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Politik

Lukaschenko-Gegnerin Kolesnikowa verschwunden

7. September 2020

Maria Kolesnikowa ist eine der bekanntesten Oppositionellen in Belarus. Am Sonntag hatte die Widersacherin von Staatschef Lukaschenko noch demonstriert.

Belarus Protest Maria Kolesnikowa
Lebte viele Jahre in Stuttgart: Maria Kolesnikowa (Archivbild)Bild: Reuters/V. Fedosenko

Die belarussische Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa ist verschwunden. Die näheren Umstände sind unklar. Während die russische Nachrichtenagentur RIA meldet, die Polizei prüfe eine mögliche Entführung, erklärte der Koordinierungsrat der Demokratiebewegung in Belarus, Kolesnikowa sei möglicherweise festgenommen worden. Ihr Mobiltelefon sei abgeschaltet. Auch zu ihren Mitarbeitern Iwan Krawzow und Anton Rodnenkow gebe es keinen Kontakt mehr. 

Das Internetportal tut.by berichtet, laut einer Zeugin hätten mehrere schwarz gekleidete Männer Kolesnikowa im Zentrum von Minsk gepackt und in einen Kleinbus gestoßen. Diese Darstellung wurde vom Koordinierungsrat bislang nicht bestätigt. Die russische Nachrichtenagentur Interfax meldet, die Polizei in Belarus habe eine Beteiligung am Verschwinden der Politikerin bestritten.

Neben Swetlana Tichanowskaja (links) ist Maria Kolesnikowa das prominenteste Gesicht der Opposition (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/N. Fedosenko

Vertraute von Tichanowskaja

Die 38-Jährige ist eine enge Vertraute von Swetlana Tichanowskaja, der prominentesten Gegnerin des Präsidenten Alexander Lukaschenko. Während Tichanowskaja sich im litauischen Exil befindet, hatte Kolesnikowa zuletzt in Minsk die Gründung einer neuen Oppositionspartei auf den Weg gebracht. 

Die frühere Kulturmanagerin arbeitet für Ex-Bankenchef Viktor Babariko, der Lukuaschenko bei der Präsidentenwahl herausfordern wollte, vorher jedoch inhaftiert wurde. Zugleich ist sie Mitglied des Koordinierungsrates, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt. Mehrere Mitglieder des Rates wurden zwischenzeitlich von der Polizei festgesetzt, reisten aus oder wurden zur Ausreise gezwungen.

Am Sonntag waren erneut Zehntausende Menschen in Minsk gegen Präsident Lukaschenko auf die Straße gegangenBild: Getty Images/AFP/TUT.BY

Kolesnikowa trat immer wieder bei Protestaktionen auf und wurde dabei von den Demonstranten bejubelt. Am Sonntag war sie noch mit Zehntausenden Regierungsgegnern in Minsk auf die Straße gegangen.

Kritik aus Berlin und Vilnius

Bundesaußenminister Heiko Maas fordert Auskunft über das Schicksal Kolesnikowas. "Wir fordern Klarheit um den Verbleib und die Freilassung aller politischer Gefangener in Belarus. Die fortgesetzten Verhaftungen und Repressionen, auch und vor allem gegen die Mitglieder des Koordinierungsrates, sind nicht hinnehmbar", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung.

Der deutsche Grünen-Politiker Cem Özdemir rief die Bundesregierung auf, den Druck auf die Führung in Belarus zu erhöhen. "Es ist höchste Zeit für einen härteren Umgang der Bundesregierung mit Diktatoren wie Lukaschenko und seinem Schutzpatron Putin", sagte der ehemalige Bundesvorsitzende der Grünen. Staatschef Alexander Lukaschenko gehe "den typischen Weg eines Diktators, der einfach nicht begreift, dass seine Zeit abgelaufen ist."

Litauens Außenminister Linas Linkevicius machte derweil die Staatsführung in Minsk für das spurlose Verschwinden von Kolesnikowa verantwortlich und verlangte deren sofortige Freilassung. "Die Entführung von M. Kolesnikowa in der Innenstadt von Minsk ist eine Schande", schrieb Linkevicius auf Twitter. "Anstatt mit dem Volk von Belarus zu sprechen, versucht die scheidende Führung, einen nach dem anderen zynisch zu eliminieren". Dies erinnere an stalinistische Methoden.

Hunderte Festnahmen bei Protesten

Bei den jüngsten Protesten in Belarus wurden nach offiziellen Angaben mehr als 630 Menschen in Gewahrsam genommen. Die Opposition betrachtet die Wahl vor einem Monat, bei der sich Lukaschenko mit offiziell 80 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen ließ, als gefälscht. Sie sieht Tichanowskaja als legitime Siegerin an.

Die Sicherheitskräfte nahmen am Sonntag nach offziellen Angaben mehr als 630 Menschen festBild: Getty Images/AFP/TUT.BY

Die Nachrichtenagentur Reuters meldet unterdessen, die Europäische Union bereite Strafmaßnahmen gegen 31 hochrangige Regierungsmitglieder in Belarus vor. Zu ihnen zähle auch Innenminister Juri Karaew, heißt es unter Berufung auf ungenannte EU-Diplomaten.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte bereits vor mehr als einer Woche angekündigt, die ursprünglich anvisierte Zahl von 20 Personen, die mit Sanktionen belegt werden sollten, werde noch einmal erhöht. Den Betroffenen werde vorgeworfen, für Wahlfälschungen und die gewaltsame Niederschlagung friedlicher Proteste verantwortlich zu sein.

Wo ist Maria Kolesnikowa? Gespräch mit DW-Korrespondent Nick Connolly

03:42

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Lukaschenko regiert das auch als Weißrussland bekannte Land seit 1994 autoritär. Der wichtigste Verbündete der ehemaligen Sowjetrepublik ist Russland. Das Präsidialamt in Moskau kündigte am Montag an, Lukaschenko werde "in den kommenden Tagen" zu Gesprächen in der russischen Hauptstadt erwartet.

jj/ww/kle (dpa, afp, rtr)

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