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Müllverwertung statt Karneval

Carolyn Wißing25. Oktober 2013

Längst umfassen Städtepartnerschaften mehr als nur Schüleraustausche. Die Partnerschaft Köln-Rio will die brasilianische Metropole bis Olympia 2016 fit machen bei der Abfallverwertung.

Abfalltrennung in Rio de Janeiro: Mitarbeiter sortieren den Abfall per Hand. (Foto: Carolyn Wißing/DW)
Bild: COMLURB

"Etwa genauso würde die Anlage dann auch in Rio aussehen - nur ohne Halle drum herum", erklärt Christoph Busch, Geschäftsführer der Kölner Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG), und zeigt dabei auf eine grüne Maschine. Der sogenannte "Grünabfall-Zerkleinerer" ist ungefähr so groß wie ein Lastwagen und Teil einer Kompostierungsanlage in den Hallen der AVG. Wenn alles läuft wie geplant, dann geht eine solche Kompostierungsanlage in zwei Jahren auch in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro in Betrieb: Dort soll sie aber unter freiem Himmel stehen. Finanziert und gefördert wird das Projekt im Rahmen der Städtepartnerschaft Köln-Rio.

Auf den ersten Blick verbindet die beiden Städte vor allem eines: der Karneval, bei dem jedes Jahr in Köln und Rio tagelang buntes Treiben herrscht. Die Partnerschaft, die 2011 neu geschlossen wurde, stand aber von Anfang an unter dem Motto des Klimaschutzes.

"Grüne" Olympische Spiele will Rio 2016 ausrichten. Dafür muss die Stadt unter anderem ihr Abfallproblem in den Griff bekommen. Ein Viertel der kommunalen Abfallmenge soll bis dahin wiederverwertet werden können. Ein ehrgeiziges Ziel, denn momentan liegt die Recyclingquote in Rio noch bei schätzungsweise zehn Prozent.

"Der Aufbau einer Grünabfallkompostierung wäre ein erster wichtiger Schritt", erklärt Entsorgungsfachmann Busch. Denn Rio verfügt über viele Parks und städtische Grünflächen. Die Abfälle, die beispielsweise beim Beschneiden der Bäume anfallen, landen bisher unverwertet auf der Mülldeponie. Die Kompostierungsanlage nach Kölner Vorbild könnte also einen großen Teil dazu beitragen, das 25-Prozent-Ziel zu erreichen.

Lernen von den Kölnern: Recycling von GrünabfallBild: DW/C. Wißing

Netzwerke als Türöffner

Bei insgesamt 22 internationalen Partnerschaften kann die Stadt Köln solche Großprojekte allerdings nicht mehr alleine bewältigen. Wie viele andere deutsche Städte setzt sie deshalb auf das Engagement der Bürger, um die kommunalen Partnerschaften mit Leben zu füllen. Die rund 60 Mitglieder des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln-Rio haben dies übernommen: Sie sind schon seit vielen Jahren in einem Netzwerk von Lateinamerika-Freunden organisiert und kennen die Bedingungen in Brasilien gut. "Als die Stadt dann die Partnerschaft mit Rio eingehen wollte, haben wir unsere Unterstützung zugesagt und den Verein gegründet", sagt ihr Geschäftsführer Albert Kock. Seither berät der Verein die Stadt Köln und die Abfallbetriebe bei organisatorischen Angelegenheiten. "Eine Städtepartnerschaft lebt ja durch persönliche Kontakte. Und wir haben Leute, die Wege kennen, wie man in Brasilien mit bestimmten Problemen umgeht - wie jetzt im Fall der Müllentsorgung."

Die Bedeutung solcher Kontakte in der Partnerregion kennt auch Stefan Wilhelmy von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW). "Es ist immer günstig, wenn sich eine Kommunalpartnerschaft auf der Basis bereits bestehender Netzwerke entwickelt", erklärt er. Die SKEW, die dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zugeordnet ist, koordiniert Städtepartnerschaften in Deutschland und unterstützt die Kommunen unter anderem bei der Finanzierung. "Wir haben einige Projekte, wie die Klimapartnerschaften, zu denen wir den Kommunen umfangreiche Hilfen anbieten und sie sehr intensiv begleiten." 23 Klimapartnerschaften zwischen deutschen und ausländischen Städten gibt es bereits.

Viel Grün und wenig Abfallverwertung: Blick auf Rio de JaneiroBild: Embratur

Verkanntes Potenzial von Städtepartnerschaften

Im Zentrum solcher Städtepartnerschaften steht vor allem der fachliche Austausch. In vielen deutschen Kommunen gibt es Experten, deren Wissen in den Partnerstädten sehr gefragt ist. Auf lokaler Ebene könnten Probleme angegangen werden, die in der zwischenstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit nicht gelöst werden können, sagt Sabine Drees, Referentin für internationale Angelegenheiten beim Deutschen Städtetag. "Früher ist die Rolle der Städtepartnerschaften von staatlicher Seite nicht so richtig anerkannt worden." Mittlerweile hätten aber die Bundesregierung und auch die EU festgestellt, dass es in der Entwicklungszusammenarbeit Herausforderungen gebe, die von den Städten am besten begleitet werden.

Stefan Wilhelmy: "Städtepartnerschaften führen heute zu gezielten Projekten"Bild: Servicestelle Kommunen in der Einen Welt/Engagement Global

Das Know-how aus der Müllverwertung möchte auch Christoph Busch von den Kölner Abfallbetrieben an die Partnerstädte weitergeben. Bis die Kompostierungsanlage in Rio gebaut wird und brasilianische Fachkräfte in Köln geschult werden können, müssen allerdings noch einige Hürden genommen werden. Wenn alles gut läuft, bekommt die Stadt über die SKEW und das BMZ eine Förderung in Höhe von 500.000 Euro. Christoph Busch ist zuversichtlich, dass die Finanzierung bald steht. Und witzelt: "Es muss nicht immer um Karneval gehen, wenn Köln und Rio zusammenarbeiten."

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