Die in der Corona-Krise in Turbulenzen geratene Lufthansa verliert ihren Platz im Deutschen Aktienindex Dax. Das Luftfahrtunternehmen rutscht in den MDax der mittelgroßen Werte ab. Neu im Dax ist ein Immobilienkonzern.
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Ersetzt wird die Lufthansa im Deutschen Aktienindex durch den Berliner Immobilienkonzern Deutsche Wohnen. Maßgeblich für die Zugehörigkeit zum Kreis der 30 Dax-Konzerne sind Börsenumsatz (Handelsvolumen) und Börsenwert (Marktkapitalisierung) eines Unternehmens.
Mehr als 30 Jahre in der 1. Liga
Der Kurs der Lufthansa-Aktie war im Sog der Corona-Krise eingebrochen. Darum muss die Fluggesellschaft nun nach fast genau 32 Jahren ununterbrochener Zugehörigkeit ihren Platz im Dax räumen.
Die Deutsche Wohnen, die nachrückt, ist mit bundesweit 160.000 Wohnungen der zweitgrößte private Vermieter in der Republik. Für diesen Freitag hat Deutsche Wohnen die Aktionäre zur Hauptversammlung geladen. Der größte deutsche Vermieter, die Bochumer Vonovia, ist seit fünf Jahren im Dax.
Eine Frage des Prestiges
Wichtig sind Index-Änderungen vor allem für Fonds, die Indizes exakt nachbilden (ETFs). Dort muss dann entsprechend umgeschichtet werden, was in der Regel Einfluss auf die Aktienkurse hat. Die Zugehörigkeit zum Dax ist aber auch eine Frage von Prestige: Gerade für internationale Investoren ist der Leitindex das Aushängeschild der deutschen Wirtschaft. Nächster regulärer Überprüfungstermin für die Zusammensetzung der Aktienindizes der Deutschen Börse ist der 3. September 2020.
Ein kleiner Trost: Mit ihrem Dax-Abstieg ist die Deutsche Lufthansa AG in namhafter Gesellschaft. Im September 2019 musste das Industrie-Urgestein Thyssenkrupp den Top-Börsenindex verlassen, ein Jahr zuvor erwischte es die Commerzbank, die ausgerechnet dem Zahlungsabwickler Wirecard Platz machen musste. Auch Thyssen und die Commerzbank gehörten zum Kreis der 15 Gesellschaften, die seit dem Start des Dax am 1. Juli 1988 bis dahin ohne Unterbrechung in dem Index gelistet waren.
Fast 140.000 Beschäftigte
Die Lufthansa ist in der Corona-Krise schwer unter Druck geraten, weil seit Monaten kaum noch Flugverkehr möglich ist. In dem Konzern mit etwa 138.000 Beschäftigten stehen deswegen Tausende Jobs auf der Kippe. Die Bundesregierung hat ein Hilfspaket geschnürt, das verschiedene Hilfen und Eigenkapitalmaßnahmen in einer Gesamthöhe von neun Milliarden Euro vorsieht. Im Gegenzug soll der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) 20 Prozent der Aktien übernehmen.
Außerdem ist vorgesehen, dass der Bund zwei Posten im 20-köpfigen Aufsichtsrat der Lufthansa besetzt. Die Aktionäre der Lufthansa müssen auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni noch grünes Licht für dieses Paket geben.
Wenn der Staat den Steuerknüppel übernimmt
Die Lufthansa soll mit Geld aus der Staatskasse die Umsatzeinbrüche überstehen, die sie in der Coronakrise erlitten hat. Weltweit gesehen steht sie damit nicht alleine: Viele Airlines bemühen sich um staatliche Hilfe.
Bild: AP
Hilfe ja, Einmischung nein!
Deutschland greift der Lufthansa mit neun Milliarden Euro unter die Arme. Dafür übernimmt der Staat 20 Prozent der Anteile mit der Möglichkeit, auf 25 Prozent plus eine Aktie aufzustocken. Im Fall eines feindlichen Übernahmeversuchs sollen so tausende Arbeitsplätze gesichert werden. Wirtschaftsminister Peter Altmaier sagt: Eine Einmischung in Entscheidungen des Managements wird es nicht geben.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert
Smartwings will einen smarten Deal
Die Tschechische Republik will ihren Einfluss auf Smartwings ausbauen, die Muttergesellschaft der Czech Airlines. Industrieminister Karel Havlicek hat sogar eine Komplettübernahme des Konzerns ins Spiel gebracht. Manager der Gesellschaft sagen jedoch, dass niemand ein Interesse daran habe; sie wollen lieber einen vom Staat abgesicherten Kredit, um die Fluggesellschaft durch die Krise zu bringen.
Bild: picture-alliance/dpa
TAP: Kredit oder Übernahme?
Die halbstaatliche portugiesische Fluggesellschaft TAP bemüht sich um einen vom Staat gestützten Kredit, um ihr Überleben zu sichern. Ministerpräsident Antonio Costa spricht von der Möglichkeit einer Komplett-Verstaatlichung. Noch gehört die Gesellschaft nur zur Hälfte dem Staat Portugal, zu 45 Prozent dem US-Brasilianer David Neeleman. Die restlichen fünf Prozent gehören Mitarbeitern.
Bild: picture alliance/M. Mainka
Überleben ohne Hilfe? No way, Norwegian!
Der Billigflieger Norwegian hält sich nur mit staatlicher Hilfe noch in der Luft. Nach einer Umstrukturierung sicherte sich die Gesellschaft eine Kreditzusage der Regierung in Oslo. AerCap, eine Gesellschaft für Flugzeugleasing, tauschte Leasingverträge gegen Anteile und besitzt jetzt 15,9 Prozent von Norwegian. 12,67 Prozent gehören BOC Aviation, das von der Bank of China kontrolliert wird.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Mainka
Nach 48 Jahren in den roten Zahlen
Zum ersten Mal in ihrer 48-jährigen Geschichte mussten Singapore Airlines in diesem Monat Verluste bekanntgeben; die meisten ihrer Maschinen bleiben in der Pandemie am Boden. Die Fluggesellschaft gehört schon mehrheitlich dem Staat - die Staatsholding Temasek kontrolliert mehr als 50 Prozent der stimmberechtigten Aktien. Die Regierung legt Wert darauf, dass sie sich aus dem Management heraushält.
Bild: Singapore Airlines
Golf-Airlines: Staatshilfe als Geschäftsprinzip
Emirates, Etihad und Qatar, staatliche Fluggesellschaften aus der Golfregion, werden schon lange von der Konkurrenz kritisch beobachtet. Die behauptet, die drei Golf-Airlines hätten durch unbegrenzte staatliche Unterstützung einen unfairen Wettbewerbsvorteil und würden so andere Gesellschaften verdrängen. Vor der Pandemie konnten die drei vom Golf überdurchschnittliches Wachstum verbuchen.
Bild: C. Furlong/Getty Images
Staatliche Kontrolle - nichts Neues für Aeroflot
Die Aeroflot-Gruppe mit den Fluggesellschaften Aeroflot, Rossiya und Pobeda ist ein weiteres Beispiel: Sie gehört zu 51,2 Prozent dem russischen Staat. Weltweit gehören ungefähr 150 weitere Fluggesellschaften laut Wikipedia mehrheitlich dem jeweiligen Staat - und sind damit in der Minderheit. Denn insgesamt gibt es auf diesem Globus rund 5000 Airlines.