen in Washington und Europa eingeschaltet.
Das Ende der Riesenflieger
Nicht nur dem Airbus A380, auch Boeings 747 schlägt die Stunde. Nach KLM, Virgin Atlantic und British Airways schickt nun auch die australische Qantas den Jumbo in die Wüste. Die Ära der Riesenflieger geht zu Ende.
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Probst
Abschied von Sydney
Qantas-Chef Alan Joyce hat die letzte Boeing 747 seiner Flotte in den Ruhestand verabschiedet. Die letzte Reise führt in die kalifornische Mojave-Wüste. Qantas war einst die weltweit einzige Airline mit einer 747-Flotte. Derzeit sind insgesamt noch 30 Jumbos weltweit im Einsatz, die allermeisten als Frachtmaschinen.
Bild: picture-alliance/dpa
Bye Bye Jumbo auch in London
Ende vergangener Woche hatte British Airways mitgeteilt, ihre gesamte 747-Flotte vorzeitig und mit sofortiger Wirkung stillzulegen. "Wegen des durch die COVID-19-Pandemie verursachten Rückgangs des Reiseverkehrs ist es unwahrscheinlich, dass unsere "Königin der Lüfte" jemals wieder kommerzielle Dienste für British Airways anbieten wird", so die Airline.
Bild: picture-alliance/empics/B. Birchal
Massenandrang bei erstem Flug
Der erste kommerzielle Flug der Boeing 747 mit PanAm ging am 21. Januar 1970 von New York nach London. Rund 9000 Menschen hatten sich für die Premiere registrieren lassen, mitfliegen konnten am Ende nur gut 360 und das auch nur mit Hindernissen. Nachdem sich ein Triebwerk überhitzt hatte, musste alle in eine Ersatzmaschine umsteigen, die dann mit fast sieben Stunden Verspätung startete.
Bild: Getty Images/AFP
Glamour der Königin der Lüfte
War bis Ende der 60er Jahre Fliegen etwas für Wohlhabende, konnten sich nun dank billigerer Tickets auch Normalverdiener Flüge leisten. Trotzdem war die 747 nicht leicht zu füllen. Da Flugpreise damals noch staatlich festgelegt waren, lockten die Airlines mit Luxus wie Cocktail-Lounges mit Sofa und Nierentischen im Heck. Bis heute wurden mit der 747 fast sechs Milliarden Menschen befördert.
Bild: picture-alliance/dpa/Boeing
Ölkrise bremste auch Boeing 747
Wenige Jahre nach dem glanzvollen Start würgte die Ölkrise 1973 die Begeisterung für den Jumbo wieder ab. Viele Fluggesellschaften mussten ihre 747 am Boden lassen, weil es schlicht zu teuer war, sie in die Luft zu bringen. Bestellungen von Flugzeugen wurden storniert. Erst ab Mitte der 70er Jahre mausert sich der Jumbo-Jet zum dominierenden Flugzeug der Langstrecke.
Bild: picture-alliance/dpa
Langstrecken-Ikone revolutionierte die Luftfahrt
In den letzten fünf Jahrzehnten hat die 747 dazu beigetragen, den globalen Luftverkehr kräftig zu verändern. Flughäfen wurden zu riesigen Drehkreuzen ausgebaut, denn mit dem gewaltigen Jumbo-Jet konnten viele Passagiere gleichzeitig über Langstrecken transportiert werden, um dann in kleineren Flugzeugen zu Regionalflughäfen weitergeflogen zu werden.
Es gab auch tragische Ereignisse in der Jumbo-Jet-Ära, etwa den Bombenanschlag von Lockerbie 1988 (Bild) oder 1977 den Zusammenstoß zweier 747 auf der Startbahn des Flughafens von Teneriffa, bei dem mehr als 500 Menschen starben. Mehrere Boeing 747 verloren im Flug ein komplettes Triebwerk. Eine Frachtversion stürzte deshalb in Amsterdam auf ein Haus.
