Jedes Kind weiß, dass im Märchen immer die Guten belohnt werden. Manchmal passiert das auch im echten Leben: Mit der Goldenen Erbse werden Menschen geehrt, die sich wie Märchenhelden für das Gute einsetzen.
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"Märchenland - Das Deutsche Zentrum für Märchenkultur" in Berlin hat sich nicht nur auf die Fahnen geschrieben, Märchen als Kulturgut zu bewahren, es zeichnet auch ganz besondere Menschen aus - solche nämlich, die sich für andere engagieren. Dazu hat das 2004 gegründete Zentrum nach eigenen Worten Hans Christian Andersens "Die Prinzessin auf der Erbse" als "Symbol für Ethik und Sensibilität" ausgewählt – Eigenschaften, so Märchenland, die in dieser Welt dringend gebraucht würden.
Vier Erbsen für vier moderne "Märchenhelden"
In diesem Jahr hält Märchenland gleich drei Frauen und einen Mann der Goldenen Erbse für würdig. Zum einen das Model Sara Nuru, das seit 2016 gemeinsam mit Schwester Sali einen ganz speziellen Kaffee vertreibt. Die in Bayern geborenen Töchter äthiopischer Einwanderer kannten aus dem Elternhaus die traditionelle Kaffeezeremonie des afrikanischen Landes. Doch nicht nur der besondere Geschmack habe sie bewogen, Kaffeebohnen ausschließlich von dort zu beziehen. "Wir möchten auch die Menschen unterstützen", so die Nuru-Schwestern, "die in der Wertschöpfungskette am meisten benachteiligt werden: Frauen. Ihnen wollen wir mit Mikrokrediten eine Perspektive und Chancen bieten, ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben zu führen." Für so viel Einsatz gibt es die erste Goldene Erbse.
Die zweite in diesem Jahr geht an die bekannte deutsche Kinderbuchautorin Kirsten Boie, die sich aktiv für Kinder-, Lese- und Lernprojekte einsetzt und die Petition "Jedes Kind muss lesen lernen! – Hamburger Erklärung" an das Bundesministerium für Bildung und Forschung gestartet hat. Zudem betreut und versorgt die von ihr und ihrem Mann gegründete Möwenweg-Stiftung seit elf Jahren rund 4.000 Aids-Waisen in Swasiland.
Kirsten Boie weiß, wie man Kinder für Literatur begeistertBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius
Sara Nuru engagiert sich in Äthiopien Bild: Sigi Müller
Auch die Schauspielerin Uschi Glas kann sich über eine märchenhafte Erbse freuen. Zum einen bietet ihr gemeinnütziger Verein "brotZeit e.V." rund 10.000 bedürftigen Kindern in Deutschland täglich ein Schulfrühstück an. Zum anderen ist sie seit über 20 Jahren Schirmherrin der "Deutschen Stiftung Patientenschutz", die sich für schwerstkranke, pflegebedürftige und sterbende Menschen einsetzt.
Die vierte Goldene Erbse geht an einen Menschen, der, so Märchenland, für Nachhaltigkeit kämpft und seinen Landsleuten verspricht: "Der blaue Himmel wird kommen." "Nio" heißt das Projekt des chinesischen Milliardärs William Li. Er hat schon viele Unternehmen gegründet, mit Nio will er den Elektroautomarkt aufmischen und dafür sorgen, dass seine Landsleute in den smogverseuchten Metropolen seiner Heimat endlich wieder einen blauen Himmel zu Gesicht bekommen.
Was man von Märchen lernen kann
Die Preisverleihung findet an diesem Montag (12. November) im Rahmen der 29. Berliner Märchentage (8.-25.11.2018) statt. Sie stehen diesmal unter dem Motto "Der goldene Faden des Schicksals", denn die alten Geschichten zeigen, dass Zufälle das ganze Leben verändern können. In zahlreichen Veranstaltungen geht es auch darum, sich mit dem Streben nach Macht auseinanderzusetzen. Nicht immer, so lehren uns die Märchen, ist nur der Reiche oder Starke mächtig. Sei es der Däumling, der mit seiner Schläue die mächtigen Riesen besiegt, oder die Macht der Liebe, die Dornröschen aus ihrem 100- jährigen Schlaf erlöst. "Märchen illustrieren sinnbildlich, wie Macht und Ohnmacht zu unseren Lebenserfahrungen gehören und wie man sich auch als scheinbar schwaches Individuum gegen die Mächtigen der Welt zur Wehr setzen kann", heißt es auf der Webseite der Märchentage-Veranstalter. Wer sich daran hält und dabei noch Gutes tut, ist vielleicht Anwärter auf die nächste Goldene Erbse im Jahr 2019. Bis dahin kann man noch mal in Erinnerung an Märchen schwelgen, die wir alle aus unserer Kindheit kennen.
Märchen haben bis heute nichts von ihrer Faszination verlorenBild: MÄRCHENLAND
Die besten Märchen der Brüder Grimm
Die Brüder Grimm haben einen Schatz an Märchen, wundersamen Geschichten und Gestalten hinterlassen. Hier sind unsere Favoriten - bekannte und weniger bekannte Grimm-Märchen.
