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Terrorbekämpfung

Peter Philipp4. Januar 2007

Die fehlgeschlagenen Kofferbombenanschläge vom vergangenen Sommer haben es gezeigt: Auch Deutschland ist ins Visier islamistischer Terroristen geraten.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz Heinz Fromm in einem Hintergrundgespräch zur Gefährdungslage durch den internationalen Terrorismus in Deutschland
Heinz Fromm, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, äußert sich zur Terrorgefahr in DeutschlandBild: DW

Während Soldaten der Bundeswehr in verschiedenen Ländern am "Kampf gegen den Terrorismus" beteiligt sind, muss das Bundesamt für Verfassungsschutz Deutschland im Inneren gegen solche Gefahren schützen. Heinz Fromm, Präsident der in Köln ansässigen Bundesbehörde, betonte bei einem Besuch der Deutschen Welle im Gespräch mit DW-RADIO, dass die Gefahr nicht von der Religionsgemeinschaft des Islam herrühre, sondern von Leuten, die sich den Islam für ihre politischen Zwecke zunutze machten. "Sie führen einen weltweiten Kampf, den internationalen Dschihad, und es gibt einige, die versuchen, dies auch in Deutschland zu tun", warnt Fromm. "Dabei spielt die deutsche Beteiligung an dem internationalen Kampf gegen den Terrorismus auch eine Rolle in der Argumentation."

Man beschäftige sich im Verfassungsschutz sehr intensiv mit der Frage, was Menschen antreibt und dazu bringt, Anschläge zu planen und auch zu verüben. Die bisherigen Erkenntnisse seien vielschichtig, denn es gäbe nicht eine einzige Begründung, sondern sehr unterschiedliche Phänomene, so Fromm.

Einerseits habe man Menschen, die in Deutschland studieren, vielleicht eine gewisse islamistische Einstellung mitbringen und sich dann – wie die Täter des 11. September oder die verhinderten Kofferbomber letzten Jahres – zu einer Gefahr entwickeln. Andererseits gebe es aber natürlich auch Menschen, die bereits in zweiter oder dritter Generation hier lebten, sich bestens auskennen und sich zurechtfänden. Diese Leute könnten eine weit größere Gefahr darstellen, wie man in Großbritannien gesehen habe.

"Es reichen wenige Leute für einen Anschlag"

Die Lage in Großbritannien mit seiner beträchtlichen pakistanischen Minderheit könne man zwar nicht mit der in Deutschland vergleichen, wo die meisten Muslime türkischer Herkunft sind. Doch Fromm warnt davor, sich in Sicherheit zu wiegen: "Es reichen wenige Leute, um einen schweren Anschlag zu verüben. Das Beispiel Kofferbomben vom Sommer zeigt das. Es waren zwei – soweit wir es bisher wissen." Das Potential sei in Großbritannien ganz offensichtlich deutlich größer als in Deutschland.

Schlug fehl: Anschlag mit einer Kofferbombe im Kölner HauptbahnhofBild: AP

Bei aller Entschlossenheit hält Fromm das Reservoir potentieller Terroristen in Deutschland nicht für besonders groß. Der Rechtsstaat sei durch diese Leute nicht gefährdet, aber man dürfe die Möglichkeit terroristischer Anschläge nicht verharmlosen. Gleichzeitig müsse man mit den staatlichen Gegenmaßnahmen auch ganz klare Grenzen einhalten. So sei es eine verfassungsmäßige Aufgabe, auch die freie Religionsausübung von Muslimen in Deutschland zu gewährleisten und zu sichern und man dürfe deswegen nicht allzu forsch auftreten. Man konzentriere sich deswegen in erster Linie darauf, Informationen zu sammeln, um vorbeugend über bestimmte Personen Bescheid zu wissen.

Informationsverwertung trotz Folter?

"Die Informationsbeschaffung erfolgt auf verschiedene Weise und aus verschiedenen Quellen – wir nutzen alle gesetzlichen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, um diese Arbeit zu tun", betont Fromm. "Das heißt, wir setzen menschliche Quellen ein, wir setzen technische Möglichkeiten ein und wir nutzen Hinweise, die wir von unseren ausländischen Partnern bekommen. Wir bewerten das und versuchen dann, problematisch oder gefährlich erscheinende Gruppierungen oder Personen unter Kontrolle zu halten", beschreibt Fromm die Tätigkeit des Verfassungsschutzes.

Die Zusammenarbeit mit "ausländischen Partnern" war in letzter Zeit zum Gegenstand erbitterter Diskussionen geworden, weil man doch in Deutschland davon ausgehen müsse, dass Informationen aus einer Reihe von Ländern durch Folter oder andere unzulässige Mittel erzwungen seien. Der Chef des Verfassungsschutzes weist solche Kritik zurück: "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir als Nachrichtendienst alle Informationen, die wir bekommen und die für die Sicherheit in Deutschland relevant sind, auch nutzen müssen. Die Verwertung im Strafverfahren ist eine ganz andere Frage. Das müssen dann die Strafverfolgungsbehörden beziehungsweise am Ende die Gerichte entscheiden."

Es sei natürlich durchaus möglich, dass manche Informationen nicht auf rechtsstaatlichem Weg erlangt worden seien, aber das sehe man den Informationen ja nicht mehr an und es gebe keine Alternative: Wer wolle denn die Verantwortung übernehmen, wenn etwas passiert, weil man die eine oder andere Information unbeachtet gelassen habe?

Mühsame Aufklärung

Soweit man könne, versuche man auch, Aufklärungsarbeit zu leisten und der Bevölkerung klar zu machen, dass es sich bei Islamismus nicht um Islam handelt, sondern um einen Missbrauch des Islam zu politischen Zwecken. Man veröffentliche Informationen in Broschüren und im Internet und man nehme an Informationsveranstaltungen teil, aber dies sei manchmal doch eine mühsame Aufgabe, weil die Akzeptanz für solche Aufklärung nicht besonders groß sei. Auf beiden Seiten.

Die Verfassungsschützer in Köln leisten auch AufklärungsarbeitBild: picture-Alliance/dpa

Fromm würde sich zum Beispiel auch etwas mehr Verständnis auf muslimischer Seite wünschen. So habe man zwar eine gute und enge Zusammenarbeit mit den beiden größten muslimischen Verbänden, aber auch deren Bereitschaft, dem Verfassungsschutz Informationen über verdächtige Vorgänge zu geben, halte sich "sehr in Grenzen". Generell aber sei er zufrieden mit der Zusammenarbeit, obwohl sie durchaus noch weiter intensiviert werden könne.

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