Bild: picture-alliance/ dpa
747 zuletzt kaum noch nachgefragt
Die Branche setzt inzwischen auf kleinere Maschinen mit zwei Triebwerken, die weniger Sprit verbrauchen. Boeing habe bereits vor mindestens einem Jahr die letzten Teile für die 747 bei den Zulieferern bestellt, heißt es aus Branchenkreisen. Bei einer Baurate von einem halben Flugzeug pro Monat habe das Programm noch mehr als zwei Jahre vor sich, so ein Sprecher des Konzerns.
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Probst
Der US-Präsident fliegt weiter 747
Laut Bloomberg sind die gut ein Dutzend bei Boeing in Auftrag gegebenen Maschinen alle Frachtversionen der 747, im Passagierbereich seien seit Jahren keine neuen Jumbos bestellt worden. Der letzte Auftrag stamme aus dem Jahr 2017, so die Nachrichtenagentur Reuters. Da habe die US-Regierung zwei 747-8 bestellt, als Air Force One für den Präsidenten.
Bild: picture-alliance/empics
Auch Airbus produziert nicht mehr weiter
Insgesamt wurden in über 50 Jahren mehr als 1550 Maschinen des Modells 747 ausgeliefert. Der europäische Konkurrent Airbus hat sein Prestige-Projekt A380 bereits Anfang 2019 aufgegeben. Die Produktion des Riesenflugzeugs werde nur noch bis 2021 laufen, teilte Airbus im Februar mit. Insgesamt wurden vom A380 nur rund 250 Maschinen verkauft.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Matthews
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Hauptstreitpunkt: Welcher Konzern erhält mehr staatliche Subventionen? Sind sie gerechtfertigt oder nicht? Eine fast nicht zu beantwortende Frage, denn während in den USA nur eine Bundesregierung involviert ist, reden in Europa gleich mehrere mit: unter anderem in den Niederlanden und Großbritannien, in Frankreich, Spanien, Deutschland und bei der EU in Brüssel.
Dazu kommt, dass beide Konzerne nicht nur in der Luftfahrt, sondern auch in der Raumfahrt und vor allem im Rüstungsgeschäft konkurrieren. Dabei rangieren sie weltweit zwar nicht auf den vorderen Rängen: Boeing liegt bei den größten Rüstungskonzernen auf Platz sechs sehr deutlich vor Airbus, das es nicht in die "Top Ten" schafft (Platz 13), doch "Big Player" sind sie allemal.
Das Problem: Als Rüstungsunternehmen sind sie weitgehend von Regierungsaufträgen abhängig. Von denen werden sie nicht nur mit Forschung und Entwicklung beauftragt, die Regierungen sind auch ihre wichtigsten Kunden. Da kann man Subventionen kaum genau quantifizieren oder bestimmten Geschäftsfeldern zuordnen.
Wo bleibt die Konkurrenz?
Der Flugzeugbauer Embraer aus Brasilien beschränkt sich auf kleine Maschinen, Bombardier aus Kanada bedient inzwischen ausschließlich den Nischenmarkt für Business-Jets.
Singapur 2018: Modell der C919 von Comac - inzwischen ist die Maschine bereits im DienstBild: Nicholas Yeo/AFP/Getty Images
Doch einer der größten Luftfahrtmärkte der Welt ist China und dort gibt es inzwischen auch einen zu beachtenden Flugzeugbauer: die Commercial Aircraft Corporation of China Ltd., kurz COMAC. Die Gesellschaft wurde unter anderem von der chinesischen Regierung 2008 in Shanghai gegründet.
2015 wurde das erste Exemplar der C919 präsentiert, das erste zweistrahlige Passagierflugzeug, das vollständig in China zusammengebaut wurde. Gemeinsam mit dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern OAK aus Russland will COMAC bis 2028 eine Langstreckenversion C929 bauen. Wenigstens bis dahin beschränkt sich der Wettbewerb auf dem Markt für zivile Großraumflugzeuge auf die Protagonisten aus den USA und Europa.
Boeing 747 - die "Königin der Lüfte"
Boeing hat die Produktion der populären 747 eingestellt. Der Jumbo-Jet flog seit seinem Jungfernflug 1969 für Regierungen und zahllose Passagiere. Ein Klassiker verabschiedet sich - fast.