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Hänsel und Gretel
Ein Klassiker der Märchenwelt: Kinder im Wald auszusetzen, war ein durchaus häufiges Element europäischer Volksgeschichten. Die französische Geschichte "Le petit poucet", 1697 das erste Mal niedergeschrieben, beginnt fast identisch wie das Märchen der Brüder Grimm. Auch Madame d'Aulnoys "Finette cendron" handelt von drei Prinzessinnen, die mehrfach von ihren Eltern zurückgelassen werden.
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Rumpelstilzchen
Die Geschichte von der Müllerstochter, die mit Rumpelstilzchen einen Pakt eingeht, damit das Männchen für sie Stroh zu Gold spinnt, hat ein glückliches Ende. Dafür sollte sie ihr erstgeborenes Kind abgeben. Aber sie wird von dem Versprechen erlöst, weil sie den Namen des Männchens errät. Im Volksmund sind Rumpelstilzchen kleine Menschen, die durch ihre aufbrausende oder tobsüchtige Art auffallen.
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Der Rattenfänger von Hameln
Die Geschichte gehört zu den bekanntesten deutschen Sagen und wurde in über 30 Sprachen übersetzt: Im Jahre 1284 wird in der mitteldeutschen Stadt Hameln ein bunt gekleideter Mann gesehen. Er versprach für Geld, die Stadt von Mäusen und Ratten zu befreien. Doch die Bewohner prellten ihn um den Lohn, woraufhin er mit seiner Pfeife 130 Kinder aus der Stadt lockte, die nie wieder gesehen wurden.
Viele der Grimm-Märchen sind viel zu düster, um als Disney-Vorlage zu dienen. So auch die "Boten des Todes", in dem der Tod einem Jüngling als Dank für seine Hilfe verspricht, ihn vor seiner letzten Stunde zu warnen. Der Mann erkrankt immer öfter, doch als der Tod kommt, ist er überrascht - wo seien denn die Boten geblieben? Der Tod weist ihn zurecht: Seine Leiden seien doch die Boten gewesen.
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Der König vom goldenen Berg
Nicht nur mit dieser Statue in Kassel wurde den Brüdern Grimm ein Denkmal gesetzt. Ihre Märchensammlung hat die ganze Welt erobert. Auch wenn sie nicht immer klassische Märchenqualitäten aufweisen. In der düsteren Geschichte des "Königs vom goldenen Berg" ist niemand vor Betrug sicher, alle Figuren zeigen einen zweifelhaften Charakter. Am Schluss lässt der König all seine Untertanen köpfen.
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Der Froschkönig
Eingebildetes Mädchen lässt sich von Frosch helfen, Mädchen ist undankbar, Frosch wird frech, Mädchen wehrt sich, Frosch verwandelt sich in Prinzen und sie werden ein Paar. Der Originaltitel lautet: "Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich". Denn als das Paar eine Kutschfahrt genießt, knallt es drei mal laut: Die eisernen Fesseln um das Herz des treuen Dieners Heinrich haben sich endlich gelöst.
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Schneewittchen und die sieben Zwerge
Schneewittchen-Forscher Eckhard Sander zieht Parallelen zwischen dem Märchen und der 1533 geborenen Grafentochter Margaretha von Waldeck. Diese verliebte sich in einen spanischen Prinzen und starb mit gerade einmal 21 Jahren unter mysteriösen Umständen. Ein vergifteter Apfel vielleicht? Märchen- und Grimm-Wissenschaftler in Deutschland widersprechen dieser Darstellung.
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Die Bremer Stadtmusikanten
Die Bremer Stadtmusikanten - ein Esel, ein Hund, eine Katze und ein Hahn - sind das Wahrzeichen der Hansestadt Bremen. Die Geschichte könnte ihren Ursprung in Indien haben, bereits 91 v. Chr. Die Webseite der Stadt Bremen weist auf die reiche indische Tradition von Geschichten mit musizierenden Tieren hin, die die Märchenerzähler zu den Bremer Stadtmusikanten inspiriert haben könnte.
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Rapunzel
Der Satz "Rapunzel, lass dein Haar herab" ist genauso bekannt wie das Märchen um die Prinzessin mit den langen blonden Haaren. Es birgt auffallende Ähnlichkeiten mit einer Geschichte, die im 11. Jahrhundert n. Chr. in Persien dokumentiert wurde. Rudāba, Prinzessin von Kabul, lässt dabei ihre Haare aus dem Turm herunter, damit ihr Liebhaber Zāl zu ihr hochklettern kann.
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Der Schuster und die Wichtelmänner (
"Die Wichtelmänner" ist der Titel dreier Märchen der Brüder Grimm: Die magischen Wesen helfen einem armen, rechtschaffenen Schuster. Auf dieses Märchen wird auch in der modernen Popkultur Bezug genommen: Der Hauself Dobby aus der Harry-Potter-Reihe erlangt beispielsweise die Freiheit, indem er ein paar Kleider bekommt. Eine Regel, die schon bei den Wichtelmännern der Grimms galt.
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