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Mütter zwischen Kind und Karriere in Europa

Moritz Remig7. September 2005

Zwei Jobs unter einem Hut kriegen, das müssen heute viele Frauen: Auf der einen Seite der Beruf, auf der anderen Seite Kinder, Familie und Haushalt. In Europa treffen die Frauen unterschiedliche Entscheidungen.

Ein seltenes Bild: Väter, die die Kindererziehung übernehmen.Bild: Bilderbox

Zwischen Kind und Karriere ist es für die meisten Frauen nicht einfach, den Alltag zu meistern. In Europa geben die Frauen mal den Kindern, mal der Karriere den Vorzug. Aufschlussreich ist ein Blick in die Statistik der Geburtenraten. Drei Gruppen lassen sich dort klar ausmachen. Angeführt wird das Feld von Ländern, die seit langem eine erfolgreiche Familienpolitik betreiben.

Neugeborenes Kind.Bild: dpa

Frankreich oder die skandinavischen Länder können so mit einer hohen Geburtenrate glänzen, die im Schnitt zwischen 1,5 und knapp zwei Kindern pro Frau glänzen. Dem breiten Mittelfeld folgen die Schlusslichter, die eine Geburtenrate von durchschnittlich 1,3 Kindern haben. Zu dieser Gruppe gehören Deutschland, Italien und Spanien, aber auch die neuen EU-Mitgliedsländer.

Familienpolitik entscheidend

In Frankreich können Mütter schon in den ersten Wochen nach der Geburt den Einstieg in die Berufswelt wieder schaffen. Unterstützung gibt es vom Staat, der etwa bei der Finanzierung einer Tagesmutter hilft. Geld vom Staat bekommen auch Unternehmen, die betriebseigene Kinderkrippen haben. So eine Betreuung ist aber nur bis zum dritten Lebensjahr notwendig, denn dann geht das Kinder den ganzen Tag über in die "école maternelle".

Schwedische Eltern bekommen viele Kinder dank erfolgreicher Familienpolitik. Im Mutterschaftsurlaub zahlt der Staat über 16 Monate ein Elterngeld, das 80 Prozent des letzten Gehaltes entspricht. Und die meisten Mütter in Schweden sind erwerbstätig - nicht nur aus Überzeugung sondern auch weil die Lebenshaltungskosten so hoch sind, dass eine Familie auf das Einkommen beider Eltern angewiesen ist.

In Deutschland bleiben immer mehr kinderlos

Familie mit Kinderwagen und zwei KindernBild: Bilderbox

In Deutschland dagegen sagen vor allem immer mehr Akademikerinnen nein zum Kind - von mehreren Kindern ganz zu schweigen. Nehmen deutsche Mütter eine Auszeit für das Kind, so wird weniger Gehalt gezahlt, und das auch noch deutlich kürzer. Nicole Helmes aus Deutschland ist gerade Mutter geworden und fände die Idee einer längeren Gehaltsfortzahlung im Mutterschutz gut.

Heute bekommen Mütter in Deutschland nur acht Wochen nach der Geburt eine Gehaltsfortzahlung, danach nur einen Bruchteil als Erziehungsgeld. "Du bist gezwungen, arbeiten zu gehen. So ein Elterngeld würde ja zumindest im ersten Jahr gewährleisten, dass du bei deinem Kind bleiben kannst, was ich auch persönlich sehr wichtig finde", erklärt Nicole Helmes.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, mit welchen Schwierigkeiten Mütter in Osteuropa zu kämpfen haben, wenn sie wieder in den Beruf wollen.

Wenn es in Deutschland darum geht, welcher der beiden Partner zu Hause bleibt, so sind es meist die Mütter, die den Schreibtisch räumen - wobei nicht immer das meist höhere Gehalt des Mannes eine Rolle spielt. Nicole Helmes etwa wollte ihr Kind stillen und nahm deswegen eine berufliche Auszeit.

Vater bringt Kind das Schwimmen beiBild: Bilderbox

Im sehr patriarchalisch eingestellten Tschechien dagegen stelle sich selten die Frage, wer zu Hause bleibe, erklärt die Vorsitzende des tschechischen Frauenbundes, Zdenka Hajna: "Vor allem junge Frauen haben große Probleme eine Anstellung zu finden, weil die Arbeitgeber schon voraussetzen, dass die Frau sich um ihre Kinder kümmern wird und dass sie mit ihr - in Anführungszeichen - nur Probleme haben werden."

Alleinerziehende Mütter benachteiligt

Besonders schwer haben es die jungen Frauen, die alleinerziehende Mütter sind. Julia Suranova aus der Slowakei muss viel arbeiten und gewissenhaft mit den Unterhaltszahlungen des Vaters wirtschaften. Der Wiedereinstieg in den Job ist fast unmöglich - nicht nur wegen der langen Arbeitszeiten. "Es ist sehr schwer für eine Frau mit einem kleinen Kind, eine gute Arbeitsstelle zu finden, weil die Arbeitgeber ledige Leute ohne Kinder bevorzugen", berichtet Julia Suranova.

Situation in Deutschland besonders schlecht

In Deutschland gibt es immer weniger Kinder und immer mehr SeniorenBild: dpa

Auch Deutschland liegt in der Schlussgruppe, was die Geburtenrate betrifft. Mit 150 Milliarden Euro jährlich gibt Deutschland zwar eine ganze Menge für Familienhilfen aus, doch schaffen andere Länder mit weniger Aufwand mehr. Der jüngste Familienbericht, den Wissenschaftler alle fünf Jahre den Politikern übergeben, zeigt, dass die Situation von Familien in Deutschland immer noch schwierig ist. Mutter Cathrin Kieling erklärt, warum: "Weil in unserer Gesellschaft Familien und Kinder eigentlich immer noch schlechter angesehen sind als Karriere und beruflicher Erfolg. Das merkt man in allen Bereichen." Es gebe viele Versuche und Ansätze, das zu verbessern - "aber das ist noch ein weiter Weg."

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