1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Maas ändert Gesetzentwurf gegen Internethetze

Janina Semenova
29. März 2017

Justizminister Heiko Maas hat seinen Gesetzentwurf gegen Hetze im Internet überarbeitet. Damit reagiert er zwar teilweise auf Kritik, aber die zu löschenden Inhalte werden ausgeweitet.

Symbolbild Facebook - Datenschutz & Gewalt & Hass & Fake News
Bild: picture-alliance/chromorange/R. Peters

Hetze, Morddrohungen und Fake News - in den sozialen Netzwerken keine Seltenheit. Justizminister Heiko Maas wollte dem ein Ende setzen und stellte Mitte März ein Gesetz vor, welches die Internetunternehmen in die Pflicht nehmen soll. Doch kaum hatte Maas seinen Gesetzentwurf vorgestellt , standen zahlreiche Kritiker auf der Matte: Der Entwurf würde die Meinungsfreiheit einschränken, sei unrealistisch und würde Privatunternehmen wie Facebook oder Google staatliche Aufgaben übertragen, Stichwort: "Inhaltepolizei". Nun hat das Justizministerium mehrere Änderungen vorgenommen.

Kein Vorabfilter mehr

Justizminister Heiko Maas will soziale Netzwerke zur Löschung von Hasskommentaren verpflichtenBild: picture alliance/dpa/M. Kappeler

In dem neuen Gesetzentwurf fehlt der bisher vorgesehene "Uploadfilter". Dieser sollte soziale Netzwerke dazu verpflichten, "wirksame Maßnahmen gegen die erneute Speicherung des rechtswidrigen Inhalts" zu treffen.Mit einem derartigen Vorabfilter könnten zuvor bereits gelöschte Inhalte direkt nach dem erneuten Hochladen gelöscht oder gesperrt werden. So sollte er beispielsweise gegen die Verbreitung von Enthauptungsvideos des sogenannten "Islamischen Staates" vorgehen. Allerdings steht ein solcher Filter auch in der Kritik. In den USA wurden Fälle bekannt, bei denen die Polizei Videos aus den sozialen Netzwerken löschen ließ, die Polizeigewalt zeigten. Internetaktivisten befürchten, dass durch den Vorabfilter eine kritische Gegenöffentlichkeit unterdrückt wird.

Kürzere Speicherfrist

Auch die Speicherfrist wurde angepasst. Ursprünglich sollten gelöschte rechtswidrige Inhalte zu Beweiszwecken gespeichert werden - auch für eine eventuelle Strafverfolgung. Eine Dauer der Speicherung war dafür nicht angegeben. Markus Reuter von netzpolitik.org kritisierte, dass so "eine unbefristete Datensammlung aller unter diesem Gesetz gelöschten Inhalte" entstehe. Nun sollen entfernte Inhalte für zehn Wochen gespeichert werden. Im neuen Gesetzentwurf ist angemerkt, dass man mit der kürzeren Speicherfrist eine "möglichst grundrechtsschonende" Regelung verfolgt.

Mehr Straftatbestände

Der neue Entwurf wurde um mehrere Straftatbestände ausgeweitet. Konkret ist von "Hasskriminalität und anderen strafbaren Inhalten" die Rede. Unter Hasskriminalität fiel in der vorigen Version vor allem die Volksverhetzung und Verleumdung. Die hinzugekommenen "anderen strafbaren Inhalte" sind unter anderem folgende: landesverräterische Fälschung, Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen und Straftaten im Zusammenhang mit kriminellen und terroristischen Vereinigungen. Überraschend ist, dass nun auch gegen die Verbreitung von Kinderpornografie vorgegangen werden soll. In der früheren Version des Entwurfes hieß es nämlich noch, dass diese Straftaten im Internet "bereits effektiv verfolgt werden". 

Er hat vor Gericht kein Recht bekommen. Anas M. hatte eine einstweilige Verfügung gegen Facebook beantragtBild: picture-alliance/dpa/K. J. Hildenbrand

Zivilrechtlicher Auskunftsanspruch

Neu ist auch der "zivilrechtliche Auskunftsanspruch". Wenn Persönlichkeitsrechte verletzt wurden, können Plattformen gezwungen werden, Nutzerdaten gegenüber Privatpersonen herauszugeben.

Kritik bleibt bestehen

Mit der Korrektur der genannten Punkte kommt der Bundesjustizminister denjenigen entgegen, die den "Uploadfilter" und die fristlose Speicherung von Inhalten kritisiert hatten. Doch er geht damit keinesfalls auf alle Kritikpunkte ein.

Der Gesetzesentwurf ist immer noch als staatliche Zensur verschrien. IT-Rechtler sehen darin eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Der Verein "Digitale Gesellschaft" kritisierte, dass die geplanten Bußgelder von bis zu fünf Millionen Euro zu einer hohen Löschpraxis und somit zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit führen könnten. Auch umstritten ist, dass es durch das Gesetz eine Art private Rechtsprechung der sozialen Netzwerke geben könnte: "Würde der Entwurf Gesetz werden, macht man die betroffenen Netzwerke ohne vorhergehende richterliche Überprüfung zu Ermittler, Richter und Henker über die Meinungsfreiheit", schreibt Markus Reuter auf dem Blog netzpolitik.org.

Der Internetverband "eco" wies außerdem darauf hin, dass eine starre Frist von 24 Stunden zur Löschung illegaler Inhalte realitätsfern sei, weil dieser Zeitraum nicht für eine juristische Bewertung ausreiche.

Nutzer, die von einer Löschung betroffen sind, sollen dem Gesetzesentwurf zufolge darüber informiert werden und auch eine Begründung erhalten. Sie können sich allerdings erst im Nachhinein dagegen wehren.

Wie es weitergeht

Der fertige Gesetzesentwurf wird jetzt vor der Verabschiedung im Bundestag der EU-Kommission vorgelegt. Da es sich laut SPD-Rechtspolitikerin Eva Högl um eine sensible Materie handele, soll der Entwurf in Brüssel auf die Vereinbarkeit mit Europarecht geprüft werden soll. Währenddessen soll der Entwurf im Bundeskabinett beraten werden und dann wahrscheinlich im Sommer in Kraft treten. Die Rückmeldung aus Brüssel soll es spätestens bis zum 27. Juni geben.

Janina Semenova DW-Korrespondentin in Riga@janinasem
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen