München: Drei Männer wegen Spionage für Russland verurteilt
30. Oktober 2025
Das Oberlandesgericht München hat drei Männer wegen Spionage für Russland verurteilt. Der mutmaßliche Kopf des Trios, der 41-jährige Deutsch-Russe Dieter S., erhielt eine Haftstrafe von sechs Jahren.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er Sabotageakte in Deutschland geplant hatte, um die Unterstützung für die Ukraine zu untergraben. Seine beiden Mitangeklagten erhielten Haftstrafen von einem halben Jahr sowie einem Jahr auf Bewährung.
"Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Anklage im Wesentlichen zutrifft", sagte der Vorsitzende Richter Jochen Boesl bei der Urteilsverkündung.
Angeklagter hat in der Ostukraine gekämpft
Laut Anklage hatte S. seit Oktober 2023 mögliche Anschlagsziele in Deutschland ausgespäht, darunter US-Militärstützpunkte, einen Verladebahnhof und ein Werkzeugbauunternehmen. Er soll Fotos und Videos dieser Orte aufgenommen und an einen russischen Geheimdienstkontakt weitergeleitet haben. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass er im Auftrag eines russischen Nachrichtendienstes agierte und konkrete Sabotageakte gegen militärische Infrastruktur und Bahnlinien vorbereitete.
Nach Überzeugung des Gerichts hatte S. außerdem zwischen 2014 und 2016 als Paramilitär in der Ostukraine für die selbsternannte "Volksrepublik Donezk" gekämpft - eine pro-russische Miliz, die im Osten des Landes gegen ukrainische Streitkräfte vorging. Damit sei er Teil einer terroristischen Vereinigung gewesen.
S. bestritt die Vorwürfe. Er habe sich damals in der Ostukraine nur wegen einer Beziehung zu einer Frau aufgehalten und sei "nie in kriegerische Aktionen verwickelt gewesen". Auch die Spionagevorwürfe wies er zurück. Er habe weder Brandanschläge noch Sabotageaktionen geplant.
Die Bundesanwaltschaft hatte für den Hauptangeklagten acht Jahre und acht Monate Haft gefordert. Für die beiden Mitangeklagten verlangte sie jeweils ein Jahr Haft auf Bewährung. Die Verteidigung beantragte dagegen Freispruch für alle drei Männer.
Angeklagte bestreiten Spionagetätigkeit
Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, wurde S. 1984 in Sibirien geboren und kam 1998 mit seiner Familie nach Deutschland. Nach seiner Festnahme habe er als Erstes geäußert, er wünsche einen Besuch von russischen Konsularbeamten.
Den Ermittlungen zufolge wurden die Aktivitäten des Hauptangeklagten von seinen zwei Bekannten unterstützt, die nun ebenfalls verurteilt wurden. Die Männer bestritten im Prozess, Spione zu sein. Sie hätten sich, so ihre Aussage, "nur scherzhaft und ironisch" über mögliche Anschläge unterhalten.
Die Bundesanwaltschaft sah das anders: Auch sie hätten sich "sehr bewusst entschieden, auf diese Art und Weise tätig zu werden".
Verfassungsschutz warnt vor hybrider Kriegsführung Russlands
Deutsche Sicherheitsbehörden hatten bereits zuvor vor russischen Agenten gewarnt, die seit dem Überfall auf die Ukraine 2022 über soziale Medien angeworben werden sollen, etwa, um sensible Orte zu fotografieren oder Informationen über Infrastruktur zu sammeln.
Die Bundesregierung wirft der russischen Führung seit Langem eine "hybride Kriegsführung" vor - darunter Sabotage, Cyberangriffe, Desinformationskampagnen und andere destabilisierende Maßnahmen.
Erst am Donnerstag wurde bekannt, dass ab Dezember vor dem Frankfurter Oberlandesgericht drei weitere Männer wegen mutmaßlicher Spionage für Moskau vor Gericht stehen: ein Ukrainer, ein Armenier und ein Russe. Sie sollen im Auftrag russischer Geheimdienste einen ehemaligen ukrainischen Soldaten beschattet haben, offenbar im Rahmen eines geplanten Attentats.
Bereits im Mai waren drei Ukrainer festgenommen worden, die angeblich Sabotageakte gegen den deutschen Güterverkehr zugunsten Russlands vorbereitet hatten.
Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Sinan Selen, warnte im August, Deutschland sei "Ziel einer breiten Palette russischer Aktivitäten". Neben einfachen Agenten zählten dazu "zunehmend Cyberangriffe, Desinformation und konkrete Sabotageakte". Diese zielten darauf ab, "Angst, Unsicherheit und Zweifel an der Demokratie" zu säen, sagte Selen.
pgr/AR (dpa, afp)
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