Das Endspiel der Champions League findet in drei Jahren in der Arena von München statt. In Bayerns Landeshauptstadt freut man sich auf das Event - weil es Geld bringt, und weil der FC Bayern alte Wunden heilen könnte.
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An diesen Augenblick erinnern sie sich nicht so gern in München. Zumindest diejenigen, die es mit den "Roten" halten. Es ist der 19. Mai 2012 in der Allianz-Arena, das Finale der Champions League des FC Bayern gegen den FC Chelsea. Die Uhr steht kurz vor Mitternacht, als Bastian Schweinsteiger im Elfmeterschießen anläuft und der Ball, von Chelseas Torwart Petr Cech abgelenkt, an den rechten Pfosten klatscht. Ausgerechnet Schweinsteiger, der Ur-Bayer, der ewig Treue, die verkörperte Leidenschaft, ermöglicht den Londonern den Sieg. Denn Didier Drogba lässt sich auch von den Pfiffen aus dem weiten Rund nicht beirren und verwandelt sicher zum 4:3. Tränen fließen über die Wangen der Bayern-Profis - aus der Traum vom Triumph beim "Finale dahoam", dem Finale zuhause.
Über Monate hatten sie damals auf das große Ziel hingearbeitet, waren in diesem Endspiel die bessere Mannschaft, hatten Chancen über Chancen, aber Chelsea hatte Drogba. Sein Ausgleich fiel aus dem Nichts, zwei Minuten vor Schluss der regulären Spielzeit. In der Verlängerung vergab Arjen Robben einen Strafstoß. Und dann dieses verdammte Elfmeterschießen. Sie wollten Historisches leisten, den Champions-League-Sieg im eigenen Stadion - am Ende waren sie die Deppen. Ausgekontert von einer Mannschaft, die nichts anderes im Sinn hatte, als nicht Fußball zu spielen.
Dass es ein Jahr später dann tatsächlich klappte mit dem Gewinn der Champions League war zwar ein Trost, aber wie schön wäre es gewesen, direkt aus dem eigenen Stadion den Autocorso in Richtung Münchner Innenstadt zu starten.
Rummenigge: "Danke für das Vertrauen"
In knapp drei Jahren könnten die Bayern die nächste Chance auf den Final-Heimsieg bekommen. Denn die Exekutive des Europäischen Fußballverbandes UEFA hat das Endspiel 2022 nach München vergeben. Zum dritten Mal nach 1993, 1997 und eben 2012. Dazu war die bayerische Landeshauptstadt schon 1979 Gastgeber des Endspiels im Europapokal der Landesmeister.
"Ich möchte mich im Namen des FC Bayern bei der UEFA und ihrem Präsidenten Aleksander Ceferin für das Vertrauen bedanken", freute sich Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef der Bayern, über den Zuschlag. "Ich bin überzeugt, dass die Stadt München und der FC Bayern gemeinsam ein Fußballfest organisieren werden, bei dem wir uns der Welt professionell und modern, dabei aber gleichzeitig sympathisch und heimatverbunden präsentieren werden." Auch Rainer Koch, Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), zeigte sich zufrieden. "Diese Entscheidung zeigt, dass der deutsche Fußball, auch ohne Sitz in den internationalen Gremien, bei der UEFA weiterhin höchstes Ansehen genießt", sagte er.
Gutes Investment
8,6 Millionen Euro lässt sich die Stadt München das Ereignis diesmal nach ersten Schätzungen kosten. Das Budget beinhaltet die Ausgaben für Sicherheit und Mobilität, Kommunikation und Marketing, Volunteer- und Rahmenprogramm, heißt es von der Stadt München. Doch das Geld ist gut angelegt. Christina Warta vom Sportreferat der bayerischen Landeshauptstadt schreibt auf DW-Anfrage: "Es ist mit Rückflüssen durch nationale und internationale Besucherinnen und Besucher für Hotellerie, Gastronomie, Handel und Transport zu rechnen. Ebenso wird ein großer Teil des Veranstaltungsbudgets zurück an Münchner Unternehmen fließen, die als Auftragnehmer zur Veranstaltung beitragen."
Für das letzte "Finale dahoam" im Jahr 2012 geht die Stadt München von 39.500 Übernachtungsgästen mit 104.000 Übernachtungen sowie 139.500 Tagesbesuchern aus. Rund 47,6 Millionen Euro sollen in der Stadt verblieben sein - und das ohne Ausgaben für Eintrittskarten, die Stadionwurst oder Fanartikel. Das Champions-League-Endspiel ist also durchaus ein Wirtschaftsfaktor für die Gastgeberstadt.
