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Müller: Beidseitig begehbare Brücke bauen

Dirke Köpp30. Juni 2016

Mit der "Deutsch-Afrikanischen Jugendinitiative" (DAJ) will Bundesentwicklungsminister Gerd Müller die Jugend zusammenbringen. Er wolle die junge Generation in Deutschland für den afrikanischen Kontinent begeistern.

Gerd Müller
Bild: picture-alliance/dpa/E. Elsner

Müller: Beidseitig begehbare Brücke bauen

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Deutsche Welle: Herr Minister, es gibt bereits verschiedene Austauschprogramme zwischen Deutschen und Afrikanern. Was ändert sich konkret durch die deutsch-afrikanische Jugendinitiative?

Gerd Müller: Grundsätzlich wissen wir zu wenig voneinander. Wir müssen die Jugend zusammenbringen - die deutsche, europäische und die afrikanische Jugend. Afrika ist ein Kontinent, der hundert Mal so groß ist wie Deutschland: Es gibt 3000 Sprachen, eine unglaubliche Vielfalt der Kultur, der Menschen, der Landschaft. Ich möchte die junge Generation in Deutschland dafür begeistern, sich näher mit dem Kontinent zu beschäftigen.

Angenommen, ich bin Schülerin in Benin, 16 Jahre alt und möchte mit der Initiative nach Deutschland. Was muss ich tun?

Wir starten mit drei afrikanischen Staaten, einer davon ist Benin. Dort gibt es ein Auswahlverfahren und dann kommen die jungen Menschen nach Deutschland. Umgekehrt kommen deutsche Jugendliche und junge Erwachsene in das afrikanische Partnerland. Ich möchte das Programm natürlich um viele andere afrikanische Länder erweitern. Dazu brauche ich beispielsweise die Unterstützung der deutschen Kommunen. Der deutsche Städtetag unterstützt mich in seiner ganzen Breite. Da werden wir von 300 auf 1000 Partnerschaften kommen. Außerdem werden wir die Bundesländer animieren. Nordrhein-Westfalen hat bereits eine langjährige Partnerschaft mit Ghana, Rheinland-Pfalz mit Ruanda. Dieses Projekt wird also Kreise ziehen.

Mit der Initiative wollen Sie, ich zitiere, "Brücken schlagen, um die Herausforderungen von Klimaschutz bis zu einer Welt ohne Hunger" zu meistern. Sind die Herausforderungen nicht ein bisschen hoch - immerhin geht es um einen Austausch der Jugend?

Es gibt zwei Überlebensfragen für Afrika, aber auch insgesamt für die Welt: Da ist die Sicherung der Ernährung. Uns muss klar sein, dass die Weltbevölkerung jeden Tag um 250.000 Menschen wächst, die afrikanische Bevölkerung wird sich in den nächsten dreißig Jahren verdoppeln. Das heißt, die Menschen und insbesondere die Jugend brauchen Ernährung. Dann stellt sich die Frage nach Arbeit, der Zukunft. Afrika braucht jedes Jahr 20 Millionen Arbeitsplätze für die junge Generation. Dies ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance, auch für Europa und Deutschland. Die Politik muss hier in ganz neuer Dimension reagieren. Es ist auch in unserem Interesse. Reagieren wir nicht, werden wir dafür einen hohen Preis bezahlen. Die Flüchtlingsbewegung, also die Suche nach Perspektiven von Millionen von jungen Menschen des afrikanischen Kontinents ist nur ein Signal.

Müssen wir nicht Angst haben, dass einige der jungen Leute am Ende eines Austauschs untertauchen, statt in ihre Länder zurückzugehen?

Nein. Wir müssen dort entwickeln und Strukturen legen, aber es muss eine Brücke sein, die beidseitig begehbar ist. In den vergangenen Jahren haben wir viele Austauschprogramme einseitig gestaltet. So studieren 5000 Studentinnen und Studenten aus Kamerun in Deutschland und nur ganz wenige gehen zurück, um ihr Wissen und ihr Können im eigenen Land einzubringen. Das muss sich ändern. Auch die deutsche Jugend, aber auch deutsche Firmen müssen nach Afrika gehen und umgekehrt.

Es gibt derzeit drei Pilotländer - Benin, Tansania, Südafrika. Warum gerade diese drei?

Das sind die drei Länder, mit denen wir im Jugendaustausch Strukturen haben. Nun erweitern wir dies um weitere Felder. Das sind der Hochschulbereich, die berufliche Bildung, wirtschaftliche Kooperation, Sport, aber auch Kultur.

Sind solche Programme nicht wesentlich sinnvoller als Migrationspartnerschaften, wie die EU sie beispielsweise anstrebt?

Ich bin der Meinung: wir müssen in ganz neuen Dimensionen in Afrika investieren und die Chancen nutzen. Es gibt immenses Potenzial, und insbesondere Deutschland wird von der afrikanischen Jugend in vielfacher Hinsicht als Vorbild betrachtet. Da liegt soviel Potenzial brach und der Schlüssel dazu liegt in zwei grundlegenden Dingen: Fordern wir gute Regierungsführung in diesen Ländern. Das ist die Bringschuld auch der afrikanischen Länder, um eine gute Entwicklung einzuleiten. Was wir bringen können, ist Innovation, das heißt, in die Menschen zu investieren, in Schule und Ausbildung, unser Wissen einzubringen, zur Steigerung der Produktivität in der Landwirtschaft, zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zum Aufbau von Wertschöpfungsstrukturen. Zusammen werden wir die Probleme und die Herausforderungen meistern.

Wie wollen Sie vermeiden, dass nur Jugendliche afrikanischer Eliten an der Initiative teilnehmen?

Indem wir nicht nur über die Regierung, sondern direkt über unsere Partner gehen. Das ist der Vorteil des deutschen Entwicklungsministeriums: Wir haben in all diesen Ländern Wurzeln, Traditionen, viele direkte Kontakte und Partner. Und diese Organisationen wählen nicht die Eliten aus, sondern die jungen Leute mit den besten Perspektiven. Entwicklung muss von unten und häufig nicht über staatliche Strukturen stattfinden.

Das Interview führte Dirke Köpp.

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