1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Verdreckte Luft kostet uns drei Lebensjahre

3. März 2020

Feinstaub, Ozon und andere Luftschadstoffe kosten die Menschen weltweit mehr Lebensjahre als gefährliche Infektionskrankheiten wie Malaria oder AIDS, das Rauchen oder Kriege, so Mainzer Forscher.

Indien Kolkatta Smog
Bild: picture-alliance/NurPhoto/I. Aditya

In Folge von Luftverschmutzung komme es weltweit zu 8,8 Millionen vorzeitigen Todesfällen, schreiben der Kardiologe Thomas Münzel von der Universitätsmedizin Mainz und der Chemiker Jos Lelieveld vom dortigen Max-Planck-Institut für Chemie. Im Durchschnitt sinke die Lebenserwartung jedes Erdenbürgers um knapp drei Jahre.

Die Forscher nutzen eine neue Modellierungsmethode, das sogenannte Global Exposure Mortality Model (GEMM) , um zu ihren Ergebnissen zu gelangen, die sie in der Fachzeitschrift Cardiovascular Research am Dienstag den 3. März 2020 veröffentlichten. 

Mehr dazu: Brustkrebs: Deutsche Forscher stellen Bluttest zur Früherkennung vor

Dabei berücksichtigten die Forscher einerseits ein weltweites Zirkulationsmodell aus der Atmosphärenchemie, das wiederum von einem Klimamodell abgeleitet ist. Andererseits flossen Sterblichkeitszahlen  und Statistiken über weltweit vorkommende Krankheiten von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Berechnungen ein.

Herzinfarkte und Schlaganfälle besonders häufig 

Im Fokus standen vor allem Lungenkrebs, chronische und akute Lungenentzündungen sowie Herzerkrankungen und Schlaganfälle, aber auch chronische Vorerkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck.

Besonders schwerwiegend sind demnach Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 43 Prozent der vorzeitigen Todesfälle gehen weltweit auf Herzinfarkte und Schlaganfälle zurück.

Ferner gaben die Zahlen Aufschluss über die Altersstruktur der Patienten. Es zeigte sich, dass insbesondere ältere Menschen gefährdet sind. Etwa 75% der vorzeitigen Todesfälle betraf Menschen über 60 Jahre.

Kinder unter fünf Jahren hatten allerdings auch ein erhöhtes Sterberisiko, wenn sie in den ärmsten Weltregionen lebten, etwa in Afrika und Teilen Südasiens. 

Mehr dazu: Herzinfarkt erkennen - Frauen sind keine Männer!

Große Unterschiede zwischen den Weltregionen

Die Wissenschaftler fanden nicht nur große Unterschiede in der Luftverschmutzung und damit der Sterblichkeit nach Weltregion, sondern sie kamen auch zu dem Ergebnis, dass es durchaus vom Wohnort abhängt, wie stark die Menschen überhaupt Einfluss nehmen können. Luftverschmutzung ist nämlich nicht immer menschengemacht und entsprechend auch vermeidbar.

Am schlimmsten ist die Lage in Ostasien. Dort verliert der durchschnittliche Mensch statistisch vier Jahre seiner Lebenszeit durch Luftverschmutzung. Drei Jahre davon ließen sich wiedergewinnen, wenn es gelänge, die industriellen Emissionen – insbesondere von fossilen Brennstoffen - zu reduzieren.

In Afrika hingegen ist natürlich vorkommender Feinstaub der Hauptgrund dafür, dass die Menschen durchschnittlich 3,1 Lebensjahre verlieren. Von diesen ließen sich aber nur 0,7 Jahre retten, wenn die Industrie in den betroffenen Gebieten ihre Emissionen drastisch verringern würde.

In Europa dagegen wären 1,7 von 2,2 verlorenen Jahren durch Umweltschutzmaßnahmen vermeidbar gewesen, in Nordamerika 1,1 von 1,4. Auch Wald- und Buschbrände betrachteten die Forscher dabei als natürliche Emissionen.

Andere Risikofaktoren im Vergleich

Nach der Studie wäre selbst das Tabakrauchen weniger gefährlich als die allgemeine Luftverschmutzung. Münzel und Lelieveld errechneten dafür einen Wert von 2,2 durchschnittlich verlorenen Lebensjahren (wobei Nichtraucher in diese Zahl eingerechnet sind). Die Immunschwächekrankheit AIDS kostet die Menschen demnach im Durchschnitt 0,7 Lebensjahre, Malaria 0,6 und Gewaltanwendung 0,3 Jahre.

Die Forscher räumten ein, dass ihre Messmethode noch Unsicherheiten berge, insbesondere bezüglich der Auswirkungen der Risikofaktoren, wie etwa des Rauchens. Sie verstehen ihre Studie unabhängig davon als eine Anregung für weitere Forschungen. 

Mehr dazu: Krebsstatistiken: Was uns die Wursthysterie lehren sollte

Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen