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Politik

Libyen - ein Brennpunkt vor unserer Haustür

11. März 2017

Als verheerend bewertet Entwicklungsminister Müller die Lage in Libyen. Das Land ist Startrampe für tausende Flüchtlinge in Richtung Europa. Der Weltgemeinschaft wirft er vor, sich schamlos vor Verantwortung zu drücken.

Migranten in Libyen
Frauen aus Somalia in einen Lager in Libyen Bild: Sara Prestiani

Die Lage im nordafrikanischen Libyen sei alarmierend, mahnt Gerd Müller. UN-Sondergesandte berichteten von Folter, von in erbärmlichen Lagern zusammengepferchten, hungernden Menschen hinter Zäunen. Diese Camps - so fordert der Entwicklungsminister in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) - gehörten unter die Kontrolle der UN-Flüchtlingshilfe (UNHCR), damit es dort einigermaßen menschenwürdig zugehe. Nach seinen Worten vegetieren 200.000 bis 300.000 Menschen unter unvorstellbar schlechten Bedingungen vor sich hin. Die Vereinten Nationen (UN) und die Europäische Union (EU) seien gefordert, "an diesem Brennpunkt vor unserer Haustür Strukturen zu schaffen".

Müller weist darauf hin, die Staatengemeinschaft habe das Land im Chaos zurückgelassen, nachdem die NATO-Verbündeten Libyen 2011 massiv bombardiert hatten, um Machthaber Muammar al-Gaddafi zu stürzen. Es habe keinen Plan gegeben, der Staat sei zerfallen, Milizen hätten die Macht übernommen.

Unter erbärmlichen Bedingungen hausen Flüchtlinge in Lagern in Libyen Bild: Sara Prestiani

Hilfe zur Selbsthilfe

"Wir müssen jetzt zu den Menschen kommen", verlangt der Minister in der NOZ weiter. Er habe Gefolterte gesprochen, die von Menschenhandel und von der Marter der Flucht durch die Sahara nach Libyen berichteten. Man müsse ihnen jetzt helfen – und zwar, "indem wir ihnen in ihren Heimatländern Startchancen eröffnen".

Deutschland geht laut Müller voran, indem es in Tunesien, Marokko und andernorts in Afrika insgesamt sechs Beratungszentren und Hilfsangebote für Migranten aufbauen wird. Aber es mache ihn zornig, dass viele andere Länder tatenlos zusähen, wie immer wieder verzweifelte Menschen mithilfe von Schleppern die Flucht über das Mittelmeer wagten, obwohl sie keine Bleibeperspektive in Europa hätten.

Entwicklungsminister Gerd Müller fordert eine Art Marshallplan für Afrika Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Zehn Milliarden Euro - einen unbedeutende Summe

Der CSU-Politiker hält es "für eine Schande, wie schamlos sich die Weltgemeinschaft bisher vor ihrer Verantwortung drückt". Er fordert ein neues, weltweit operierendes Krisenmanagement für den afrikanischen Kontinent und einen UN-Hilfsfonds von mindestens zehn Milliarden Euro, auf den im Katastrophenfall zurückgegriffen werden könne.

Die von ihm vorgeschlagene Summe von zehn Milliarden Euro sieht er als marginal im Verhältnis zur Steigerung der Verteidigungsausgaben, über die derzeit in der NATO diskutiert wird. Die beste Friedenspolitik sei Entwicklungspolitik. Hunger, Not, Krieg und Elend zu verhindern müsse der Weltgemeinschaft mehr wert sein als bisher.

Der deutsche Entwicklungsminister hofft zudem, dass sich US-Präsident Donald Trump nicht aus der Verantwortung zurückziehen wird. "Wir brauchen die Amerikaner als humanitäre Großmacht", fügt Müller hinzu.

se/kle (kna, epd, noz)

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