Bild: Nicolas Economou/NurPhoto/Getty Images
Der letzte Jumbo-Jet rollt aus
Nach mehr als 50 Jahren endet die Produktion der Boeing 747. In Everett bei Seattle verließ am Dienstagabend der letzte Jumbo-Jet das große Boeing Werk. Die Maschine wird noch einige Testflüge absolvieren bevor sie an den Kunden ausgeliefert wird. Wegen geringer Nachfrage hatte der Konzern 2020 angekündigt, die Produktion einzustellen und damit das Ende des Flugzeug-Klassikers eingeläutet.
Bild: Paul Weatherman/Boeing/dpa/picture alliance
1969 - Ein guter Start für Boeing
Den Jungfernflug feierte die Boeing 747 im Jahr 1969. Es war das damals größte Passagierflugzeug und etwa ein Jahr später ging die erste Maschine bei der US-Fluggesellschaft Pan Am in den Liniendienst. 1574 Exemplare des Riesenfliegers produzierte Boeing in den vergangenen fünf Jahrzehnten. Boeing-Manager Kim Smith bezeichnete die letzte Auslieferung des Flugzeug-Typs als "sehr surreal".
Bild: - /AFP/Getty Images
Lufthansa und Boeing, ein Traumpaar
Die Lufthansa war einer der wichtigsten Kunden der Boeing 747. Von den nur 47 produzierten Exemplaren der neuen 747-8 wurden 19 Teil der Lufthansa-Flotte. Trotz neuer Tragflächen, mehr Passagierplätzen und sparsamerer Triebwerke konnte sich das neue Modell nicht durchsetzen. Viele Airlines setzten auf Langstreckenflügen inzwischen kleinere Modelle ein, wie die Boeing 787 oder den Airbus A 350.
Bild: Daniel Kubirski/picture alliance
Air Force One
Seit 1990 wird eine Boeing 747-200B vom amtierenden Präsidenten der USA verwendet, im allgemeinen Air Force One genannt. Die große Maschine mit weiter Flugreichweite wurde für diesen Zweck speziell ausgerüstet. Mit an Bord: medizinische Ausstattung sowie eine militärische Operationsbasis. Auch ein privater Hawaii-Urlaub ist mit der Air Force One drin.
Bild: SAUL LOEB/AFP/Getty Images
Ein fliegendes Teleskop
Von 2010 bis 2022 flog eine Boeing 747-SP im Dienst der Wissenschaft. SOFIA hieß die Zusammenarbeit der NASA und der Deutschen Luft- und Raumfahrt (DLR), zur Infrarotastronomie wurde die B747 mit einem Spiegelteleskop ausgerüstet. Das fliegende Teleskop brachte unter anderem Hinweise darauf, wo das Wasser auf der Erde seinen Ursprung hat und ermöglichte die Erforschung des "Zwergplaneten" Pluto.
Bild: piemags/IMAGO
Bye-bye, Boeing 747
Als die Corona-Pandemie 2020 den Flugverkehr lahmlegte, nahmen British Airways und Quantas den weltbekannten Jumbo-Jet aus ihrer Flotte. Die großen US-Airlines Delta und United hatten das Modell bereits seit Jahren aus dem Betrieb genommen. Die B747 flog fast 50 Jahre für Quantas. Am 22. Juli 2020 versammelte sich eine kleine Menschenmenge in Sydney, um das bekannte Flugzeug zu verabschieden.
Bild: PETER PARKS/AFP/Getty Images
"Die Maschine befindet sich im Landeanflug"
Die Boeing 747 stand für Fortschritt und Technik, diente der Wissenschaft und flog Regierungen. Für Boeing spielte die B747 zuletzt keine große Rolle mehr. Aber viele Menschen verbinden persönliche Erinnerungen mit dem Klassiker. Das Ende der Produktion bedeutet nicht, dass die B747 aus der Luft verschwindet. Aber eine Ära endet und die "Königin der Lüfte" befindet sich endgültig im Landeanflug.