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Politik

Lukaschenko bleibt wohl an der Macht

9. August 2020

Nach Mitteilungen der Wahlbehörde wird Alexander Lukaschenko weitere sechs Jahre über Wohl und Wehe der Belarussen bestimmen. Inoffizielle Nach-Wahl-Befragungen sehen Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja vorn.

Weißrussland Minsk | Alexander Lukaschenko im Gespräch mit der Presse nach Stimmabgabe
Bild: picture-alliance/dpa/A. Pokumeiko

Bei der Präsidentenwahl in der autoritär regierten Ex-Sowjetrepublik Belarus (Weißrussland) hat sich Amtsinhaber Alexander Lukaschenko nach offizieller Darstellung eine sechste Amtszeit gesichert. Wie die Wahlbehörde aufgrund einer Prognose mitteilte, erhielt Lukaschenko 79,7 Prozent der Stimmen, seine wichtigste Rivalin Swetlana Tichanowskaja kam auf 6,8 Prozent. Befragt wurden für die Prognose 12.000 Wahlberechtigte nach dem Urnengang. 30 Prozent hätten keine Antwort geben wollen, hieß es.

Wie das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) meldet, zeigt eine Umfrage einer regierungskritischen Organisation allerdings ein gegenteiliges Stimmenverhältnis. Demnach liegt Tichanowskaja bei 70 Prozent und Lukaschenko kam auf etwa 16.

Großer Andrang

Um 19 Uhr MESZ hatten die Wahllokale geschlossen. Viele der knapp sieben Millionen Wahlberechtigten konnten jedoch wegen des großen Andrangs ihre Stimme nicht mehr abgeben.

Schlange vor Wahllokal in Barauliany: Zu wenig StimmzettelBild: picture-alliance/dpa/TASS/N. Fedosenko

Wahlleiterin Lilija Jermoschina sagte, dass die Anzahl der Stimmzettel nicht ausreichte. Niemand habe mit so einer hohen Beteiligung gerechnet, betonte sie.

Wie die Wahlkommission in der Hauptstadt Minsk am Abend mitteilte, lag die Beteiligung bei knapp 80 Prozent (Stand 18.00 Uhr). Beobachter und Oppositionelle dokumentierten eigenen Angaben zufolge massive Wahlmanipulationen.

Lukaschenko auf ewig?

Am Sonntag erklärte der von Kritiker als "letzter Diktator Europas" titulierte Lukaschenko, er werde nicht die "Kontrolle über die Lage verlieren". Internationale Beobachter waren zu der Abstimmung nicht zugelassen. Schon die vergangenen vier Urnengänge in der ehemaligen Sowjetrepublik wurden wegen Betrugs und Einschüchterungen von unabhängigen Beobachtern international nicht anerkannt.

Machthaber Lukaschenko bei der Stimmabgabe: "Alles unter Kontrolle"Bild: imago images/ITAR-TASS/N. Fedosenko

Experten gehen davon aus, dass Lukaschenko auch dieses Mal seinen Sieg mithilfe von Wahlfälschungen sichern wird. Zumal eine Rekordzahl von 41,7 Prozent der Wahlberechtigten nach Angaben der Wahlkommission von der Möglichkeit Gebrauch machten, schon Tage vorher ihre Stimmen abzugeben - und damit genügend Zeit für Manipulationen blieb.

Mehr als ein Achtungserfolg?

Ungeachtet des vorhersehbaren Erfolgs des Amtsinhabers zeigte sich die Opposition kampfeslustig. Vor vielen Wahllokalen wurde die politisch nur wenig erfahrene Kandidatin Swetlana Tichanowskaja bejubelt. Viele riefen "Sweta, Sweta!".

Mit ihrer Kandidatur hat die 37-Jährige Amtsinhaber Lukaschenko vor unerwartete Herausforderungen gestellt. Die Englischlehrerin und Übersetzerin trat an, nachdem ihr Mann, der bekannte Blogger Sergej Tichanowski, inhaftiert und von der Wahl ausgeschlossen wurde.

Oppositionskandidatin Tichanowskaja: "Ich möchte wirklich, dass die Wahlen ehrlich sind"Bild: picture-alliance/AP Photo

Ihr Wahlversprechen: Tichanowskaja will neue, freie Wahlen ansetzen, an denen auch Kandidaten wie ihr Mann teilnehmen können, die inhaftiert oder nicht zugelassen wurden.

Bei ihrer Stimmabgabe in der Hauptstadt Minsk äußerte Tichanowskaja die Hoffnung auf eine faire Wahl. "Ich möchte wirklich, dass die Wahlen ehrlich sind. Wenn die Behörden nichts zu befürchten haben und alle Menschen für Alexander Lukaschenko sind, werden wir damit einverstanden sein", sagte sie.

Zuvor war ihre Wahlkampfleiterin Maria Moros verhaftet worden. Der Grund für die Festnahme war zunächst unklar. Am Samstagabend war außerdem Tichanowskajas Mitstreiterin Maria Kolesnikowa kurzzeitig festgenommen worden. Eine weitere politische Verbündete Tichanowskajas, Weronika Zepkalo, flüchtete am Sonntag vorsichtshalber nach Russland. Dorthin hatte sich ihr Mann, der Unternehmer und abgelehnte Präsidentschaftskandidat Waleri Zepkalo, mit den gemeinsamen Kindern auch schon in Sicherheit gebracht.

Wahlen in angespannter Atmosphäre

Obwohl die Behörden vor der Wahl massiv gegen die Opposition vorgingen, hatten Zehntausende an den Wahlkampfveranstaltungen der Oppositionskandidatin teilgenommen. Zum Wahltag verschärften die Behörden die Sicherheitsvorkehrungen massiv. In ganz Minsk waren Polizeipatrouillen zu sehen, Regierungsgebäude wurden mit Metallbarrieren abgeriegelt. Augenzeugen berichteten der Nachrichtenagentur AFP von gepanzerten Fahrzeugen und bewaffneten Soldaten an wichtigen Zufahrtsstraßen.

Einwohner berichteten von Problemen, auf die Internetseiten unabhängiger Medien zuzugreifen. Die Internetseite der unabhängigen Wahlbeobachtungsgruppe Tschestnie Lijudi war ebenso wie die Seite der Wahlkommission nicht erreichbar. Die Video-Plattform Youtube, verschlüsselte Messengerdienste wie Telegram und VPN-Verbindungen waren stark verlangsamt.

mak/AR (afp, dpa, rtr)

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