Luigi Colani: Der Meister der runden Formen ist tot
Rick Fulker dpa | Paula Rösler
16. September 2019
Rundleibige Fernseher und futuristische Fahrzeuge: Mit seinen extravaganten Modellen prägte Luigi Colani die Designwelt - und verspottete seine Kollegen.
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Ohne Ecken und Kanten: Luigi Colanis Designwelt
Er blieb seinem Stil stets treu: Luigi Colanis Welt war rund und seine futuristischen, organischen Produkte sind längst Kultobjekte. Nun ist der Designer mit 91 Jahren gestorben.
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Protzige Sportwagen
Für Generationen von Designern war Colani ein Vorbild. Sein Name ist für viele unmittelbar verbunden mit spektakulären und futuristischen Entwürfen von Autos, Rennwagen, Lastwagen und Flugzeugen. Besonders charakteristisch: die geschwungenen Kotflügel dieses Cabrios, dem "Horch-Colani".
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Zeitlose Klassiker (1973)
Sein Lieblingsmaterial war Kunststoff, hochglanzpoliert, in starker Farbigkeit. In den 1970 Jahren gehörte der Berliner Designer Lutz "Luigi" Colani zu den stilprägenden Künstlern der internationalen Designbranche. Seine geschwungenen Entwürfe - immer mit abgerundeten Kanten - sind bis heute auf den ersten Blick als "Colani" zu erkennen.
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Modelle als Skulpturen
Schloss Harkotten, im westfälischen Münsterland, war ihm lange Werkstatt, Wohnort und Inspirationsquelle zugleich. Als erfolgreicher Industriedesigner konnte sich Luigi Colani den feudalen Lebensstil leisten. Im Park durften Besucher seine verrückten Entwurfsmodelle für Sportwagen, Möbel, Motorräder oder Skulpturen, wie dieses Werbemodell für den Reifenhersteller Goodyear, bewundern.
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Verwegene Formensprache
Luigi Colani, am 2. August 1928 in Berlin-Friedenau geboren, liebte für seine exklusiven Entwürfe die große Bühne. Sie war ihm von Kindheit vertraut, denn sein Vater arbeitete als Filmarchitekt, seine Mutter war Souffleuse bei Theaterregisseur Max Reinhardt. Um die Kreativität ihres Sohnes früh zu fördern, richteten ihm die Eltern statt eines Kinderzimmers eine Bastelkammer ein.
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Büroraum der Zukunft
Auf einem ehemaligen Steinkohle-Förderturm in Lünen befindet sich seit 1995 das Colani-Ei - auch "Ufo" genannt. Mit dem Objekt wollte der Künstler den Strukturwandel im Ruhrgebiet veranschaulichen. Das "Ufo" dient als Bürofläche und Business-Lounge mit Panorama-Blick. Die ehemalige Schachthalle am Fuß des Turms wird heute als Veranstaltungshalle genutzt.
Auch bei diesem Fernseher ist die organische Form unverkennbar. Im Bild stellte er eines seiner Fernsehmodelle auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin 1993 vor. Nicht immer waren seine extravaganten Produktentwürfe auch praxistauglich. Der Colani-Fernseher entwickelte sich aber zum Kultobjekt.
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Perfektes Design
Die ergonomisch geformte Spiegelreflexkamera von Canon nannte er selbst sein vielleicht bestes Produkt. Die Kamera brachte ihm viel Geld und Aufsehen ein. Auch seine Brillenmodelle waren Verkaufsrenner.
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Das Auge isst mit
Dieses schwarz-weißen Service - Cappuccinotassen, serviert auf dem dazu passenden Untersatz - bildet eine geschwungene Einheit, ganz im Stil des Designers. Neben Geschirr entwarf Colani auch komplette Küchen.
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Spektakuläre und futuristische Autos, Rennwagen, Lastwagen oder Flugzeuge - aber auch Möbel, Geschirr, Brillen, Kameras, Fernseher, Kleidung, Toiletten und Küchen entwarf der Universaldesigner. Sein Markenzeichen: runde, organische Formen. "Meine Welt ist rund", betonte er. Sein Stil prägte Generationen junger Designer.
Colani sei am Montag im Alter von 91 Jahren in Karlsruhe an einer schweren Krankheit gestorben, sagte seine Lebensgefährtin Yazhen Zhao der Deutschen Presse-Agentur.
Popstar des Design
Luigi Colani - mit bürgerlichem Namen Lutz Colani - wurde am 2. August 1928 in Berlin geboren.
Nach abgebrochenem Studium der Bildhauerei und Malerei an der Berliner Kunstakademie studierte er von 1949 bis 1952 Aerodynamik und Ultraleichtbau an der Universität Sorbonne in Paris.
Kein Alltagsgegenstand war Colani zu banal: Zu seinen Designs gehörten rundleibige Fernseher, dickbäuchige Kugelschreiber, geschwungene Stühle, sanftförmige Brillen oder ovalschwebende Klos - Vorbilder hatte er dabei nach eigenem Bekunden nicht. Sein erfolgreichstes Modell sei die ergonomisch geformte Spiegelreflexkamera Canon T90 gewesen, sagte Colani einmal.
In Deutschland avancierte Colani in den 70er und 80er Jahren zum Popstar des Designs und zu einem Medienstar. Als Vermarkter in eigener Sache beschimpfte er seinen Berufsstand als erzkonservativ. Er stürmte voran, er wollte immer mehr als das momentan Mögliche, er grollte, wenn andere nicht mitkamen oder, schlimmer noch, ihn gar nicht erst verstanden. Colani verachtete Zweifler, er liebte das Risiko.
Luigi Colani: "Meine Welt ist rund"Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck
Colani lebte und arbeitete in Deutschland, der Schweiz, Italien, Mexiko, den USA und Russland - aber auch in Japan oder China, wo er in den vergangenen Jahren Kultstatus erreichte.
Nach eigener Schätzung brachte der visionäre Designer rund 4000 Ideen auf Papier, davon seien etwa 70 Prozent nie realisiert worden.
Trotzig bis ins hohe Alter
Auch im hohen Alter war er noch aktiv, doch es wurde ruhiger um Colani. Anlässlich seines 90. Geburtstags wetterte er 2018 in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur noch einmal: "Ich könnte dieser Welt auf die Sprünge helfen! Aber ich will es nicht mehr", und fügte ein wenig traurig hinzu, dass er in keine Zeit gepasst habe.
Raumschiff oder Lastwagen? Colani posiert 1989 vor seiner SchöpfungBild: picture-alliance/I. Wagner
Ein Colani-Museum, das er dann doch so gerne gehabt hätte, wurde nie gebaut. Was ihm vielleicht Genugtuung sein mag: Am Ende seines Lebens würdigte man ihn zunehmend wieder als den, der er schon immer war - ein Visionär.