Auch die European Championships sollen kommen
Weitere Großereignisse sollen folgen: Nach einem Stadtratsbeschluss gilt das für die beiden Fußball-Europameisterschaften 2020 und 2024, wie auch für die European Championships 2022, bei denen gleich mehrere Sportarten wie Leichtathletik, Rudern, Radsport oder Schwimmen ihre internationalen Meister ermitteln. Dann käme auch das altehrwürdige Olympiastadion 50 Jahre nach den Olympischen Spielen in München wieder zum Einsatz - als Heimstätte der Leichtathleten.
Und wenige Monate zuvor, im Mai 2022, könnte der FC Bayern dann schaffen, was ihm zehn Jahre zuvor verwehrt wurde: den begehrtesten Vereinspokal der Welt zu gewinnen. Aus dem damaligen Team könnten vier Spieler auch dann noch zum Einsatz kommen: der damalige Schütze des 1:0, Thomas Müller, Torwart Manuel Neuer, Jerome Boateng sowie der 2012 im Finale gesperrte David Alaba. Und sicher werden sie auch Bastian Schweinsteiger einladen. Dessen Tränen dürften inzwischen getrocknet sein. Er hat sich mit dem Titel ein Jahr später und dann dem WM-Gewinn getröstet. Trotzdem. Der Stachel vom verlorenen "Finale dahoam" sitzt sicher noch.
Legendäre Momente der Champions League
Die Champions League steht in den Startlöchern und soll auch in dieser Saison wieder mit Spitzenfußball begeistern - so wie in der Vergangenheit. Wir schauen auf denkwürdige Momente in der Geschichte der Königsklasse.
Bild: picture-alliance/empics/P. Noble
2005: Das Wunder von Istanbul
Im Finale 2005 führt Milan zur Pause mit 3:0 und sieht wie der sichere Sieger aus. Doch Liverpool kommt zurück: Gerard trifft zum 1:3, Smicer besorgt den Anschlusstreffer und Xabi Alonso gelingt nach einem verschossenen Elfmeter im Nachschuss der nicht mehr für möglich gehaltene Ausgleich. Liverpools Sieg im Elfmeterschießen setzt dem denkwürdigen Abend in Istanbul einen dramatischen Schlusspunkt.
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1999: Verrückte zwei Minuten
Die Bayern denken im Finale von Barcelona schon an den Siegersekt - Baslers frühes Tor (6. Minute) scheint gegen Manchester United zu reichen. Doch dann schreibt der Gegner Fußballgeschichte: In der 91. trifft Sheringham nach einer Ecke, Solksjaers 2:1 zwei Minuten später ist fast eine Doublette und versetzt den paralysierten Münchnern den finalen Stoß - bis heute ein Trauma der Bayern-Seele.
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1997: Ricken trifft mit erstem Kontakt
Schon der Finaleinzug war eine Sensation, doch der BVB legt noch einen drauf: Gegen das große Juventus führt der Außenseiter durch zwei Tore von Riedle zur Pause mit 2:0. Del Pierros Treffer in der 64. Minute lässt Juve hoffen - für sieben Minuten. In der 71. Minute trifft der eingewechselte Lars Ricken mit seinem ersten Ballkontakt per Traumheber zum 3:1-Endstand - ein Moment für die Ewigkeit.
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2017: Barcas Comeback gegen PSG
Barcelonas Aus scheint nach einer 0:4-Pleite in Paris besiegelt, doch im Rückspiel steigt ein nie gesehener Showdown: Cavanis 1:3 (62. Minute) scheint Barcas Aufholjagd beendet zu haben, der Gastgeber braucht nun drei weitere Tore. Bis zur 88. Minute gelingt nicht mal eines, doch dann schreiben Neymar (88./90.+1) und Sergi Roberto (2.v.l./90.+5) eine sogar für Barca-Verhältnisse unfassbare Story.
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2012: Trauma im "Finale dahoam"
Die Bayern können Historisches schaffen, sind im eigenen Stadion gegen Chelsea Favorit. Fünf Minuten nach Müllers vermeintlich entscheidendem 1:0 (85. Minute) schockt Drogba mit dem Ausgleich. Robben vergibt in der 95. Minute einen Elfmeter, die Nerven liegen blank. Im Elfmeterschießen versagen Olic und Schweinsteiger selbige. Chelsea gewinnt, das "Finale dahoam" wird zum Bayern-Trauma.
