500 Jahre Reformation - auch in den USA ist dieses Jubiläum Thema, denn dort leben viele evangelische Christen. In Los Angeles widmet sich jetzt ein bedeutendes Museum dieser ereignisreichen Epoche.
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Reformation und Renaissance - als die Kunst sich wandelte
Mit rund 120 Gemälden, Zeichnungen, Skulpturen und Schatzkunst zeichnet die Ausstellung im Los Angeles Museum of Art ein facettenreiches Bild des 16. Jahrhunderts.
Bild: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister/Elke Estel, Hans-Peter Klut
An Luther führt kein Weg vorbei
Dieses Porträt des Reformators Martin Luther entstand 1532 in der Cranach-Werkstatt zu Wittenberg. Lucas Cranach d. Ä und sein Sohn, Lucas Kranach d. J. haben ein Vermögen mit ihren Gemälden verdient. Mit den zahlreichen Porträts von Luther und seinen Mitstreitern gaben beide den zunächst religiösen Umwälzungen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit ein Gesicht.
Bild: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister/Hans-Peter Klut
Dürers Meisterhand
Gemälde entstanden bei den Cranachs zumeist in "Massenproduktion". Mehr als 5000 Bilder, so schätzen Fachleute, haben ihre Werkstatt verlassen. Dort arbeiteten sie zum Teil mit Schablonen. Dieses Bild hingegen entstammte 1526 der Meisterhand von Albrecht Dürer. Es zeigt Jakob Muffel, Spross einer der ältesten Patrizierfamilien Nürnbergs. Dürers detaillierter Stil wirkt fast fotorealistisch.
Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie/Jörg P. Anders
Farblos, aber aussagekräftig
Im Jahr 1519 schuf Hans Brosamer diesen Holzschnitt, die polemische Darstellung "Die sieben Köpfe Luthers" als Titelblatt für ein Pamphlet. Jeder dieser Köpfe hat einen anderen Namen. Gleichzeitig wird Luther in dieser Darstellung als Antichrist diffamiert. Denn die Bestie in der Apokalypse hat ebenfalls sieben Köpfe.
Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett/Dietmar Katz
Religiöses zuerst
Die abendländische Glaubenswelt im Mittelalter war rein christlich geprägt. Es war üblich fast ausschließlich biblische Begebenheit und Zusammenhänge darzustellen. Solche Bilder hatten auch einen pädagogischen Wert, denn lesen und schreiben konnte das einfache Volk kaum. Dieses Gemälde von Lucas Cranach d. Ä. heißt "Der Zug der Israeliten durch das Rote Meer". Entstanden ist es 1530.
Wer diese Wandfigur der Muttergottes aus Tauberbischofsheim betrachtet, mag erahnen, wie talentiert ihr Schöpfer ist. Tilmann Riemenschneider (ca. 1460 – 1531) ist einer der bedeutendsten Bildschnitzer und Bildhauer am Übergang von der Spätgotik zur Renaissance. Er schuf stattliche Altäre, hin und wieder aber auch Profanes. Besonders auffällig sind die ausdrucksstarken Gesichtszüge seiner Figuren.
Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst/Antje Voigt
Teuflische Geheimtreffen
In der frühen Neuzeit existierte die Vorstellung, dass sogenannte Hexen und Hexer mit dem Teufel regelmäßige, geheime, nächtliche Treffen haben, bei denen es keineswegs züchtig zugeht. Sie wurden als Hexensabbat oder Teufelstanz bezeichnet. Hans Franck malte diesen "Hexensabbat" 1515, in Tusche auf grau grundiertem Papier
Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett/Jörg P. Anders
Mehr Freiheit in der Kunst
Trotz vieler Umbrüche bringt die Renaissance zahlreiche Neuerungen hervor. So werden Kunstwerke aus ihren religiösen Zusammenhängen befreit, entfalten ihre eigenen ästhetischen Qualitäten. Damit bricht ein neues Zeitalter an, in dem das autonome Kunstwerk und der eigenständige Künstler eine zentrale Rolle spielen. Ein gutes Beispiel: der "Kopf eines schreienden Kindes" von Matthias Grünewald.
Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett/Jörg P. Anders
Schatzkunst
Es bedarf schon eines wertvollen Inhalts für diese Prunkkassette, um deren Wert an sich aufzuwiegen. Sie stammt vermutlich aus der Nürnberger Werkstatt von Wenzel Jamnitzer. Die Materialien dieser Schatzkunst: Kupfer und Messing, vergoldet und Silber. Jamnitzer ist einer der berühmtesten Goldschmiede seiner Zeit. Alle deutschen Kaiser nahmen seine Dienste in Anspruch.
