Ein Minus von 2,1 Milliarden Euro im ersten Quartal - das tut weh, trotz der erwarteten staatlichen Finanzhilfen für den Kranich-Konzern. Lufthansa-Chef Spohr stellt die Mitarbeiter daher auf schwere Turbulenzen ein.
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Die Lufthansa will bei dem geplanten tiefgreifenden Konzernumbau Kündigungen so weit wie möglich vermeiden. Das sagte Vorstandschef Carsten Spohr bei der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal in Frankfurt am Main. Zugleich betonte er: "Wir werden jeden Stein in dem Unternehmen umdrehen." Das Management will die Stückkosten im Vergleich zum Niveau vor der Corona-Krise "deutlich" senken. "Angesichts der absehbar nur sehr langsam verlaufenden Erholung der Nachfrage müssen wir nun mit tiefgreifenden Restrukturierungen gegensteuern."
Finanzhilfen von bis zu neun Milliarden Euro
Im ersten Quartal brockte die Krise dem Konzern einen Milliardenverlust ein. Unter dem Strich stand ein Minus von 2,1 Milliarden Euro nach einem saisontypischen Minus von 342 Millionen ein Jahr zuvor. Eine Prognose für das Gesamtjahr traut sich der Vorstand weiterhin nicht zu, erwartet aber unverändert einen signifikanten Rückgang des operativen Ergebnisses.
Wegen des Schocks muss die Airline-Gruppe der Lufthansa mit staatlichen Finanzhilfen von bis zu neun Milliarden Euro vor der Pleite gerettet werden. Das mit der Bundesregierung ausgehandelte Finanzpaketmuss noch von der EU-Kommission genehmigt werden und Zustimmung auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 23. Juni finden. Denn Teil des Plans ist der Einstieg des Staates mit einem Anteil von 20 Prozent, für den das Kapital um 25 Prozent erhöht werden muss. Zu der Gruppe gehören auch die Unternehmen Eurowings, Swiss, Austrian und Brussels Airlines.
Personalüberhang von bis zu 20.000 Mitarbeitern?
Um Kredite und Zinsen zügig zurückzahlen zu können, werde die Lufthansa ihren freien Barmittelzufluss im Vergleich zur Zeit vor der Krise deutlich steigern müssen, sagte Vorstandsmitglied Thorsten Dirks. Dabei erwartet die Lufthansa nur eine schrittweise anziehende Nachfrage nach Flugreisen. Während zuletzt fast 700 der 763 Flugzeuge des Konzerns am Boden standen, dürften auch im kommenden Jahr noch 300 und im Jahr 2022 noch 200 Maschinen nicht fliegen, schätzt das Management. Es rechnet damit, dass die Krise erst 2023 überstanden und die Flotte dann dauerhaft 100 Maschinen kleiner ist.
Schon derzeit sind von den knapp 137.000 Lufthansa-Beschäftigten 87.000 in Kurzarbeit. Es gebe einen Personalüberhang von bis zu 20.000 Mitarbeitern, heißt es in Konzernkreisen. Mit den Gewerkschaften soll eine Lösung gefunden werden, möglichst viele der Beschäftigten über mehr Teilzeit und Gehaltsverzicht an Bord zu halten.
Wenn der Staat den Steuerknüppel übernimmt
Die Lufthansa soll mit Geld aus der Staatskasse die Umsatzeinbrüche überstehen, die sie in der Coronakrise erlitten hat. Weltweit gesehen steht sie damit nicht alleine: Viele Airlines bemühen sich um staatliche Hilfe.
Bild: AP
Hilfe ja, Einmischung nein!
Deutschland greift der Lufthansa mit neun Milliarden Euro unter die Arme. Dafür übernimmt der Staat 20 Prozent der Anteile mit der Möglichkeit, auf 25 Prozent plus eine Aktie aufzustocken. Im Fall eines feindlichen Übernahmeversuchs sollen so tausende Arbeitsplätze gesichert werden. Wirtschaftsminister Peter Altmaier sagt: Eine Einmischung in Entscheidungen des Managements wird es nicht geben.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert
Smartwings will einen smarten Deal
Die Tschechische Republik will ihren Einfluss auf Smartwings ausbauen, die Muttergesellschaft der Czech Airlines. Industrieminister Karel Havlicek hat sogar eine Komplettübernahme des Konzerns ins Spiel gebracht. Manager der Gesellschaft sagen jedoch, dass niemand ein Interesse daran habe; sie wollen lieber einen vom Staat abgesicherten Kredit, um die Fluggesellschaft durch die Krise zu bringen.
Bild: picture-alliance/dpa
TAP: Kredit oder Übernahme?
Die halbstaatliche portugiesische Fluggesellschaft TAP bemüht sich um einen vom Staat gestützten Kredit, um ihr Überleben zu sichern. Ministerpräsident Antonio Costa spricht von der Möglichkeit einer Komplett-Verstaatlichung. Noch gehört die Gesellschaft nur zur Hälfte dem Staat Portugal, zu 45 Prozent dem US-Brasilianer David Neeleman. Die restlichen fünf Prozent gehören Mitarbeitern.
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Überleben ohne Hilfe? No way, Norwegian!
Der Billigflieger Norwegian hält sich nur mit staatlicher Hilfe noch in der Luft. Nach einer Umstrukturierung sicherte sich die Gesellschaft eine Kreditzusage der Regierung in Oslo. AerCap, eine Gesellschaft für Flugzeugleasing, tauschte Leasingverträge gegen Anteile und besitzt jetzt 15,9 Prozent von Norwegian. 12,67 Prozent gehören BOC Aviation, das von der Bank of China kontrolliert wird.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Mainka
Nach 48 Jahren in den roten Zahlen
Zum ersten Mal in ihrer 48-jährigen Geschichte mussten Singapore Airlines in diesem Monat Verluste bekanntgeben; die meisten ihrer Maschinen bleiben in der Pandemie am Boden. Die Fluggesellschaft gehört schon mehrheitlich dem Staat - die Staatsholding Temasek kontrolliert mehr als 50 Prozent der stimmberechtigten Aktien. Die Regierung legt Wert darauf, dass sie sich aus dem Management heraushält.
Bild: Singapore Airlines
Golf-Airlines: Staatshilfe als Geschäftsprinzip
Emirates, Etihad und Qatar, staatliche Fluggesellschaften aus der Golfregion, werden schon lange von der Konkurrenz kritisch beobachtet. Die behauptet, die drei Golf-Airlines hätten durch unbegrenzte staatliche Unterstützung einen unfairen Wettbewerbsvorteil und würden so andere Gesellschaften verdrängen. Vor der Pandemie konnten die drei vom Golf überdurchschnittliches Wachstum verbuchen.
Bild: C. Furlong/Getty Images
Staatliche Kontrolle - nichts Neues für Aeroflot
Die Aeroflot-Gruppe mit den Fluggesellschaften Aeroflot, Rossiya und Pobeda ist ein weiteres Beispiel: Sie gehört zu 51,2 Prozent dem russischen Staat. Weltweit gehören ungefähr 150 weitere Fluggesellschaften laut Wikipedia mehrheitlich dem jeweiligen Staat - und sind damit in der Minderheit. Denn insgesamt gibt es auf diesem Globus rund 5000 Airlines.