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2013: Das deutsche Finale in Wembley
Nach dem Trauma 1999 brauchten die Bayern zwei Jahre, um sich mit dem Titelgewinn 2001 zu rehabilitieren. Dieses Mal geht es schneller. Ein Jahr nach dem "Finale dahoam" stehen die Bayern zum dritten Mal binnen vier Jahren im Endspiel. Gegner im ersten Finale zweier deutscher Teams ist der BVB. Mit Robben trifft eine der tragischen Figuren des Vorjahres kurz vor Schluss (89. Minute) zum 2:1-Sieg.
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1998: Der Torfall von Madrid
Kurz vor Beginn des Halbfinals zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund knickt eines der Tore um, als Fans auf einen Zaun klettern, dieser einstürzt und das Tor mitreißt. 76 Minuten dauert es, Ersatz zu beschaffen. Der Torfall von Madrid geht wie die Reportage im deutschen Fernsehen von Marcel Reif ("Noch nie hätte ein Tor einem Spiel so gut getan.") und Günther Jauch in die Geschichte ein.
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1995: Die Ajax-Dämmerung
1995 ist der AC Mailand das dominierende Team in Europa. Die Titelverteidigung gegen die blutjunge Mannschaft von Ajax? Für Milan eine Pflichtaufgabe. Doch es kommt anders: Das junge Team (Durchschnittsalter knapp über 23 Jahre) überrascht Milan und gewinnt den Titel. Das Gesicht der Erfolgsstory: Der 18-jährige Patrick Kluivert (Foto), der in der 85. Minute das Siegtor für Ajax erzielt.
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2013: Lewandowskis Viererpack gegen Real
Dortmunds Stürmer Robert Lewandowski zeigt es an: Vier! Vier Tore erzielt der Pole in einem denkwürdigen Halbfinal-Hinspiel in der Saison 2012/13 gegen Real Madrid. Am Ende heißt es 4:1 für den BVB, der sich im Rückspiel in Madrid eine 0:2-Niederlage erlauben kann und trotzdem ins Finale einzieht, das im Londoner Wembley-Satdion wie erwähnt mit 1:2 gegen den FC Bayern verloren gehen sollte.
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2012: Der fünffache Messi
Die sprichwörtlichen Rücklichter von Lionel Messi haben schon viele Gegner gesehen, doch für Bayer Leverkusen wird Messi 2012 zum wahrhaftigen Albtraum: Der Argentinier schenkt dem überforderten Bundesligisten im Camp Nou fünf Tore ein und erledigt Bayer im Alleingang. Am Ende des Abends steht mit dem 1:7 für Leverkusen eine der höchsten Niederlagen der Champions-League-Geschichte zu Buche.
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2004: Mourinho und Porto feiern den Coup
Das Finale 2004 ist ein historisches: Mit Porto und Monaco stehen sich zwei krasse Außenseiter gegenüber. Porto setzt sich klar mit 3:0 durch und feiert einen der größten Coups der Champions-League-Geschichte. Es ist auch die Geburtsstunde des Star-Trainers José Mourinho, der anschließend zum "großen" FC Chelsea wechselt und sich dort in einer legendären PK als der "Special One" vorstellt.
Bild: picture-alliance/Ulmer/Pic United
2011: Stankovics "Götterschuss"
Manuel Neuer gilt als Erfinder des mitspielenden Torhüters. Doch der Weltmeister von 2014 musste auch Lehrgeld zahlen. Im Viertelfinale bei Inter Mailand passt Neuer gut auf und klärt außerhalb des Strafraums spektakulär per Kopf. Aus Schalker Sicht aber leider genau auf den Fuß von Inters Dejan Stankovic, der den Ball mit einem "Götterschuss" aus 50 Metern volley ins Schalker Tor drischt.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Dal Zennaro
2001: Der zwölfte Mann
Stop, Moment mal! Einmal durchzählen, bitte! Das ist doch keine Start-Elf, sondern eine Start-Zwölf...!? Tatsächlich sind auf dem Mannschaftsbild von Manchester United vor dem Viertelfinal-Rückspiel beim FC Bayern zwölf Spieler zu sehen. Der Grund: ManUnited-Fan Karl Power (l.) hat es in der korrekten Kluft in den Innenraum geschafft und sich heimlich dazusortiert. Ein tolles Erinnerungsfoto!