Dieser Riefelharnisch gehörte Fürst Wolfgang von Anhalt-Köthen. Entstanden ist er zwischen 1520 und 1530. Eisen geschmiedet (natürlich nicht rostfrei), getrieben und geätzt. Die Rüstung bringt gut 27 Kilogramm auf die Waage und war bei Fertigstellung beinahe schon ein Auslaufmodell. Angesagt war in der frühen Neuzeit der Plattenpanzer, den ein Harnischfeger auf Hochglanz polierte.
"Renaissance and Reformation: German Art in the Age of Dürer and Cranach" - unter diesem Titel feiert die Ausstellung die Kunst der deutschen Renaissance. Das Los Angeles Country Museum zeigt bis 26. März Werke aus den Staatlichen Museen zu Berlin, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und drt Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München.
Bild: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister/Elke Estel, Hans-Peter Klut
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Das Los Angeles County Museum of Art (LACMA) wird gerade mit deutscher Kunst aus dem historischen Europa geflutet. Und zwar solcher Kunst, die die Neue Welt mangels rechtzeitiger Entdeckung überhaupt nicht hervorbringen konnte. Erst 1492 war Christoph Columbus an den Gestaden Amerikas gelandet. Also in etwa der Zeit, als diese Kunstwerke in Europa entstanden. Gleichwohl wurde sie Teil der US-amerikanischen Kultur- und Geistesgeschichte. An diesem Sonntag (20.11.2016) startet die Ausstellung "Renaissance and Reformation: German Art in the Age of Dürer and Cranach". Anhand von Schlüsselwerken der deutschen Kunst des 16. Jahrhunderts soll ein neuer Blick auf das Zeitalter der Reformation und deren historisches Umfeld geworfen werden, so die Intention.
Anders als bei den drei großen Luther-Ausstellungen, die im Oktober in New York, Atlanta und Minneapolis eröffnet wurden, geht es in L.A. nicht darum, den Menschen Martin Luther und dessen Wirken zu würdigen. Vielmehr soll der Wandel in der Kunst sichtbar gemacht werden.
Kunst, die bis heute prägt
Die geistesgeschichtlichen Umwälzungen der Reformationszeit seien bei weitem nicht nur theologisch oder philosophisch motiviert gewesen, sagen dieGeneraldirektoren der Staatlichen Museen zu Berlin, der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München. Leihgaben aus dem reichen Fundus ihrer Sammlungen haben die Ausstellung unter der Sonne Kaliforniens überhaupt erst möglich gemacht.
Die Kunst dieser Zeit zähle zu den wichtigsten Kapiteln deutscher und europäischer Kunst‐ und Kulturgeschichte. Damals habe sich ein regelrechter Bilderstreit entwickelt, betonen Michael Eissenhauer (Berlin), Hartwig Fischer (Dresden) und Bernhard Maaz (München): "Mit unseren Sammlungen können wir diese Suche nach einer neuen Bildsprache in aller Vielfalt anschaulich machen. Mit der Ausstellung in Los Angeles erzählen wir, wie die Reformation unsere mitteleuropäische Kulturlandschaft – und darüber hinaus – bis heute prägt", heißt es in einem gemeinsamen Statement.
Breites Angebot von Exponaten
Was in Los Angeles gezeigt wird, kann sich sehen lassen. Rund 120 Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Schatzkunst zeichnen ein facettenreiches Bild dieser Epoche. Darunter Meisterwerke von Dürer, Cranach, Holbein, Riemenschneider und Grünewald. Mit diesem Einblick in die religiösen, gesellschaftlichen und politischen Umbrüche der Zeit soll ein breites Publikum erreicht werden. Außerdem möchten die Veranstalter auch bei solchen Besucherinnen und Besuchern Neugierde wecken, die bislang nur wenig vertraut mit den Ereignissen und der Kunst dieser Epoche sind. Michael Govan, der Direktor des LACMA ist davon überzeugt, dass die Ausstellung eine "einzigartige Gelegenheit" bietet, "im Süden Kaliforniens die größten Errungenschaften der deutschen Renaissance-Kunst zu erleben".
Nicht irgendein Museum
Das Los Angeles County Museum of Art gehört zu den hervorragendsten Adressen für Ausstellungen. 1965 gegründet, ist es heute das größte Kunstmuseum im Westen der Vereinigten Staaten, mit einer enzyklopädischen Sammlung von über 120.000 Objekten. Die reichen von der Antike bis zur Gegenwart und umspannen die ganze geographische Welt sowie fast die gesamte Kunstgeschichte.
Dass bei dem Renommee des Hauses und dem Top-Thema "500 Jahre Reformation" auch das Auswärtige Amt die Ausstellung "Renaissance and Reformation: German Art in the Age of Dürer and Cranach" unterstützt, verwundert kaum. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Schirmherrschaft übernommen.